Der Autokonzern DaimlerChrysler hat überraschend die Notbremse gezogen. Für die milliardenschwere Sanierung der Beteiligung am japanischen Autobauer Mitsubishi Motors will der Stuttgarter Autokonzern kein Geld zur Verfügung stellen. "Vorstand und Aufsichtsrats haben beschlossen, an der von der Mitsubishi Motors Corporation (MMC) geplanten Kapitalerhöhung nicht teilzunehmen sowie die weitere finanzielle Unterstützung von MMC einzustellen," teilte DaimlerChrysler in der Nacht zum Freitag in Stuttgart nach einer Aufsichtsratssitzung mit. Der Autobauer braucht Gerüchten zufolge mehr als 5 Milliarden Euro frisches Kapital.
Überraschende Entscheidung
Bislang waren Beobachter davon ausgegangen, dass sich DaimlerChrysler - mit 37 Prozent größter Einzelaktionär von Mitsubishi Motors - mit mehreren Milliarden Euro an der Sanierung des hochverschuldeten Autokonzerns beteiligen würde. Konzernchef Jürgen Schrempp hatte allerdings bis zuletzt betont, dass man sich bei Mitsubishi alle Optionen offen halten wolle. Auf der Hauptversammlung von DaimlerChrysler in Berlin hatte es im April heftige Kritik von Aktionären und großen Investmentfonds an der Mitsubishi-Beteiligung gegeben.
Rückzugsvorschlag kam von Schrempp
DaimlerChrysler-Konzernchef Jürgen Schrempp hat dem Aufsichtsrat selber den Rückzug beim angeschlagenen japanischen Autobauer Mitsubishi vorgeschlagen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa, war Schrempp am vergangenen Sonntag in Japan, um noch einmal mit den anderen Mitsubishi-Aktionären über die Kapitalerhöhung zu verhandeln. Nachdem diese Gespräche zu keinem Erfolg geführt hätten, habe Schrempp am Donnerstagabend vorgeschlagen, kein Geld mehr in Mitsubishi zu stecken, weil sich die betriebswirtschaftlich nicht rechne. In der Konsequenz bedeute dies den Ausstieg bei Mitsubishi, hieß es in ranghohen Konzernkreisen. Schrempp werde auf seinem Posten bleiben, an einen Rücktritt sei nicht gedacht.
Wie ein Sprecher sagte, werden alle laufenden Pkw-Projekte mit Mitsubishi fortgeführt. Sie seien mit langfristigen Verträgen abgesichert. Dazu gehört sowohl die gemeinsam betriebene Motorenfabrik in Kölleda (Thüringen) wie auch die gemeinsame Fertigung des smart forfour und des Mitsubishi Colt in der Nedcar- Fabrik im holländischen Born. Auch die Zusammenarbeit von Mitsubishi und Chrysler bei verschiedenen Pkw-Modellen soll fortgesetzt werden. Weiter laufe auch die Entwicklung der "World Engine" (Vier-Zylinder-Motoren), an der neben DaimlerChrysler und Mitsubishi auch der koreanische Autobauer Hyundai beteiligt ist.
Nach dem Ergebniseinbruch von MMC im Geschäftsjahr 2003/2004 (31. März) hatte DaimlerChrysler ein hochkarätiges Management-Team nach Tokio geschickt, um einen Sanierungsplan zu erarbeiten. "Dabei konnte keine Lösung gefunden werden, die zu einem für DaimlerChrysler akzeptablen Ergebnis führt", hieß es jetzt dazu.
Asienstrategie jetzt wieder neu überdenken
Mitsubishi Motors hat nach verschiedenen Aussagen von DaimlerChrysler-Konzernchef Jürgen Schrempp eine wichtige Rolle in der Asienstrategie des Konzerns gespielt. Außerdem sollten vor allem mit der US-Tochter Chrysler gemeinsame Plattformen für Pkw entwickelt werden. Beim viersitzigen Kleinwagen gab es ebenfalls eine sehr enge Zusammenarbeit mit Mitsubishi. Der DaimlerChrysler Manager Rolf Eckrodt ist seit 2002 Mitsubishi-Präsident. Es war erwartet worden, dass smart-Chef Andreas Renschler sein Nachfolger werden würde. Für den 30. April war in Tokio eine außerordentliche Hauptversammlung von Mitsubishi angesetzt gewesen.
Handel mit Mitsubishi-Aktien ausgesetzt
Die überraschende Entscheidung von DaimlerChrysler hat am Freitag in Japan für Wirbel gesorgt. Mitsubishi Motors teilte in einer knappen Stellungnahme zunächst nur mit, die zur Mitsubishi-Gruppe gehörenden Konzerne Mitsubishi Heavy Industries, Mitsubishi Corporation und Bank of Tokyo-Mitsubishi hätten erklärt, die Wiederbelebung von Mitsubishi Motors weiter voll zu unterstützen. Man sei dabei, die Situation zu prüfen, und werde bald weitere Bekanntmachungen geben.
Wie es mit der Beteiligung in Japan weitergehen soll, will DaimlerChrysler an diesem Freitag bei einer Telefonkonferenz erläutern. Japans Industrieminister Shoichi Nakagawa sagte, man werde die weitere Entwicklung beobachten. Der Handel mit Mitsubishi-Aktien wurde ausgesetzt.