Im zähen Streit über die Zukunft der deutschen Steinkohle ist eine Einigung in greifbare Nähe gerückt. Nach einem Spitzentreffen zwischen Bund, Ländern, dem RAG-Konzern und der Gewerkschaft IG BCE sagte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) in Berlin: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir ein Steinkohlefinanzierungsgesetz einvernehmlich zu Stande bringen." Viele offene Detailfragen seien nun geklärt.
Glos ergänzte, die Runde könne dem Treffen der Koalitionsspitzen unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel Eckpunkte für eine abschließende Regelung vorlegen. Im ZDF-Morgenmagazin sagte Glos, dass man sich noch nicht über das genaue Datum für den Ausstieg einig sei, aber niemand müsse Angst haben, auf der Straße zu stehen. Es werde keine Kündigungen geben. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zog nach dem dreistündigen Gespräch das Fazit, alle Beteiligten seien sich einen "großen Schritt näher gekommen".
Konsens bestehe darüber, dass der Essener RAG-Konzern mit seinen insgesamt 100.000 Beschäftigten eine industriestrategische Perspektive brauche. "Deshalb stimmen wir überein, dass es einen Börsengang und ein Stiftungsmodell geben soll." Steinbrück umriss einen möglichen Kompromiss: Die SPD würde nach seinen Worten von ihrer Forderung nach einem "Sockelbergbau" abrücken und sich auf ein endgültiges Auslaufdatum einlassen, wenn dieser Ausstiegsbeschluss 2012 nochmals eingehend überprüft werde.
Steinbrück sagte, er habe für die SPD angeboten, dass sich die Partei auf einen Auslaufbergbau im Jahr 2018 einlassen könnte, falls es diese Optionsklausel gebe. Am Montagabend wird sich der Koalitionsausschuss unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem Thema befassen.
Diese Lösung hatte sich am Sonntag bereits angekündigt: Vor dem "Kohle-Gipfel" in Berlin hatte die SPD nach Angaben aus Verhandlungskreisen ihren grundsätzlichen Widerstand gegen ein Auslaufen des Steinkohle-Bergbaus spätestens im Jahr 2018 aufgegeben. Zuvor hatten die Sozialdemokraten kategorisch auf einem zeitlich unbefristeten Sockelbergbau mit einer jährlichen Förderung von sechs bis acht Millionen Tonnen Kohle bestanden.
Derzeit fördern in Deutschland noch rund 34.000 Kumpel in acht Zechen etwa 25 Millionen Tonnen Steinkohle im Jahr. Eingeplant sind in diesem Jahr 2,5 Milliarden Euro staatlicher Subventionen. Debattiert wird ein Modell, bei dem Teile der RAG an die Börse gebracht und aus dem Erlös über eine Stiftung die Kosten des Ausstiegs getragen werden.
Wille zur Einigung
Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) meinte, die Chance auf eine einvernehmliche Lösung sei deutlich gewachsen. Die von der SPD angeregte Revisionsklausel für das Jahr 2012 sei akzeptabel. Der nordrhein-westfälische Regierungschef Jürgen Rüttgers schränkte indes ein: "Es gibt noch keine Verabredungen über ein Datum, wann der Auslauf stattfinden wird." Dennoch sei "spürbar, dass der Wille da ist zu einer Einigung in den nächsten Tagen".
Der Koalitionsausschuss unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel berät über das heikle Thema. Laut der Koalitionsvereinbarung von Union und SPD sollen ab 2009 weitere Kürzungen bei den von Rot-Grün ursprünglich bis 2012 zugesagten Mitteln geprüft werden. Laut dem noch gültigen Kohlekompromiss sollen die Beihilfen bis 2012 auf rund 1,8 Milliarden Euro sinken.