Wir sind Europameister – zumindest im Retournieren. Keine andere Nation in Europa schickt so viele Pakete zurück wie die Deutschen. 487 Millionen Artikel wurden hierzulande im vergangenen Jahr an die Onlinehändler zurückgeschickt, das entspricht etwa jedem sechsten Paket. Den Händlern entstanden allein durch deutsche Rücksendungen Kosten in Höhe von 5,5 Milliarden Euro. Doch nicht nur die finanzielle Belastung ist groß, auch die Umwelt leidet unter der Paketflut. Immer mehr Abfallbetriebe sind von dem Pappmüll überfordert.
Um die enorme Menge an Rücksendungen zu bewältigen, entscheiden sich einige Konzerne, massenhaft zurückgeschickte Waren im großen Stil zu schreddern. Das ist den Grünen ein Dorn im Auge. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt will den Zeitungen der Funke Mediengruppe zufolge nun Online-Händlern wie Amazon verbieten, neuwertige Waren nach deren Rücksendung zu vernichten. "Wir erleben eine Perversion der Wegwerfgesellschaft." Um diese zu stoppen, sei der Staat gefordert.
Das ist der Drei-Punkte-Plan der Grünen
Gelingen soll das mit einem Drei-Punkte-Plan: "Erstens: Dem Online-Handel wird verboten, neuwertige Produkte, die zurückkommen, zu vernichten." Die zweite Maßnahme: Zurückgeschickte Produkte, die nicht mehr verkauft werden können, sollen verschenkt werden - etwa über Sozialkaufhäuser. Drittens müssten die Rohstoffe zurück in den Wertstoffkreislauf.
Von Retouren betroffen seien vor allem Schuhe und Kleider, aber auch Kaffeeautomaten, Waschmaschinen oder Handys, so die Grünen-Fraktionschefin. "Viele von ihnen werden nach der Rücksendung komplett vernichtet", kritisierte Göring-Eckardt. "Dabei handelt es sich um neuwertige Produkte, die voll funktionsfähig sind und höchstens einen Kratzer haben."
Der Amazon-Deutschland-Chef über Retouren
Amazon stand wegen dieser Praxis schon häufiger in der Kritik. Amazon-Deutschland-Chef Ralf Kleber sagte im vergangenen Jahr im Interview mit dem stern: "Wir gehören zu den Unternehmen, die extrem vorbildlich sind, was den Umgang mit Ware betrifft. Wir versuchen alles wieder in den Verkauf zu bringen, über unterschiedlichste Kanäle."
Gebe es Defekte, werde das Produkt direkt an den Hersteller zurückgeschickt. Das gleiche gilt Kleber zufolge für Lebensmittel, die Amazon über seinen darauf spezialisierten Lieferdienst Fresh verkauft: "Zudem arbeiten wir seit Jahren mit allen gemeinnützigen Organisationen, beispielsweise allen Tafeln. Bei uns werden Lebensmittel nicht weggeworfen, wenn sie bald ablaufen, sondern gehen so oft wie möglich an gemeinnützige Organisationen.“
Kleber räumte allerdings auch ein, dass gelegentlich Produkte vernichtet werden: "Am Ende einer Kette gibt es mit Sicherheit auch einen Teil, den wir aus unterschiedlichsten Gründen nicht weiter verwerten können. Aber diesen Teil willst du als Händler per se minimieren.“ Er verdiene sein Geld mit dem Verkauf und nicht mit dem Vernichten von Waren, führt er aus. "Der größte Teil der Waren geht wieder in den Verkauf."
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