In der Hängepartie um die Zukunft von Opel hat Betriebsratschef Klaus Franz von General Motors (GM) eine Entscheidung noch in dieser Woche gefordert. "Wird sich bis Ende dieser Woche nichts ändern von General Motors, dann werden wir aktiv werden", sagte Franz im Deutschlandfunk. Dann werde es spektakuläre Maßnahmen geben. "Unsere Geduld ist absolut am Ende."
Das Verhalten von GM sei eine Provokation. Wie die angedrohten Maßnahmen aussehen könnte, wollte Franz nicht sagen. Zunächst sollten die weiteren Verhandlungen am Montag und Mittwoch abgewartet werden.
Aus Unternehmenskreisen sickerte durch, dass die Opel-Belegschaft offenbar vor der US-Botschaft in Berlin gegen den Verkaufspoker ihrer Muttergesellschaft GM demonstrieren will. Schon am Wochenende könnte die Demonstration stattfinden. Opel-Mitarbeiter wollten von ihren Standorten aus mit Bussen in die Hauptstadt fahren. Die Vorbereitungen dafür liefen bereits.
Als Grund für die sich hinziehende Entscheidung bei GM nannte Franz Turbulenzen im Management und Verwaltungsrat der bisherigen Opel-Mutter. Der GM-Führung habe erkannt, dass der US-Konzern ohne Opel nichts mehr wert sei. Vor allem im Bereich "grüne Technologien" werde Opel gebraucht. Allerdings habe GM gar nicht das Geld, um den Rüsselsheimer Autobauer für die Zukunft aufzustellen, sagte Franz. "Es müssen mindestens fünf bis sechs Milliarden in dieses Unternehmen reingesteckt werden durch die Fehler von GM". GM müsse klar sein, dass es von einer Beteiligung von 35 Prozent an einem gesunden Unternehmen Opel "viel viel mehr" habe als an einem Desaster.
GM spielt auf Zeit
Die Thüringer Landesregierung warf GM vor, die Entscheidung bis nach der Bundestagswahl zu verzögern, um den Wunschkäufer durchzusetzen. "Offenbar rechnet man sich in Detroit aus, dass RHJI leichter durchzusetzen ist, wenn es nach der Bundestagswahl eine neue politische Konstellation gibt", sagte Landeswirtschaftsminister Jürgen Reinholz der "Berliner Zeitung". Der CDU-Politiker wies die Darstellung zurück, dass GM noch Informationen fehlten. "Das ist völliger Quatsch", sagte Reinholz. "Sie haben von uns alles bekommen, was sie brauchen. Ich vermute, das ist eine Ausrede, um Zeit zu schinden."
Der GM-Verwaltungsrat hatte die Entscheidung, ob der Finanzinvestor RHJI oder der kanadische Zulieferer Magna den Zuschlag für Opel erhält, am Freitag überraschend vertagt. Während die Bundesregierung den kanadischen Zulieferer Magna bevorzugt, sieht GM den Investor RHJI vorn. Beide haben nach eigenen Aussagen inzwischen unterschriftsreife Verträge vorgelegt.
Will GM überhaupt noch verkaufen?
Unterdessen machen bereits erste Spekulationen die Runde, dass GM möglicherweise gar kein Interesse mehr an einem Opel-Verkauf hat. Inzwischen hat der kriselnde Konzern das Insolvenzverfahren in den USA hinter sich, und dank der US-Abwrackprämie laufen die Geschäfte der US-Hersteller nicht schlecht. "Die Haltung, alles abzustoßen, gibt es bei GM nicht mehr", sagte der Autoexperte Willi Diez der "Berliner Zeitung". "Man denkt wieder langfristig, und da ist Opel und das europäische Geschäft ein wichtiger Faktor."
Der neutrale Vorsitzende des Opel-Treuhand-Beirates, Fred Irwin, warnt inzwischen schon vor Belastungen für das deutsch-amerikanische Verhältnis. Irwin sagte der "Bild"-Zeitung: "Für eine gute Lösung brauchen wir keinen transatlantischen Streit zwischen Deutschland und Amerika, sondern mehr Flexibilität aller Beteiligten."
Irwin, der auch Chef der amerikanischen Handelskammer in Deutschland ist, zeigte sich skeptisch gegenüber Versuchen der Bundesregierung, den Druck auf die US-Regierung zu erhöhen, die 60 Prozent an General Motors hält. "Es hätte keinen Sinn, weiteren politischen Druck auf die US-Administration auszuüben, weil die Führung von General Motors völlig unabhängig entscheiden wird", sagte Irwin.
Autoexperte: Bundesregierung hat Fehler gemacht
Anders sieht das der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Er warf der Bundesregierung schwere Fehler vor. Opel sei "nie Chefsache" gewesen, sagte der Professor den Dortmunder "Ruhr Nachrichten". "Es gab keine klare Strategie der Bundesregierung." Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg habe im Alleingang entschieden und dabei nicht glücklich agiert. "Sein Gerede von einer Insolvenz hat die Amerikaner geradezu zu ihrem taktischen Spiel animiert."
Das Verhalten von GM sei ein Affront, wurde Dudenhöffer zitiert. "Die GM-Führung und der Verwaltungsrat führen die Bundesregierung vor." Nun müsse sich die Bundeskanzlerin des Themas annehmen: "Es wird Zeit, dass Frau Merkel den amerikanischen Präsidenten anruft. Die Bundesregierung muss endlich bei Opel mit einer Stimme sprechen und sollte sich dieses Katz-und-Maus-Spiel nicht bieten lassen", sagte Dudenhöffer.
Nach Angaben der Bundesregierung soll es noch in dieser Woche zu einem Spitzentreffen mit GM in Berlin kommen. Es solle ein Gespräch mit einem Vorstandsmitglied des Ex-Opel-Mutterkonzerns stattfinden, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag. "Das Thema kann man nicht in Konfrontation lösen, sondern nur miteinander." Geplant sei, dass ein GM-Vorstand direkt mit der Opel Task-Force von Bund und Ländern verhandelt.