Das rund 500 Milliarden Euro schwere Rettungspaket der Bundesregierung für die deutschen Banken stößt in den Bundesländern auf Widerstand. Mehrere Bundesländer äußerten sich am Montag skeptisch zu der Aufforderung des Bundes, sich zu 35 Prozent an den staatlichen Hilfen und Garantien zu beteiligen. Das CSU-regierte Bayern und Thüringens CDU-Alleinregierung lehnten dies klar ab. Zustimmung kam hingegen von den Ministerpräsidenten aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, Jürgen Rüttgers und Günther Oettinger (beide CDU).
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte in Berlin: "Wir sind der Auffassung, dass es sich um eine gesamtstaatliche Aufgabe handelt hier und dass deshalb die Länder ihren Anteil an den Last (...) zu tragen haben." Die Bundesregierung beruft sich auf einen Artikel im Grundgesetz, der bei der ersten Stufe der Föderalismusreform 2006 in die Verfassung aufgenommen wurde (Artikel 104 a).
Der designierte CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sowie der scheidende Vorsitzende Erwin Huber sagten in München, die Länder dürften nicht mit einbezogen werden. "Wir stehen zu dem, was wir als Anteilseigner der Landesbank beizubringen haben", erklärte Huber. Einen Schirm über den ganzen Finanzmarkt oder Teile davon könnten die Länder und Kommunen aber nicht übernehmen.
"Das können wir uns nicht leisten"
Auch Thüringen, Hessen und Hamburg stellten sich quer: Der Vorsitzende der Thüringer CDU-Landtagsfraktion, Mike Mohring, sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa: "Das können wir uns nicht leisten. Dann gehen wir quasi vor die Hunde. Es wäre gut gewesen, die Länder frühzeitig in die Verhandlungen einzubeziehen." Der schwarz- grüne Hamburger Senat äußerte sich ebenfalls skeptisch. "Ob eine solche Pauschalquote der richtige Weg ist, daran haben wir derzeit noch Zweifel", sagte Senatssprecher Christof Otto (CDU). Wie Bayern sieht auch Hamburg die Länder eher bei den Landesbanken und kommunalen Einrichtungen wie Sparkassen in der Pflicht.
Die amtierende CDU-Regierung in Hessen vertritt eine ähnliche Auffassung. "Allgemeine Maßnahmen zur Sicherung des Finanzplatzes Deutschland sind nach unserer Überzeugung Angelegenheit des Bundes und nicht Sache der Länder", erklärte Regierungssprecher Dirk Metz.
Oettinger und Rüttgers für Länderbeteiligung
Unterstützung erhielt die Bundesregierung dagegen aus Baden-Württemberg. "Die Länder können nicht in guten Zeiten mehr Kompetenzen verlangen, um dann in einer schwierigen Phase die gesamtstaatliche und volkswirtschaftliche Verantwortung allein auf den Bund abschieben", sagte Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU). NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sagte der Bundesregierung in der "Rheinischen Post" ebenfalls Unterstützung zu. Das Rettungspaket werde "Vertrauen wiederherstellen".
Gesprächsbedarf sieht Oettinger dagegen bei den Landesbanken. Hier müssten die Länder als Teileigentümer behandelt und entsprechend wie Aktionäre geschützt werden. "Alles andere ist unlogisch und abwegig und mit mir nicht zu machen."
Rheinland-Pfalz will das Vorhaben nach Angaben des dortigen Finanzministeriums "sehr zügig, aber auch sehr sorgfältig" prüfen. Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) ließ erklären, Berlin wolle zunächst die Informationen des Bundes zum Paket abwarten. Das brandenburgische Finanzministerium erklärte, nur der Bund könne die "allgemeinen Risiken" tragen.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) will seine Länderkollegen am Dienstag über das Rettungspaket informieren. Dabei werde es auch um die Beteiligung der Länder an der Finanzierung gehen.
Die Opposition in Berlin reagierte unterschiedlich auf das von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) angekündigte Rettungspaket. Die FDP will das Vorgehen der Bundesregierung konstruktiv begleiten. "Wir werden gleichzeitig aber darauf achten, dass die Gelder der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vernünftig und kontrolliert eingesetzt werden, denn Blankoschecks kann es zulasten der Steuerzahler natürlich niemals geben", mahnte Parteichef Guido Westerwelle.
Forderung: Managergehälter begrenzen
Die Grünen forderten Nachbesserungen. Nach einer Kapitalhilfe für die Banken müsse der Staat direkten Einfluss auf die Institute bekommen, forderte Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn. Der Staat dürfe nicht nur stimmlose Aktien übernehmen, sondern müsse einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftspolitik erhalten. Fraktionschefin Renate Künast forderte eine Begrenzung der Managergehälter in den Banken. Sie sprach von Risiken in Höhe von 100 Milliarden Euro, die wegen des Rettungspakets im Haushalt niedergelegt werden müssten.
Das Kabinett hatte das Rettungpaket, das bereits Ende dieser Woche Gesetz sein soll, am Montag gebilligt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, nur so könne das Vertrauen in die Finanzmärkte wieder hergestellt werden. "Wenn der Staat nicht eingegriffen hätte, wären die Folgen unabsehbar gewesen."
Strenge Auflagen für die Banken
Von dem Gesamtvolumen von einer halben Billion Euro sind Steinbrück zufolge 400 Milliarden als Bürgschaften vorgesehen, die zunächst nicht mit realem Geld unterfüttert sind. Die staatlichen Garantien sollen die Banken dazu bringen, sich gegenseitig wieder Geld zu leihen, wie Steinbrück sagte. 100 Milliarden Euro hingegen muss der Staat neu als Schulden aufnehmen. Von dieser Summe sollen 20 Milliarden Euro dafür eingesetzt werden, erwartete Ausfälle bei den Bürgschaften zu finanzieren. Bis zu 80 Milliarden Euro stehen als Rekapitalisierungshilfe zur Verfügung; der Bund kann also für diese Summe Anteile an angeschlagenen Banken übernehmen, die nach der Krise aber womöglich wieder zu Geld zu machen sind. Für die Kapitalspritze müssen die Banken strenge Auflagen akzeptieren und zum Beispiel Vorstandsgehälter und Boni begrenzen, wie Steinbrück sagte. Für die Staatsgarantien werden Gebühren fällig.