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Russland kappt Lieferungen Liefermengen. Speicherkapazität. Alternativen – so steht es derzeit um die Gasversorgung in Deutschland

Deutschlands größter Gasspeicher in Rehden ist derzeit nur zu 8,1 Prozent gefüllt
Deutschlands größter Gasspeicher in Rehden ist derzeit nur zu 8,1 Prozent gefüllt
© David Hecker / Getty Images
Sinkende Gaslieferungen aus Russland befeuern die Sorge, das Putin Deutschland komplett den Gashahn zudreht. Welche Folgen das hätte, wie sich Deutschland wappnet und was die Politik jetzt tun will.

Inhaltsverzeichnis

Die nach Einschätzung der Bundesregierung politisch motivierte Drosselung der Gaslieferungen aus Russland sorgt in Deutschland für Sorgen. Zwar gebe es keine aktuellen Versorgungsprobleme, wird betont, wohl aber mutmaßlich weiter steigende Preise und Probleme bei der geplanten Befüllung der deutschen Gasspeicher. Die werden vor allem für den Winter gebraucht, wenn in der Heizperiode der Verbrauch steil ansteigt.

Woher kommt das in Deutschland verbrauchte Gas?

Vor dem Ukraine-Krieg bezog Deutschland rund 55 Prozent seines Gases aus Russland, inzwischen sind es noch etwa 35 Prozent. Der Rest kommt bisher vor allem aus den Niederlanden und Norwegen, in geringerem Maße aus Belgien und anderen Quellen. Etwa fünf Prozent des Bedarfs werden aus einheimischer Förderung gedeckt. Der Verbrauch liegt aktuell unter den Werten des Vorjahres, aber über dem Zehn-Jahres-Mittelwert.

Über welche Speicherkapazitäten verfügt Deutschland?

Nach Branchenangaben gibt es in Deutschland 47 unterirdische Gasspeicher an 33 Standorten, allerdings mit stark unterschiedlicher Größe. Die Gesamtkapazität beträgt 24,6 Milliarden Kubikmeter Erdgas, was 230 Terawattstunden (Twh) entspricht. Davon werden etwa 20 Prozent von der Astora GmbH kontrolliert, die zur derzeit unter Treuhandverwaltung stehenden Gazprom Germania gehört, einer Tochter des russischen Gazprom-Konzerns.

Wie sind die Speicher derzeit gefüllt?

Der Gesamtfüllstand wurde von der Bundesnetzagentur am Mittwoch mit 55,6 Prozent angegeben, deutlich mehr als zu Kriegsbeginn im Februar. Der Tiefststand betrug im März weniger als 25 Prozent. Der größte Speicher Rheden von Astora mit einer Kapazität von 43,7 Twh ist aktuell aber nur zu 8,1 Prozent gefüllt. Über weitere größere Speicherkapazitäten verfügen unter anderem die VNG Gasspeicher GmbH mit dem Mehrheitseigentümer EnBW sowie Uniper, das mehrheitlich zum finnischen Fortum-Konzern gehört. 

Das im März beschlossene neue Energiespeichergesetz schreibt vor, dass die Speicher insgesamt in diesem Jahr zum 1. Oktober zu 80 Prozent und zum 1. November zu 90 Prozent befüllt sein müssen. Tatsächlich stieg der Füllstand zuletzt kontinuierlich an, aktuell jedoch deutlich verlangsamt.

Wie kommt das russische Gas nach Deutschland?

Die weitaus größte Menge fließt durch die Pipeline Nord Stream 1 nach Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern. Noch bis Anfang Juni waren dies laut Bundesnetzagentur täglich knapp 1800 Gigawattstunden (Gwh). Am Dienstag hatte Gazprom mitgeteilt, die Liefermenge werde um rund 40 Prozent verringert, am Mittwoch hieß es dann, die Reduktion werde sogar 60 Prozent ausmachen.

Daneben erhält Deutschland noch täglich rund 600 Gwh Erdgas über das südosteuropäische Transgas-Pipeline-System mit Übergabepunkt im bayerischen Waidhaus. Eine Zufuhrleitung aus Russland, die Sojus-Pipeline, war allerdings wegen der Kampfhandlungen im Mai von der Ukraine unterbrochen worden. Seit Ende April nicht mehr von Russland befüllt wird die über Polen führende Jamal-Pipeline nach Brandenburg.

Wie soll das verbliebene Gas aus Russland ersetzt werden?

Eine wichtige Rolle soll der Import von Flüssiggas (LNG) spielen. Aktuell sind vier schwimmende LNG-Terminals vorgesehen, von denen je eines in Wilhelmshaven und in Brunsbüttel bis Jahresende in Betrieb gehen sollen, die anderen beiden im Frühjahr 2023. Als Standorte im Gespräch sind Stade und Hamburg sowie Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern, wo für Nord Stream bereits viel Gas-Infrastruktur vorhanden ist. 

Zudem sind für die kommenden Jahre mindestens zwei stationäre LNG-Terminals geplant. Als Standorte werden Stade und Brunsbüttel sowie Wilhelmshaven genannt. Sie sollen später dann auch für Wasserstoff genutzt werden können. Möglich sind auch Importe aus LNG-Terminals anderer EU-Staaten.

Weitere Gasmengen könnten bereits diesen Winter eingespart werden, indem Gaskraftwerke durch in Reserve gehaltene Kohlekraftwerke vorübergehend ersetzt werden. Dies würde allerdings den CO2-Ausstoß erhöhen.

Benno König / kng AFP

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