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Nord Stream 1 Russland liefert weniger Gas nach Deutschland – doch Zweifel an Begründung wachsen

Russlands Präsident Wladimir Putin
Russland drosselt wegen "Reparaturen" die Gaslieferungen. Will Wladimir Putin damit nur die Preise hochtreiben?
© Alexander Zemlianichenko / DPA
Russland reduziert die Gaslieferungen via Nord Stream 1 und begründet das mit einer Gasturbine, die wegen Sanktionen nicht aus Kanada geliefert wird. Nicht nur Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vermutet einen anderen Grund.

Der russische Energiekonzern Gazprom reduziert die maximalen Gasliefermengen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland erneut. Von Donnerstagfrüh an werden täglich nur noch maximal 67 Millionen Kubikmeter durch die Leitung gepumpt, kündigte Gazprom am Mittwoch an. Erneut begründete das russische Staatsunternehmen diesen Schritt mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten durch die Firma Siemens. Deshalb müsse eine weitere Gasverdichtungsanlage abgestellt werden, hieß es.

Bereits am Dienstag hatte Gazprom die Reduktion der maximalen Liefermenge auf zunächst bis zu 100 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag verkündet. Das entspricht rund 60 Prozent des bisher geplanten Tagesvolumens von 167 Millionen Kubikmeter Gas. Die Bundesnetzagentur wies die Angaben von Gazprom, wonach Verzögerungen bei Reparaturen an einem Gasverdichteraggregat der Grund für die reduzierten Gasliefermengen seien, wenig später zurück.

Siemens Energy bestätigt Wartung einer Gasturbine

Auf stern-Anfrage zur ersten Reduktion der Gaslieferungen antwortet eine Unternehmenssprecherin: "Siemens Energy hat 2009 Gasturbinen für eine Verdichterstation der Nord-Stream 1-Gaspipeline in Russland geliefert". Diese Gasturbinen müssten regelmäßig gewartet werden und das könne nur im kanadischen Montreal geschehen. "Aufgrund der von Kanada verhängten Sanktionen ist es für Siemens Energy derzeit nicht möglich, überholte Gasturbinen an den Kunden zu liefern. Vor diesem Hintergrund hatten wir die kanadische und deutsche Regierung informiert und arbeiten an einer tragfähigen Lösung", heißt es weiter. Zur Frage, ob die fehlende Turbine tatsächlich eine um 40 Prozent verminderte Gaslieferung via Nord Stream 1 rechtfertigt, möchte man sich bei Siemens Energy nicht äußern.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält die angekündigte Drosselung der Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 für politisch motiviert. Er sei der Auffassung, dass es sich bei der am Dienstag mitgeteilten Drosselung um eine "politische Entscheidung" handele, sagte Habeck am Mittwoch in Berlin. Das Vorgehen sei "nicht technisch begründbar".

Im Winter wird Gas wohl knapp

Das Bundeswirtschaftsministerium antwortet auf stern-Anfrage lediglich mit wenigen Sätzen aus einer Pressemitteilung: "Wir beobachten die Lage und prüfen den Sachverhalt. Aktuell ist die Versorgungssicherheit weiter gewährleistet." Eine Pressesprecherin bestätigt aber, dass sich das Wirtschaftsministerium mit der kanadischen Regierung austauscht. 

Nach Einschätzung von Michael Keller, parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, drohen keine Engpässe. Im nächsten Winter könnten die Gasvorräte jedoch knapp werden. Aktuell sei die Energieversorgung in Deutschland gesichert, sagte er den Fernsehsendern RTL/ntv. Die Gasspeicher in Deutschland seien aktuell zu über 50 Prozent gefüllt. "Das ist gut, aber nicht ausreichend für den nächsten Winter", sagte Kellner weiter.

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Die Einspeicherung von Gas müsse deshalb vorangetrieben werden. Über den Grund für die aktuelle Drosselung der Gaslieferungen aus Russland durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 wolle er nicht spekulieren, sagte Kellner weiter. Jeden Sommer gebe es "reguläre Wartungsarbeiten" an der Pipeline.

Nord Stream 1 Gas-Hauptleitung nach Deutschland

Für Deutschland ist Nord Stream 1 die Hauptversorgungsleitung mit russischem Gas. Um die Versorgung mit Erdgas zu sichern, stützt die Bundesregierung ein früher russisches Gasunterunternehmen mit Milliardenbeträgen. Die jetzt von Deutschland kontrollierte Gazprom Germania soll nach Angaben aus Regierungskreisen neun bis zehn Milliarden Euro als Hilfen der staatlichen Förderbank KfW erhalten.

Quellen:Pressemitteilung Bundeswirtschaftsministerium, Statement von Siemens Energy.

mit Agenturen

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