Er ist nur rund 80 Kilometer lang – und doch von herausragender Bedeutung für Wirtschaft und Welthandel: der Panamakanal, der den Atlantik mit dem Pazifik verbindet. Zwischen 13.000 und 14.000 Schiffe passieren ihn nach Angaben der Kanalbehörde jährlich.
Doch die wichtige Wasserstraße kämpft mit anhaltenden Problemen, die dazu führen, dass sich die riesigen Containerschiffe im Nadelöhr des Welthandels stauen. Tage oder gar Wochen müssen sie auf ihre Passage warten. Karten von Schiffstrackern wie MarineTraffic zeigen, dass sich die Schiffe an beiden Enden des Kanals stauen. Nach Angaben der Behörden warten derzeit mehr als 120 Schiffe.

Ursache für die Komplikationen ist eine lang anhaltende Dürre und der damit verbundene Wassermangel im Kanal. Das natürliche Klimamuster El Niño, das mit einer überdurchschnittlichen Erwärmung des Wassers im zentralen und östlichen tropischen Pazifik einhergeht, trägt zur Dürre in Panama bei, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Montag berichtete.
Behörde des Panamakanals ergreift Maßnahmen
Daten der Kanalbehörde und des Smithsonian Tropical Research Institute (STRI) zeigen laut Reuters, dass die Kanalregion eines der beiden trockensten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt. Die gemessenen Niederschlagsmengen in der Region lägen 30 bis 50 Prozent unter dem Normalwert.
Auch der Wasserstand des Gatun-Sees, eines durch Regenfälle gespeisten Hauptreservoirs, durch das Schiffe durch das Schleusensystem des Panamakanals geführt werden, liege unter dem Normalwert.
Die Panamakanal-Behörde hat mehrere Maßnahmen ergriffen, um den Transit durch den Kanal weiterhin zu ermöglichen. So wurde der Tiefgang auf 44 Fuß (etwas mehr als 13 Meter) festgelegt. Damit wird auch das maximale Gewicht der Schiffe reduziert.
Schiffseigner stehen nun vor der Wahl, entweder weniger Güter zu transportieren, eine andere Route zu wählen (und damit deutlich längere Fahrten in Kauf zu nehmen) oder einfach zu warten. Nach Angaben von Reuters hatten einige Schiffe bis zu 21 Tage Verspätung.
So musste laut der Nachrichtenagentur ein Containerschiff, die Ever Max, Hunderte von Containern abladen, um das Gewicht zu reduzieren.
Lage scheint sich zu entspannen
Darüber hinaus hat die Behörde die Reservierungsbedingungen für die Kanalpassage geändert. Derzeit ist die Anzahl der Slots auf 14 begrenzt. Normalerweise sind es 23. "Auf diese Weise können wir die Überlastung bewältigen und sicherstellen, dass Schiffe, die sich auf der Route befinden oder in der Warteschlange stehen und keine Reservierung erhalten haben, trotzdem in einem wettbewerbsfähigen Zeitrahmen passieren können", heißt es in der am Dienstag verbreiteten Begründung. Diese Maßnahme, die bis zum 21. August befristet war, wurde verlängert und gilt nur für Reedereien, die noch keine Transitreservierung haben.
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Inzwischen scheint sich die Lage zu entspannen, wie Reuters am Dienstag berichtete. Der Stau habe sich verringert, nachdem die Wasserstraßenbehörde mehr Schiffe ohne Reservierung durchgelassen habe und andere Schiffe alternative Routen gewählt hätten. Dennoch dürfen weiterhin nur 32 statt 36 Schiffe pro Tag die innerozeanische Verbindung passieren.
Trotz der anhaltenden Probleme wies die Kanalbehörde gleichzeitig darauf hin, dass es auch in der Vergangenheit schon Warteschlangen von Schiffen gegeben habe. Klimaschwankungen, Nebel, Wartungsausfälle und die Hochsaison seien "die üblichen Ursachen" für Wartezeiten. Eine hohe Nachfrage verlängere die Wartezeiten zusätzlich.
El-Niño trägt zu Problemen am Panamakanal bei
Klima- und Seeverkehrsexperten befürchten jedoch, dass solche Ereignisse zur neuen Normalität werden könnten, da Niederschlagsdefizite im fünftnassesten Land der Welt die Klimarisiken für die Schifffahrtsindustrie, die 80 Prozent des Welthandels abwickelt, in den Vordergrund rücken.
Ein möglicher früher Beginn der Trockenzeit in Panama und überdurchschnittlich hohe Temperaturen, wie sie für große El-Niño-Ereignisse in dem Land typisch sind, könnten die Verdunstung des Gatun-Sees erhöhen und bis März oder April 2024 zu einem rekordverdächtig niedrigen Wasserstand führen, sagte Steven Paton vom STRI zu Reuters. "Es ist das perfekte Zusammentreffen von Ereignissen."

In den letzten 25 Jahren der 109-jährigen Geschichte des Kanals habe die Häufigkeit großer El-Niño-Dürren deutlich zugenommen. Wenn das so weitergehe, "wird es für den Panamakanal immer schwieriger, die Durchfahrt der größten Schiffe zu gewährleisten", so Paton weiter.
Klimawandel hat Auswirkungen auf Welthandel
Schifffahrtsmanager erwarten in diesem Jahr weitere Einschränkungen, da die Betreiber von Kanälen im Jahr 2020 aufgrund einer weniger schweren Dürre die Zahl der Überfahrten auf 27 pro Tag reduzieren mussten.
"Jeder, der Produkte rund um den Globus verschickt, sollte auf mögliche Störungen durch den Klimawandel achten", sagte Brian Bourke, Global Chief Commercial Officer bei SEKO Logistics, der Nachrichtenagentur. "Der Panamakanal ist nur das jüngste Beispiel."
Auch die Welthandelsorganisation (WTO) sieht im Klimawandel eine Bedrohung für Wirtschaft und Handel weltweit. "Höhere Temperaturen, steigende Meeresspiegel und häufigere Extremwetterereignisse lassen Produktivitätsverluste, Produktionsengpässe, beschädigte Transportinfrastruktur und Versorgungsunterbrechungen erwarten."
Am Panamakanal bereitet man sich schon auf den Klimawandel vor: In den Regenmonaten von Mai bis Dezember soll Wasser gespart werden. So will man die Wasserrückgewinnung in den umliegenden Seen unterstützen. Gemeinsam mit dem United States Corps of Engineers wird zudem nach langfristigen Lösungen gesucht.
Quellen: Behörde des Panamakanals, Reuters, MarineTraffic, WTO, Weltwirtschaftsforum, "Business Insider", "Financial Times"