In der oft schillernden Medienbranche war Urs Rohner von Anfang an ein ungewöhnlicher Vertreter. Lange dominierten Macher-Typen wie Helmut Thoma (RTL) und Georg Kofler (ProSieben) die Szene. Der eher zurückhaltende Wirtschaftsjurist Urs Rohner konnte dagegen keine Erfahrungen im Fernsehgeschäft vorweisen, als er Anfang 2000 die Nachfolge Koflers antrat. Daher wurde seine Berufung von Anfang an skeptisch beäugt. Der zweifache Schweizer Meister im Hürdensprint hatte seine berufliche Karriere nach dem Studium in Zürich im Jahr 1983 im Alter von 23 Jahren als Mitarbeiter der renommierten Zürcher Anwaltskanzlei Lenz & Staehlin gestartet. Fünf Jahre später wechselte er in eine große New Yorker Kanzlei, in der Rohner vor allem im Bereich Fusionen und Akquisitionen aktiv war. 1990 kehrte er zu Lenz & Staehlin zurück. Als Partner erwarb er sich den Ruf eines ausgewiesenen Medienrechts- und Kapitalmarktexperten.
Bei ProSieben fädelte Rohner zunächst die Fusion mit Sat.1 zum größten deutschen TV-Konzern ein. Technisch habe der Zusammenschluss gut funktioniert, sagt ein Kenner des Unternehmens. Allerdings habe es anstatt eines Zusammenwachsens einen internen Wettbewerb zwischen Berlin (Sat.1) und München (ProSieben) gegeben. Rohner habe zudem das Profil von ProSieben als Spielfilm-Sender verwischt. Rohner kehrt nun in die Schweiz zurück, wo er im Sommer eine neue Stelle antritt. Der neue Besitzer Haim Saban betonte, dass er auf eigenen Wunsch geht.
Ging Rohner auf eigenen Wunsch?
ProSiebenSat.1-Chef Urs Rohner macht Platz für den Saban-Vertrauten Guillaume de Posch. Nur sechs Monate nach seiner Vertragsverlängerung verlässt der 44-jährige Manager den Fernsehkonzern zum Ende April. Offiziell hieß es am Dienstag, Rohner gehe auf eigenen Wunsch, um sich einer neuen Herausforderung bei einem Großunternehmen in seiner Schweizer Heimat zu widmen. Sein Nachfolger wird der bisherige Vorstand für das operative Geschäft, der 46-jährige Belgier de Posch, der als Vertrauter des Haupteigners und Medienmoguls Haim Saban gilt. Der 46-jährige Belgier führe seit einem halben Jahr das operative Geschäft der Fernsehgruppe und bringe eine einzigartige Erfahrung mit.
Haim Saban dankte Rohner und bedauerte dessen Ausscheiden. "Das ist ein süß-saurer Tag für ProSiebenSat.1." Rohner habe den Marktanteil, den Gewinn und den Aktienkurs deutlich gesteigert. "Wir sehen mehr Wachstum als je in der Geschichte von ProSiebenSat.1", sagte Saban und stellte vage auch "mehr Jobs" in Aussicht. Rohner erklärte, für sein Ausscheiden habe "es eine ganze Reihe von Gründen gegeben." Bei der Vertragsverlängerung als ProSiebenSat.1-Chef im September sei er noch davon ausgegangen, noch einige Jahre weiterzumachen. Unter Führung Poschs sei die "Firma jetzt in den richtigen Händen", sie stehe vor einer großartigen Zukunft.
Angeblich geht er zur Credit Suisse
Rohner betonte, sein neuer Arbeitgeber sei weder die Fluggesellschaft Swiss noch ein Medienunternehmen. Näheres will er Ende März bekannt gegeben. Laut einem Bericht der Wirtschaftszeitung "Cash" wird Rohner zur Credit Suisse Group (CSG) wechseln. Rohner sei bei der Schweizer Großbank als Mitglied der Konzernleitung und Leiter des Rechtsbereichs vorgesehen, schrieb das Blatt.
Unterdessen befürchtete der Bundesverband der Filmregisseure, nach der Ablösung Rohners werde es bei dem Konzern weniger Eigenproduktionen geben und mehr US-Lizenzen. Für die Gewerkschaft ver.di sagte Sandra Goldschmitt, die Konzernführung werde jetzt "noch amerikanischer mit härterer Hand regiert". "Was nicht sein muss, wird hinten runterfallen". Der Analyst Oliver Rupprecht von der Nord-LB sagte dazu, Rohner habe gute Arbeit geleistet. Es sei aber verständlich, dass Saban einen Mann seines absoluten Vertrauens, der aus seinem Umfeld komme, an der Spitze des Konzerns haben wolle.