Sportausrüster Wie Puma ins Kreuzfeuer des Nahost-Konflikts geriet

  • von Olaf Storbeck
Ein Puma Logo ist an der Wand des Puma Outlets zu sehen
Ein Puma Logo ist an der Wand des Puma Outlets in Herzogenaurach zu sehen
© Daniel Vogl / DPA
Die deutsche Sportmarke beendet ihr Sponsoring für die israelische Fußballnationalmannschaft – und sorgt damit weltweit für Aufregung.

Wenn es nach Puma-Chef Arne Freundt ginge, dann wären Sport und Geopolitik zwei völlig getrennte Welten. "Wir sehen unsere Aufgabe darin, jeden Profi-Athleten zu unterstützen, der an internationalen Wettbewerben teilnehmen möchte", sagt der CEO des drittgrößten Sportbekleidungsherstellers der Welt. Geschlecht, Nationalität oder Religion des Sportlers, so sieht es Freundt, spielten dabei für Puma keinerlei Rolle.

Allerdings hat sich zuletzt gezeigt, dass nicht jeder diesen Blick auf die Welt teilt. Als bekannt wurde, dass Puma sein Sponsoring der israelischen Fußballnationalmannschaft beendet, löste das weltweit Aufregung aus. Wieder einmal wird deutlich, welche Imagerisiken internationale Konflikte für global agierende Marken mit sich bringen können.

Rudolf Dasslers NSDAP-Vergangenheit

Puma hat betont, dass die Entscheidung für den Schritt schon vor einem Jahr getroffen wurde – aus rein strategischen Gründen, weil das Unternehmen ohnehin dabei war, die Zahl seiner Partner zu beschränken. Doch die Wahrnehmung in manchen Kreisen war eine andere: Pro-Palästina-Aktivisten feierten den Rückzug als Reaktion auf ihre Boykottaufrufe nach dem Angriff Israels auf Gaza, mit dem das Land auf die Terrorattacke der Hamas am 7. Oktober reagiert hatte. Unterstützer Israels wiederum verurteilten die Entscheidung wütend. Im Kurznachrichtendienst X wurde dem Unternehmen vorgeworfen, es lasse das Land in einem Moment der Krise im Stich. Auch der Hinweis darauf, dass der einstige Puma-Gründer Rudolf Dassler Mitglied der NSDAP gewesen war, fehlte nicht.

Die scharf geführte Debatte über den Sponsoringvertrag wird zu Freundts größtem Imageproblem seit seinem Amtsantritt bei Puma. Der Manager war im November 2022 Puma-Chef geworden, als Nachfolger von Bjørn Gulden, der zum Wettbewerber Adidas wechselte. "Leider versuchen einige Leute, den Sport für ihre eigene politische Agenda zu nutzen", sagte der 43-Jährige der Financial Times. Aus seiner Sicht ist es einfach Teil des Geschäftslebens, dass Sponsoringverträge aufgelöst werden. "Unser Portfolio an Partnern ändert sich ständig", sagte er. "Wir holen neue an Bord, beenden die Zusammenarbeit mit anderen, und manchmal finden wir zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder zusammen."

Aktie auf Berg- und Talfahrt

Die Bilanz der ersten zwölf Monate unter Freundt ist gemischt: Puma, das in diesem Jahr sein 75-jähriges Jubiläum feierte, dürfte beim Umsatz 2023 nach Einschätzung von Analysten um fünf Prozent zulegen – und mit dann 8,9 Mrd. Euro zum zweiten Mal in Folge einen neuen Bestwert hinlegen. Zugleich allerdings dürften die operativen Gewinne um zwei Prozent zurückgehen, auch weil höhere Rohstoffpreise und starke Preisnachlässe in den USA auf die Marge drücken. Der Aktienwert des Unternehmens hat in den vergangenen zwölf Monaten stark geschwankt und liegt nun wieder ungefähr auf dem Niveau vom Anfang des Jahres. Das aber heißt: immer noch um die Hälfte niedriger als auf seinem Höhepunkt Ende 2021.

"Wir können mit dem aktuellen Aktienkurs nicht zufrieden sein", sagte Freundt, der überzeugt ist, dass es für das Unternehmen auch darum geht, auf die eigene Strategie und den neuen Chef zu vertrauen. "Ich bin für die Kapitalmärkte ein neues Gesicht, und es dauert Zeit, bis da Vertrauen aufgebaut wird." Freundts Vorgänger hatte nach den fast zehn Jahren seiner Führung große Fußstapfen hinterlassen. Nachdem er Puma aus einer existenziellen Krise gerettet hatte, gelang es ihm, den Absatz annähernd zu verdreifachen.

Im Schatten des Vorgängers

So steht Freundt nach Ansicht von Beobachtern immer noch im Schatten seines Vorgängers Gulden: "Aus Investorensicht ist zentral, dass er eigentlich noch nichts entwickelt hat, was über die ursprüngliche Strategie hinausgeht", sagt Deutsche Bank-Analyst Adam Cochrane. Freundt selbst sieht das anders und verweist darauf, dass unter seiner Regie massiv investiert wurde, um die Marke zu stärken. Das Marketing wurde radikal überholt und wieder aus den USA zurückgeholt. Wichtige Führungskräfte in China und Amerika wurden ausgetauscht – also in Ländern, in denen Puma einen deutlich größeren Marktanteil anstrebt. "Wir haben 2023 die richtige Richtung eingeschlagen", sagt Freundt. "Aber eine Sportmarke zu stärken, ist nichts, was sich von einem Tag auf den anderen machen lässt." Freundt ist zuversichtlich, dass es ihm gelingt, den Umsatz bis 2025 auf zehn Mrd. Euro zu steigern.

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Die Geschäftspartner des Konzerns immerhin sind voll des Lobes für den neuen Puma-Chef. "Ich bin seit über 25 Jahren in dieser Branche, und ich habe noch nie einen CEO erlebt, der so nah an seinen Kunden dran war", sagt Sven Voth, Gründer und Chef der Schuhhandelskette Snipes. Freundt bemühe sich sehr um eine gute Zusammenarbeit mit dem Einzelhandel. "Er ist in allen wichtigen Themen drin, hört aufmerksam zu und reagiert schnell", sagt Voth. Freundts erster Chef Carsten Liesener lobt die "guten kommunikativen Fähigkeiten" des Managers. Liesener war einst Partner bei Siemens Advanta, der konzerneigenen Beratung, bei der Freundt seine Karriere 2005 nach einem Wirtschaftsstudium in Leipzig gestartet hatte. "Er ist sehr empathisch und kann Menschen für sich gewinnen. Zugleich hat er analytischen Tiefgang", sagt Liesener. "Er ist von Anfang an herausgestochen."

Management mit Daten

Zu Puma stieß Freundt 2011 als Strategiechef. Er steht dort für eine neue Art von Management, die stärker auf die Nutzung von Daten und Teamdenken setzt.

Tatsächlich ist die Entscheidung, das Sponsoring der Fußballnationalmannschaft Israels zu beenden, ein Beispiel dafür. Der Beschluss fiel Ende 2022, kurz nachdem Freundt zu Chef ernannt wurde. Seine Analyse: Die israelische Mannschaft war seit Jahren nur mäßig erfolgreich und hatte sich erst einmal für ein internationales Turnier qualifiziert. Das Team belegte in der FIFA-Rangliste nur Platz 75 unter 200 Mannschaften. Hinzu kam, dass der Markt für die Trikots mit 9,7 Millionen Einwohnern in Israel vergleichsweise klein ist.

"Arne hat eine sehr analytische Sicht auf das, was er in Dinge hineinsteckt und darauf, welches Ergebnis er dann erwarten kann", sagt Matthias Bäumer, Chef des Teams Sport bei Puma und seit 16 Jahren im Unternehmen. Intern gelte Freundt als Figur für den Aufbruch in eine neue Ära. "Hin und wieder müssen sich Unternehmen neu erfinden", sagt Bäumer. "Und Arne steht führend für eine neue Generation von Managern, die das sehr gut umsetzen können."

Freundt, der zwei Kinder hat, wird als Vorbild für eine bessere Work-Life-Balance gesehen, ein Thema, das in der Belegschaft von Puma eine große Rolle spielt: Das Durchschnittsalter liegt bei 31 Jahren. "Arne arbeitet sehr hart”, sagt Bäumer. "Aber ihm ist auch wichtig, dass Zeit genug bleibt, um beim Laternenumzug seiner Kinder dabei zu sein."

Dieser aus der "Financial Times" übersetzte Artikel erschien zuerst im Wirtschaftsmagazin Capital, das wie der stern Teil von RTL Deutschland ist.

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