Die Vorwürfe wiegen schwer: Sollte Donald Trump und sein Wahlkampfteam, inklusive seiner Kinder, tatsächlich mit der russischen Regierung die Wahl manipuliert haben, drohen einer ganzen Reihe von Beteiligten Gefängnisstrafen. Nun scheint der US-Präsident prüfen zu lassen, ob er seine Familie oder gar sich selbst begnadigen kann. Geht das wirklich?
Die "Washington Post" hatte als erstes über Trumps Pläne berichtet, nun hat sie sich der Frage angenommen, ob sie sich umsetzen lassen. Die Antwort lautet: Es kommt darauf an.
Kann Trump Familie und Team begnadigen?
Bei seiner Familie und den Untergebenen kann Trump tatsächlich sämtliche Strafen vom Tisch wischen - solange verschiedene Voraussetzungen erfüllt sind. Grundsätzlich kann der US-Präsident nämlich jeden begnadigen - und zwar vor, während und nachdem demjenigen der Prozess gemacht wird. Er kann also Personen von Verbrechen frei sprechen, die ihnen noch gar nicht vorgeworfen werden.
Es gibt aber Einschränkungen. Die Vorwürfe müssen sich auf Taten beziehen, die nach Bundesrecht behandelt werden oder in Washington D.C. passiert sein, analysierte Rechtsprofessor P.S. Ruckmann für die Zeitung. Ein Verfahren wegen eines Raubüberfall in New York könnte Trump daher nicht beenden, die aktuellen Ermittlungen gegen seine Tochter Ivanka oder Schwiegersohn Jared Kushner aber schon.
Eine weitere Einschränkung könnte Trump aber mehr Probleme machen: Wer begnadigt wurde, hat danach nicht mehr das Recht zu schweigen - weil er sich nicht mehr selbst belasten kann. Sollte er also Ivanka oder wichtige Regierungsmitglieder begnadigen, müssten die dann vor Gericht sämtliche Fragen beantworten. Und könnten damit andere belasten. Etwa den Präsidenten selbst.
Und Trump selbst?
Ob der US-Präsident sich selbst begnadigen kann, ist eine weitaus schwierigere Frage. Die Zusammenfassung der "Washington Post": vermutlich nicht. Das Problem: Es ist nicht explizit ausgeschlossen oder erlaubt. "Eine Begnadigung ist per Definition etwas, das jemand anders tut", argumentiert etwa Rechtsprofessor Brian Kalt.
Sein auf Begnadigungs-Recht spezialisierter Kollege Samuel Morrison sieht das indes anders: "Meiner Einschätzung nach könnte er es theoretisch. Aber er könnte deswegen des Amtes enthoben werden." Und das Amtsenthebungsverfahren ist explizit von einer Begnadigung ausgenommen.
Nach Ansicht von Kalt spräche auch die Meinung der US-Gründerväter gegen eine Selbst-Begnadigung. Die hatten diskutiert, ob der Präsident Verräter begnadigen darf - immerhin könnte er mit ihnen unter einer Decke stecken. Ihr Argument dagegen: Wenn er das tun würde, könnte er ja seines Amtes enthoben und bestraft werden. Sie gingen also implizit davon aus, dass er sich nicht selbst begnadigen kann.
Auch eine Einschätzung aus dem Rechtsteam von Richard Nixon kam zu diesem Schluss. Der Watergate-Präsident dachte nämlich ebenfalls über seine eigene Begnadigung nach. Sein Team argumentierte aber: Weil in den USA niemand über sich selbst richten darf, kann sich auch der Präsident nicht selbst freisprechen.
Eine Lücke gäbe es nach dieser Argumentation aber: Donald Trump könnte demnach für kurze Zeit seine eigene Ungeeignetheit für das Amt erklären und die Geschäfte an seinen Vize Mike Pence übergeben - der ihn dann begnadigen könnte. Danach könnte er die Macht theoretisch wieder übernehmen.
Am Ende entscheidet der Supreme Court
Am Ende wird ohnehin jemand anders die Entscheidung zu treffen haben: Sollte Donald Trump sich und seine Familie begnadigen, dürfte der Fall vor dem Supreme Court landen, dem höchsten Gericht der USA. Und dem geht es nicht um das persönliche Wohlergehen Donald Trumps - sondern um die Erhaltung der Verfassungsordung. Die Chancen dürften nicht die besten sein.