Der in einer Affäre um ein antisemitisches Flugblatt unter großem Druck stehende bayerische Vizeregierungschef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat sich am Mittwoch als "Demokrat" bezeichnet und Vorwürfe des Rechtsextremismus zurückgewiesen. Für "die letzten Jahrzehnte" könne er diesbezüglich "alle Hände ins Feuer legen", sagte der 52-Jährige in Donauwörth vor Journalisten mit Blick auf die Anschuldigungen. "Seit dem Erwachsenenalter" sei er "kein Antisemit, kein Extremist".
Was "in Jugendzeiten hier diskutiert wird, wundert mich etwas", fügte der Parteichef der Freien Wähler in Bayern und im Bund hinzu. "Aber es ist auf alle Fälle so, dass vielleicht in der Jugendzeit das eine oder andere so oder so interpretiert werden kann." Es sei korrekt, dass in seiner Schulzeit eine oder einige wenige Blätter in seiner Schultasche gefunden worden seien. Über andere Berichte müsse er jedoch "teilweise den Kopf schütteln".
Aiwanger hatte laut "Süddeutscher Zeitung" in seiner Schulzeit in den 80er-Jahren im Verdacht gestanden, ein antisemitisches Flugblatt verfasst und verteilt zu haben. Exemplare sollen in seinem Schulranzen gefunden worden sein. Der Parteichef der Freien Wähler erklärte am Wochenende, nicht dessen Urheber gewesen zu sein. Parallel übernahm sein Bruder dafür die Verantwortung.
Aiwanger ist Zeigen von Hitlergruß "nicht im Entferntesten erinnerlich"
Zu Vorwürfen, er habe als Schüler den Hitlergruß gezeigt, erklärte Aiwanger gegenüber der "Bild"-Zeitung: "Mir ist nicht im Entferntesten erinnerlich, dass ich so etwas gemacht haben soll." Ein ehemalige Mitschüler des Politikers hatte im ARD-Magazin "Report München" behauptet, Aiwanger habe beim Betreten des schon besetzten Klassenzimmers früher ab und zu "einen Hitlergruß gezeigt". Zudem habe Aiwanger "sehr oft diese Hitler-Ansprachen nachgemacht in diesem Hitler-Slang". Auch judenfeindliche Witze seien "definitiv gefallen". Aiwanger sagte der "Bild", er sei "weder Antisemit noch Extremist".
Die ihm von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) während einer Krisensitzung des Koalitionsausschusses am Dienstag in München überreichten 25 Fragen zu dem fraglichen Flugblatt schaue er sich "genau" an, erklärte Aiwanger in Donauwörth am Rande des Besuchs einer Veranstaltung. Er habe mit Söder zuvor "intensivst gesprochen", die Situation sei "sehr ernst".
In Bayern wird in fünfeinhalb Wochen ein neuer Landtag gewählt. Er wolle sich nun auf den Wahlkampf konzentrieren, ergänzte Aiwanger. Von "den Menschen" erhalte er dabei überwiegend die Rückmeldung, dass es sich um eine "Schmutzkampagne" handle und er politisch und persönlich "zerstört" werden solle. Auch auf Aiwangers Profil auf X (ehemals Twitter) gab es erstmals seit Tagen einen neuen Eintrag mit dem Wortlaut: "#Schmutzkampagnen gehen am Ende nach hinten los. #Aiwanger". In aller Regel verfasst der Freie-Wähler-Chef sämtliche Posts selbst.