Volkswagen, jener unflexible und seit jeher konservative Autobauer, entdeckt die Lust an der Innovation. Keine sieben Tage nach der Präsentation des neuen Golf schieben die Wolfsburger die Studie eines atemberaubenden Roadsters vor die Werkshallen. Basis des Zweisitzers: der Golf.
Der Konkurrenz die Schau stehlen
Volkswagen zeigt auf der IAA den neuen Golf. War klar und auch kaum zu toppen. Opel zeigt auf der IAA den neuen Astra. Auch klar und auch kaum zu toppen. Pat zwischen den einstigen Rivalen um die Vorherrschaft in der Golf-Klasse. Dass das nicht so bleiben konnte, war vorauszusehen. Dass Volkswagen derart mutig darauf antwortet, allerdings nicht. "Concept R" heißt der Mittelmotor-Roadster, mit dem VW der Konkurrenz auf der IAA die Schau stehlen will.
"Alles ist möglich"
Dafür ließen die Konzernoberen ihren Entwicklern freie Hand. Die Parole "Alles ist möglich", begleitete den Arbeitsauftrag für einen zukünftigen VW-Roadster. Die Designer um Murat Günak und Peter Schreyer wussten, mit der ungewohnten Freiheit umzugehen. Herausgekommen ist dabei ein knackiger Mittelmotor-Roadster mit ungewöhnlich mutigem Design und interessanten Detail-Lösungen.
Golf-Gene
Die Concept-R-Front greift auf, was der neue Golf dezent vorgibt: profilierte Motorhaube sowie nach oben gezogene Kotflügel und Scheinwerfer. Das große VW-Logo wird von einem trapezförmigen Kühlergrill eingefasst, dessen dicker Aluminium-Rand den Weg in zukünftige Serienmodelle finden könnte. Auch die Scheinwerfer zitieren das Golf-Vorbild, sind allerdings mit LED-Technik und mehrstufigem Aufbau noch Zukunftsmusik.
Design der drei Striche
Die Seitenfläche des Zweisitzers wölbt sich stark nach außen und knickt unterhalb der Rückspiegel stark zum Innenraum ab. Über diese Sicke hinaus ragen die flache Windschutzscheibe und zwei Karosserie-Knubbel, die die Kopfstützen der Sitze bilden. Die VW-Designer nehmen für sich in Anspruch, die Silhouette mit drei Strichen zeichnen zu können. Viel Spaß beim Nachmalen...
Am Heck des Roadsters finden sich diverse Einflüsse aus dem gesamten VW-Konzern. Die abgerundete Kante und die abfallende Linienführung kennt man vom Audi TT, die Form der Scheinwerfer von Audis Studie Nuvolari, und der Doppelrohr-Auspuff könnte von nächsten Porsche Boxster stammen. Alles nicht neu, für einen VW aber fast schon revolutionär.
Technische Daten
Motor | V6-Benzinmotor |
Hubraum | 3.189 ccm |
Leistung | 265 PS / 195 kW |
Max. Drehmoment | 350 Nm bei 2.800 U/min |
Länge/Breite/Höhe | 4.163/ 1.778/ 1.250 Millimeter |
0-100 km/h | 5,3 Sekunden |
Höchstgeschw. | 250 km/h (elektronisch abgeregelt) |
Aluglanz im Innenraum
In den Innenraum gelangt man durch zwei kleine Türen, die sich durch versenkbare Griffe (nochmal eine Verbindung zum Nuvolari) öffnen lassen. Wie es sich für einen Roadster gehört, landet man nach kurzem Sturz knapp über der Fahrbahn auf engen Sportsitzen. An dieser Positionierung lässt sich nichts ändern. Das Concept-R-Gestühl ist zwar gefedert, aber ansonsten fest verankert. Statt der Sitze lässt sich alles bewegen, was im Konzeptfahrzeug mit poliertem Aluminium beschlagen ist. Lenkrad, Instrumente und Pedalerie.
Vor feuchten Überraschungen schützt ein herkömmliches Stoff-Verdeck, das bei einem Serienmodell wohl einem Metall-Klappdach weichen muss. Ähnliches gilt für den Heckantrieb, der im Serien-Trimm dem Allrad-Antrieb zum Opfer fallen wird.
Display im Lenkrad
In Sachen Bedienung vertraut VW auf das Multi Media Interface (MMI) von Audi, mit dem sich Unterhaltungselektronik, Navigationssystem und Bordcomputer intuitiv steuern lassen. Neu ist lediglich die Art der Anzeige. Sämtliche Displays sind Teil der Cockpit-Oberfläche, so genannte OLED-Bildschirme. Bestes Beispiel: das typische VW-Logo im klimatisierten (!) Lenkrad. Statt eines einfachen Metallplättchens wird das Emblem von einem Display erzeugt und beginnt bei ausgeschalteter Zündung zu pulsieren.
Bei eingeschalteter Zündung erreicht das Pulsieren eine ganz andere Größenordnung. Auf Knopfdruck geraten hinter den Schalensitzen 265 Pferdchen in Wallung, kompakt verpackt in sechs Töpfe. 350 Newtonmeter fördert der V6 aus 3,2 Litern Hubraum. Das reicht für den Standard-Sprint von null auf 100 in 5,3 Sekunden. Bei 250 Sachen schiebt die Elektronik der Beschleunigung einen Riegel vor, theoretisch möglich wären weit über 270 km/h.