Weniger kann manchmal auch mehr sein. Nur ein Zentimeter kürzer ist der neue Honda Accord Tourer (4,75 Meter) im Vergleich zu seinem Vorgänger. Doch optisch ist der Unterschied gewaltig. Plötzlich scheinen die Proportionen des Kombis zu stimmen, der die Wagen wirkt gefällig und harmonisch - eine Metamorphose vom Rucksack-Tourer zum Beauty-Case-Kombi. Warum nicht gleich so? "Wir hatten beim ersten Tourer mit dem Thema Platz und Ladung es etwas zu gut gemeint", sagt Gerhard Grindl, bei Honda zuständig fürs Marketing.
Die Quittung kam prompt. Ein Hit wurde der Tourer nicht. Nur etwas mehr als 10.000 Einheiten konnte Honda seit 2003 in Deutschland absetzen. Die große Mehrheit (64 Prozent) waren die Accord-Limousinen. Grindl: "Dies entsprach nicht unseren Erwartungen." Mit dem nun auf Sportlichkeit getrimmten neuen Tourer soll zumindest ein Modell-Split von 50 Prozent geschafft werden. Wie begehrt Kombis in der Mittelklasse sein können, zeigt VW mit dem Passat. "Dort greifen vier von fünf Kunden zum Variant", so Marketing-Mann Grindl.
Ruhiger Spritverächter
Dem Laster mit dem Lifestyle zollt Honda allerdings reichlich Tribut. Ein flacheres Auto, ein schrägeres Heck und eine aufwändigere Hinterachse kosten Platz. Mit 395 Liter schluckt der Kofferraum des Tourer jetzt 123 Liter weniger. Bei umgeklappten Rücksitzlehnen sind es sogar über 400 Liter (1252 zu 1657 Liter). "Wir liegen vom Ladevolumen her zwischen Audi A4 Avant und BMW Dreier-Kombi", sagt Pressesprecher Alexander Heintzel. "Trotzdem bekommt man in den Accord Tourer ein Mountain-Bike hinein - ohne Demontage der Räder." Als sehr angenehm erweist sich dabei die niedrige Ladekante, störend hingegen ist die Stufe im Boden, so bald die Rücksitzlehnen flach liegen. Schwere Gegenstände lassen sich somit schlecht hinein schieben.
Entschieden sich beim Vorgänger-Accord noch 32 Prozent der Kunden für einen Dieselmotor, so soll zukünftig mehr als jeder zweite Käufer zum Selbstzünder greifen. Gute Gründe dafür gäbe es genug. Der 2,2-Liter-Vierzylinder wurde komplett neu entwickelt und ist ein Musterbeispiel für modernen Motorenbau. Und wer weiß, wie Honda schon 2003 mit seinem ersten eigenen Diesel die Konkurrenz brüskierte, weil dieser in Sachen Laufkultur und Verbrauch Topwerte ablieferte, ahnt zumindest, zu was eine Neukonstruktion in der Lage ist: Euro 5 im Abgasverhalten (Rußpartikelfilter serienmäßig), mit 150 PS zehn PS mehr Leistung, ebenfalls zehn Newtonmeter mehr Drehmoment (jetzt 350 Nm), aber mit weiterhin 5,6 Liter Verbrauch ein Spritverächter. Hinzu kommen sein weicher und extrem ruhiger Lauf sowie sein guter Durchzug schon aus niedrigen Drehzahlen. Dies sorgt zusammen mit der wohl knackigsten Sechsgangschaltung im Segment (Automatik kommt 2009) für eine gehörige Portion Fahrspaß. Und hätte BMW nicht schon den Slogan "Aus Freude am Fahren" gebucht, zu Honda würde er passen.
Advanced Safety Paket
Weit aus dem Fenster lehnen sich die Japaner beim Thema Sicherheit. Der Accord soll in seiner Klasse sämtliche Konkurrenten, besonders aber die deutsche Mittelklasse ausstechen. Schaffen will man dies mit einem so genannten "Advanced Safety Paket". Es kostet 2450 Euro und beinhaltet erstens einen Spurhalteassistenten, der per Videokamera die Fahrbahnlinien überwacht und bei Überschreiten mit Warnton und sogar mit leichter Lenkkorrektur eingreift, zweitens einen Abstandsradar sowie drittens eine Elektronik, die den Wagen mit bis zu 60 Prozent der maximalen Verzögerung selbstständig abbremst, falls eine Kollision droht. Die Sache hat nur einen Haken: Accord-Kunden, die nicht die höchste Ausstattungslinie "Executive" wählen - sie beginnt beim Tourer-Diesel bei 34.675 Euro - bekommen dieses Sicherheits-Paket auch für Geld und gute Worte nicht.