Mazda 3 Ganz schön großes Maul

  • von Michael Specht
Die größte Änderung am neuen Mazda 3 betrifft das Design - auffällig vor allem der riesige Schlund. Fahrbericht über den Japaner, der zu den sparsamsten Kompakten gehören will.

Auf dem riesigen Flachbildschirm flimmert ein durchaus merkwürdiges Foto. Yoshiyuki Maeda sitzt da vor vergilbten Gardinen und hält einen Papierfächer in der Hand. Zu seinen langen schwarzen Haaren trägt er eine Brille, die sein halbes Gesicht bedeckt. Entfernt erinnert das Ganze an Mooshammer selig. "Das war ich vor fünf Jahren", sagt Maeda, der beim Autokonzern Mazda Chef der 3er-Baureihe ist.

Dass japanische Manager anlässlich einer Autopräsentation Privates zeigen, ist ungewöhnlich. Das Bild soll symbolhaften Charakter haben: So, wie sich im Laufe der Zeit persönlicher Geschmack verändert, so sehr habe sich der Mazda 3 über die vergangenen Generationen verändert - nämlich vom Biedermann zum durchtrainierten Athleten. Wobei, das vorweg, der Entwicklungssprung beim Auto augenfälliger ist als bei Maeda, der immer noch lange Haare trägt und nur eine dezentere Brille.

Hohe Erwartungen an den Neuen

Der Kompaktwagen ist Mazdas Bestseller. Jeder dritte weltweit verkaufte Mazda trägt die 3 am Heck, nach sechs Jahren am Markt mehr als zwei Millionen. Da sind die Erwartungen naturgemäß hoch an den Neuen, auch wenn in der Branche angesichts der trüben Wirtschaftslage kaum jemand Prognosen für 2009 wagt. Nur eines ist klar, sagt Thomas Rothe, Vertriebsdirektor von Mazda Deutschland: "Einen Fehltritt können wir uns nicht erlauben, jedes Modell muss sitzen." Anfang Juni kommt der Golf-Gegner auf den Markt.

Mazda 3

Komfort: Viel Platz; bequeme Sitze; gute Verarbeitung; großer Kofferraum
Kosten: Basisversion nicht wirklich preisgünstig; Klimaanlage keine Serie
Fahrspaß: Grundmotorisierung (105 PS) ist recht agil; klasse Schaltung; sportliches Fahrwerk
Umwelt: 6,3 Liter/100 km sind gut, jedoch nur Euro 4

Motor:

1,6-l-Vierzylinder, 77 kW/105 PS

Fahrleistungen:

0-100 in 12,2 Sek., Spitze 184 km/h

Verbrauch (EU):

6,3 l S, 149 g/km C0₂

Abmessungen:

4,46/1,76/1,47 m (L/B/H)

Gewicht/Kofferraum:

1180 kg leer/ 340-1360 l

Preis:

ab 16.900 Euro

In normalen Zeiten würde man sein Design als "eigenständig" oder "charaktervoll" loben. Jetzt jedoch, da der Autoabsatz stockt und Massentauglichkeit wünschenswert wäre, ist wohl eher der Begriff "mutig" richtig. Chefdesigner Kunihiko Kurisu steckte den Dreier in einen für das Segment ungewöhnlich sportlichen Dress. Die stark ausgeformten vorderen Kotflügel sind Anleihen des Mazda Coupés RX-8, der einst dezente Grill wich einem riesigen Schlund, und die profilierten hinteren Flanken sollen Muskelkraft demonstrieren.

Vor dem Serienantritt schickten die Japaner den Mazda 3 in 20 Länder auf mehr als eine Million Testkilometer; so viel wie nie zuvor, lässt das Unternehmen verbreiten. Herausgekommen ist ein fahraktives, dennoch komfortables und ruhiges Auto, das sich weder vor einem Einser-BMW noch vor dem Audi A3 verstecken muss. Der Mazda lässt sich handlich und präzise um die Kurven zirkeln, seine Lenkung reagiert feinfühlig und direkt. Auch die Schaltung, jetzt griffgünstig sechs Zentimeter höher gelegt, bleibt ein Genuss.

Wer sich für den 1,6-Liter-Benziner mit 105 PS entscheidet, das Basismodell, könnte schnell zu der Erkenntnis kommen: Mehr Auto braucht keiner. Der Vierzylinder hängt agil am Gas und soll im Schnitt nach Euro-Norm nur 6,3 Liter schlucken. Mazda sagt, dies sei Klassenbestwert. Probiert man indes weitere Varianten, ist der Einstiegsbenziner schnell vergessen. Da gibt es zum Beispiel den neuen 2,2-Liter-Diesel. Dessen 185 PS und seine imposante Durchzugskraft (400 Newtonmeter Drehmoment) machen aus dem Mazda 3 ein schieres Spaßgerät - bei dem auch der Verbrauch Freude bereitet. 5,6 Liter gibt Mazda an. Selbst wenn es in der Praxis 6 Liter sein sollten - solche Werte sind vorbildlich.

Effizient motorisiert dürfte der Wagen auch mit dem Zwei-Liter- Benziner sein, der ab August verfügbar ist. Der leistet 150 PS und besitzt eine bislang einzigartige Start-Stopp-Automatik. Die Elektronik schaltet bei Stillstand den Motor ab. Beim Neustart wird durch Treten der Kupplung zunächst nur der Zylinder gezündet, in dem der Kolben am günstigsten steht. "Dadurch wird sehr sanft gestartet und auch bis zu 0,7 Liter Benzin gespart", sagt Baureihen- Chef Yoshiyuki Maeda. Ist es Zufall, dass er sich dabei über die langen Haare streicht und seine Brille zurechtrückt?

print