Vergleichstest Französische Kätzchen schnurren feiner

  • von Michael Specht
Warum verkauft Opel in Deutschland dreimal so viele Corsa wie Renault Clio? Liegt es an der Marke, am Design oder am netten, bzw. unfreundlichen Händler um die Ecke? Wir haben zwei Diesel im Test gehabt. Und danach müsste eigentlich der Franzose vorne liegen.

Die wenigsten Menschen machen sich ja die Mühe, mehrere Modelle ausgiebig Probe zu fahren, wenn ein Neuwagenkauf ins Haus steht. Der eine ist markentreu bis in die Knochen und hat gute Erfahrungen mit seinem Händler gemacht. Warum also wechseln? Der andere kauft ausschließlich nach Optik. Gefällt der vermeintliche Wunschkandidat nicht, nimmt man halt den schickeren von der anderen Firma.

Ob nun der Opel Corsa oder der Renault Clio besser aussieht, wird hier nicht beurteilt. Geschmacksache. Eher schon, was es fürs Geld gibt und wie sie fahren. Wir haben zwei Diesel-Modelle gewählt, den Corsa 1.3 CDTI in Cosmo-Ausstattung (17 470 Euro) und den Clio 1.5 dCi als Dynamique für 17.050 Euro. Preislich also auf einem ähnlichen hohen Niveau. Doch Opel verlangt für einen Dieselpartikelfilter noch 540 Euro extra, den Renault serienmäßig unter den Wagenboden schraubt. Sicherheitstechnisch geben sich beide nichts. Front-, Seiten- und Kopfairbags sind an Bord. Und ob der Antischleuderschutz wirklich nötig ist, lassen beide Hersteller ihre Kunden selbst entscheiden. 360 Euro will Opel fürs ESP, 500 Euro verlangt Renault.

Leichte Vorteile für Opel bei Ausstattung

Auch auf der Ausstattungsseite sticht keiner den anderen aus. Wenn auch der Opel leichte Vorteile verbucht. Zumindest wenn es um die Sitzposition geht. Keine unwichtige Sache. Sein Lenkrad lässt sich in Höhe und Weite verstellen, das des Clio nur nach oben und unten. Ansonsten ist alles an Bord, was zum täglichen Wohlbefinden reicht: Klimaanlage, Radio-CD, Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber, elektrisch verstellbare Außenspiegel und ein griffiges Lederlenkrad.

Dennoch, besonders im Corsa sind einige Dinge nicht zu ende gedacht. Warum muss sich nachts ein beleuchteter Lichtschalter im Seitenfenster unter dem linken Spiegel spiegeln? Warum das große Display oben in der Windschutzscheibe, trotz Abdimmung? Warum passt keine Literflasche in die Türablage, sondern nur zwischen die Sitze? Aber es gibt auch Lob zu verteilen. Zum Beispiel für die einfach zu bedienenden Drehschalter für Heizung und Lüftung. Sobald man sie regelt, erscheint im Display die Temperatur oder die Lüfterstellung. Und eine wirklich gute Erfindung ist der Bordcomputer. Er zeigt neben dem üblichen Durchschnittsverbrauch und -tempo auch die ab Start gefahrenen Kilometer an und was der Motor seit dem absolut verbraucht hat. Einmal zum Bäcker und zurück: 0,8 Liter. Quer durch Hamburg zur Freundin: 1,4 Liter. Das animiert zum Sparen.

Nichts ist so groß wie die Freude an der Zapfsäule

Besonders, wenn es sich um einen Diesel handelt. Deswegen entscheiden sich die Leute wohl auch häufig für einen Selbstzünder, selbst bei Kleinwagen. Nichts ist so groß wie die Freude an der Zapfsäule. Obwohl sich ein Diesel selten lohnt. Wer nicht mindestens 20.000 Kilometer im Jahr unterwegs ist, sollte beim Benziner bleiben. Das spart beim Opel 1710, beim Renault 1350 Euro schon beim Kauf. Das höhere Drehmoment des Dieselmotors mag zwar ganz angenehm bei der Beschleunigung sein, aber in der Stadt spielt man diesen Vorteil nur marginal aus.

Lediglich 5,9 Liter gibt Opel als Stadtverbrauch an, 5,2 schreibt Renault ins Datenblatt. Wäre schön, wenn' s der Realität entspräche. Normverbräuche sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Auch mit ruhiger Fahrt durch Hamburg ging es nicht unter 6,7 Liter im Corsa, 6,5 waren es im Clio. Hinzu kommt, dass der Opel-Diesel (1,3 Liter, 90 PS) recht rau und laut läuft, besonders nach dem Start und beim Beschleunigen. Er wirkt müde unter 2000/min und macht im ersten und zweiten Gang keinen Spaß zu schalten. Die schlechte Gasannahme und die Atempausen, bis der Turbolader endlich auf Touren kommt, nerven. Insgesamt fährt sich der Corsa im Kurzstreckenverkehr nicht harmonisch. Ein Benziner wäre hier die eindeutig bessere Wahl.

Der Clio fährt besser

Ganz anders der Clio. Welch ein Unterschied zum Corsa schon in der Laufkultur! Ein leiser, schnurriger Diesel, der sehr gut das Gas annimmt, weich und harmonisch fährt. Auf der Autobahn ist von dem 86-PS-Motor nichts mehr zu hören. Wer die Möglichkeit hat, beide unmittelbar nacheinander zu fahren, wird sich sofort für den Clio entscheiden.

Da hilft dem Corsa auch seine minimal bessere Variabilität nicht. Zwar besitzt er einen doppelstöckigen Kofferraumboden mit herausnehmbarem Oberteil. Dieses jedoch lässt sich nicht arretieren. Möchte man unten etwas hineinlegen, fällt das Teil stets wieder runter. Ein Fanghaken (das Ding kostet keine 50 Cent) fehlt. So muss die Platte erst draußen auf dem Boden abgestellt werden. Und bekanntlich scheint nicht immer die Sonne.

Beim Ladevolumen herrscht Gleichstand

Was das Ladevolumen angeht, endet der Vergleich pari. 285 zu 288 Liter bei voller Bestuhlung. Umgeklappt sind es beim Corsa 1100, beim Clio 1028 Liter. Schade eigentlich, dass es im Jahre 2007 immer noch nicht möglich ist, Rücksitze so konstruieren, dass nach dem Umlegen keine Stufe bleibt und der Ladeboden topfeben ist. Der einzige Kleinwagen, der diesen "Luxus" bietet, heißt Jazz und kommt von Honda.