Kleinwagen Quartett mit einem Ass

Gut, dicke Schlitten machen mehr her. Aber Kleinwagen sind die Verkaufsschlager. Die Stars unter ihnen: VW Polo, Renault Clio, Fiat Grande Punto und die Neuauflage des Toyota Yaris. Wer hat die Nase vorn?

Ihr Protz-Faktor liegt bei null. Keine Macho-Motoren, keine doppelten Auspuffrohre, keine breiten Gummiwalzen. Tempo 180 schaffen sie nur bergab. Trotzdem sind sie größere Stars als angesagte Luxuslimousinen: Kleinwagen. Jedenfalls in der Zulassungsstatistik. Da liegen sie weit vorn. Während dicke Schlitten es nicht einmal auf acht Prozent der jährlichen Neuzulassungen bringen, schaffen die Kleinen der Hubraumklasse bis 1,4 Liter fast das Doppelte. "Ihr Marktanteil ist gestiegen und wird weitersteigen", sagt Ferdinand Dudenhöffer, Chef des Automobilforschungsinstituts B&D Forecast in Gelsenkirchen.

Kein Wunder, denn die Kleinen haben's drauf. Vielfach die gleiche Technik, den gleichen Komfort, die gleiche Sicherheit und fast den gleichen Platz für Passagiere und Gepäck wie Kompaktlimousinen. Dafür sind aber deutlich niedrigere Preise fällig. Der Unterschied kann mehr als 3000 Euro betragen.

Derzeitige Favoriten der vielfach unterschätzten Liga sind Fiat Grande Punto, Renault Clio und Volkswagen Polo. Allesamt jüngst aufgefrischt. Gemeinsam werden sie nun von einem Neuling aus Japan herausgefordert, der Neuauflage des Toyota Yaris. Der stern hat das Quartett genau geprüft und nennt die Stärken und Schwächen der vier.

Bei der Crashsicherheit setzt der Nachzügler Yaris neue Maßstäbe. Sieben Airbags plus elektronisches Stabilitätsprogramm VSC serienmäßig (außer in der Basisausstattung) sind auf Anhieb mit fünf Sternen beim Sicherheitstest der europäischen Verbraucherschutzorganisationen und Automobilklubs belohnt worden (European New Car Assessment Program = EuroNCAP). Und: Innerhalb der Wertung gab es mit 35 Zählern die höchste Punktzahl, die bislang in dieser Klasse erreicht wurde. Überdurchschnittlich gute Fahrleistungen und ein ausgewogenes Chassis zwischen sportlich und komfortabel kommen hinzu. Auf Langstrecken allerdings kann die lausige Sitzqualität den Spaß trüben. Dafür punktet der Yaris wieder bei den Kosten. Seine günstige Versicherungseinstufung drückt die echten Unterhaltskosten nach einer Berechnung des ADAC auf 386 Euro (siehe Tabelle) pro Monat.

Teuerster im Kandidaten-Quartett ist der VW Polo. Er kostet monatlich (einschließlich Wertverlust) 417 Euro. Beim Wolfsburger schlagen der saftige Neupreis und der höhere Spritverbrauch ins Kontor. Dafür bleibt er trotz der fernöstlichen Herausforderung der goldene Kompromiss in seiner Klasse. In der Kombinationswertung Platzangebot, Zuladung, Sitzqualität, Anmutung und erkennbare Verarbeitungsqualität ist der Polo ungeschlagen. Ebenso im Fahrspaß, der dank des sehr kultivierten Fahrwerks und der äußerst präzisen Lenkung kaum zu toppen ist.

In diesem Punkt haben Fiat Grande Punto und Renault Clio für teutonische Gemüter den größten Nachholbedarf. In einigen Einzeldisziplinen können sie Yaris und Polo klar übertreffen. Etwa der Clio mit den geringsten Unterhaltskosten. Und der Grande Punto mit dem größten Innenraum und der besten Kniefreiheit hinten.

Dennoch, die beiden Südeuropäer leisten sich einige Schwächen, die auf Dauer nerven oder sogar kritisch werden können. Etwa die schwammige Bremse beim Italiener sowie eine Fahrwerksabstimmung, die nicht jeden Ausweichhaken problemlos macht. Obwohl der neue Punto ein elektronisches Stabilitätsprogramm ESP gut gebrauchen könnte, steht es bei den Basismodellen gar nicht auf der Ausstattungsliste. Bei den anderen kostet es 500 Euro.

Beim kleinen Franzosen überzeugt die Bremse zwar mit ordentlich Biss, aber dafür versetzt die Lenkung Renault-Neulingen einen Schock. Sie wirkt immer so, als stünden die Vorderräder auf Schmierseife. Total gefühllos. Frankophile wird's kaum stören. Denn sie bekommen mit dem Renault Clio das mit Abstand preiswerteste Auto unter den vier Kandidaten.

print
Peter Weyer