Das Verhältnis zwischen dem jungen Mann und seinem Arbeitgeber, einer Jugendherberge, muss wohl schon vorher zerrüttet gewesen sein. Anders lässt es sich kaum erklären, dass der 27-Jährige wegen des Aufladens seines Elektroautos den Job verlor. Doch genau das ist passiert – denn weil der Hotelfachmann sein Hybridauto an einer 220-Volt-Steckdose im Flur eines Seminartraktes aufgeladen hatte, und dabei Strom im Wert von 40 Cent verbrauchte, sprach ihm sein Arbeitgeber die fristlose Kündigung aus. Er zog vor Gericht.
Theoretisch war das Unternehmen im Recht: In Deutschland ist es tatsächlich möglich, wegen der privaten Nutzung betrieblicher Stromanschlüsse, etwa zum Aufladen von Smartphones, eine Abmahnung zu kassieren. Sollte dadurch in den Augen des Arbeitgebers ein erheblicher Vertrauensverlust entstanden sein, kann es sogar zur fristlosen Kündigung kommen. Das Beharren auf diesen sehr strengen Regeln dürfte in den meisten Betrieben jedoch realitätsfern sein.
Zoff um die betrieblichen Steckdosen
Im Falle der Klage vor dem Düsseldorfer Landesarbeitsgerichts pochte der Arbeitgeber des Klägers jedoch darauf, dass es in seinem Betrieb keine Duldung für so etwas gebe und es sogar gegen die Hausordnung verstoße. Diesen Zahn zog das Gericht allerdings schnell, denn eine Hausordnung sei für die Gäste gedacht, nicht die Angestellten.
Für das Gericht war der gesamte Fall eine Einzelfallentscheidung. Im Laufe des Verfahrens erklärte der Kläger, es sei in seinem ehemaligen Betrieb durchaus üblich für die Mitarbeiter gewesen, mitgebrachte Geräte, etwa E-Bikes oder elektrische Tretroller, vor Ort aufzuladen. Er behauptete außerdem, die stellvertretende Chefin habe es ihm ausdrücklich erlaubt – was diese dann bestritt.
Was Sie schon immer über Stromtanken wissen wollten, aber nie zu fragen wagten

Von solchen großen E-Tankstellen sind wir noch etwas entfernt, doch die Anzahl der Ladepunkte ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Bei der Bundesnetzagentur sind aktuell 12.278 Ladesäulen (Stand 5. Februar 2020) gemeldet, von denen viele mehr als einen Ladepunkt haben. In der Regel kommen auf eine Ladesäule zwei Ladepunkte, in seltenen Fällen sind es sogar drei. Sodass man von rund 24.000 Ladepunkten ausgehen kann. Laut dem "Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft“" (bdew) werden über 70 Prozent der bestehenden Ladepunkte von Energieunternehmen betrieben. Ein anderes Bild liefern da "statistica com" (rund 18.700 Ladestationen) und "goingelectric.de" (19.279 Standorte, 55.212 Ladepunkte), die auch durch Meldungen die Elektromobilisten aktuell gehalten wird. Betrachtet man die Verteilung der Ladepunkte, fällt auf, dass im Osten Deutschlands die Dichte der Ladesäulen abnimmt. Nach Schätzungen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (bdew) sind für eine Million E-Autos 70.000 Normalladepunkte und 7.000 Schnellladepunkte nötig.
Insgesamt sahen die Richter keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit und rieten den Parteien zu einem Vergleich. So kam es dann auch: Der ehemalige Rezeptionist bekommt eine Abfindung und ein gutes Arbeitszeugnis, wird aber nicht mehr in den Betrieb zurückkehren. Das war auch nicht seine Absicht, denn er hat inzwischen einen anderen Job.
Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, dpa