Bisher wird bei jedem Pedelec die Kraft der Pedale mit Kette, Riemen oder in seltenen Fällen von einer Welle vom Tretlager auf das Hinterrad gebracht. Dieses bewährte Prinzip soll nun bei E-Bikes aufgegeben werden. Schaefflers "Free Drive" verbaut zwei Elektro-Mechanischen-Komponenten. Ein Motor kommt in das angetriebene Rad und ein Generator in die Radnabe. Beim Treten wird in dem Dynamo Strom erzeugt und der gelangt per Kabel ins elektrische Antriebssystem.
Grundsätzlich löst Schaeffler damit mehrere Probleme. Zum einen fallen die mechanischen Verschleißteile wie Kette, Kassette, Ritzel etc. einfach weg. Sie müssen also auch nicht gewartet und ausgetauscht werden. Gerade im Flottengeschäft ist Wartungsfreiheit ein wichtiges Thema. Zum anderen sind bei den Rädern nun freiere Bauformen möglich, weil es keine direkte Verbindung von Kurbel und Antriebsrad geben muss. Gerade Lastenräder können davon profitieren.
Aber natürlich gibt es auch Nachteile. Sobald der direkte Zusammenhang von Treten und Fahren aufgehoben wird, wird kaum ein echtes Fahrradfeeling aufkommen. Und das ist wohl beabsichtigt. Die Pedale nehmen nicht nur Kraft auf, sie fungieren auch als Gashebel. Die Sensoren des Generators steuern die Geschwindigkeit des Rades. Zum anderen ist die Leistung des Systems begrenzt, beziehungsweise hängt stark von den gesetzlichen Vorgaben ab. Heute ist es so, dass ein Pedelec-Motor maximal 250 Watt Dauerleistung abgeben darf, dazu kommt sonst die biologisch erzeugte Leistung des Radlers, die über Kette oder Riemen auf das Hinterrad einwirkt. In der Summe kommen Werte von 300 Watt zusammen. Bei sportlicher Anstrengung auch deutlich mehr.
Weniger Leistung
Solange es keine Sonderregelung gibt, wird das Schaeffler-Rad weniger Leistung haben. Das Gesamtsystem liefert 250 Watt Dauerleistung aus "Pedalgenerator, Antriebsmotor, Batterie-Powerpack und Human-Maschine-Interface (HMI)", schreibt Schaeffler dann auch. Gerade bei Lastenrädern, die auch tatsächlich schwere Lasten transportieren sollen, sind 250 Watt Dauerleistung bei Steigungen eher zu wenig als zu viel.
Diese Restriktionen gelten in der EU – in anderen Ländern wie etwa den USA gelten weit großzügigerer Grenzen, das macht sich dieser Effekt kaum bemerkbar. Schaeffler ist fremd im Fahrradmarkt und bislang vor allem als Zulieferer für die Automobilindustrie bekannt. So tut man sich leichter, Motoren zu entwickeln, die eher untypisch für Räder sind. Das größte Potenzial des Free-Drives dürfte bei drei- oder vierrädrigen Lastenrädern liegen.
Und in Regionen, die weniger restriktiv als die EU sind. Es gibt Märkte, in denen die Vorgaben des Gesetzgebers weitaus großzügiger ausfallen und in denen Elektro-Karren gefördert werden, die deutlich kleiner und umweltfreundlicher sind als ein Verbrenner-Transporter aber zugleich weitaus mächtiger als die Pedelecs der EU. In der EU fallen diese Leichtfahrzeuge bisher weitgehend durch das Raster der Verkehrsplanung.

Sehen Sie im Video: Nie wieder abgesprungene Ketten und ölige Hände – sieht so die nächste Generation des Fahrrads aus?