Schickimicki-Autoklub Brummbrumm und dicke Hose

  • von Markus Götting
Wo sonst? In Düsseldorf wurde ein Schickimicki-Autoklub gegründet, in dem vereinseigene Edelkarossen getauscht werden wie anderswo die Partner.

Oh ja, genau so wollten wir das doch sehen. Draußen in der Dunkelheit brennt eine Flamme, es rauscht jedes Mal, wenn sie wieder vom Gas befeuert wird, und daneben: Türsteher, Knopf im Ohr und ein bisschen zu breit für ihre mäßigen Sakkos. Und hier jetzt, in der Finsternis des Freitagabends, steht diese Stretch-Karre vor diesem Lofthaus in einem Düsseldorfer Industriegebiet, ein unendlich langer Hummer H2, tiefschwarz, chromblitzende Felgen - und ein Statement. Wo solch ein Auto vor der Tür steht, muss drinnen was Besonderes los sein.

Frauen in Abendkleidern schlendern hinein, einige darunter richtig klasse; also, die Kleider. Aber Frauen lenken nur ab an so einem Abend. In Düsseldorf haben sie diesen neuen Klub gegründet, den Hydeclub, und deshalb trifft man sich jetzt hier zum sogenannten Kick-off-Event. Altes Fabrikgebäude, alles ganz weiß drinnen, ein Springbrunnen plätschert in einem kleinen Wasserbecken, Champagnergläser, Glamourgirls, und der Star des Abends trägt auch Weiß. Und oben ohne. Er heißt: Bentley Continental GTC. Ein Typ mit Brille nähert sich ganz vorsichtig, öffnet die Cabriotür, lässt sich behutsam auf dem handvernähten Ledersitz nieder und streichelt das Lenkrad.

Und dann: Kick-Off. Auf der Bühne erklärt eine Merkel-mäßig dekolletierte Moderatorin das Konzept. 30 Traumautos, hundert Mitglieder: Heute Ferrari fahren, morgen Aston Martin, und einen Rolls- Royce soll's auch geben. Mit Chauffeur, logo. Aus dem Mund der Dekolleté-Moderatorin perlen Worte wie exklusiv und Premium und Luxus und so. Es geht darum, dass sich ein paar Leute eine sehr nette Autoflotte teilen, im Prinzip nix weiter als traditionelles Carsharing. Nur eben nicht ein paar Opel, sondern auf Düsseldorfer Art.

Das mit den Promis hat nicht recht hingehauen

Dicke Hose, schmales Portemonnaie. So was geht in Düsseldorf doch immer. Eigentlich sollte dieser Abend ein bisschen ein Societytreff sein, mit Prominenten, die man nicht nur in Düsseldorf kennt. Aber wenn man von dem Bäckersohn Kamps und seiner Gattin Gülcan mal absieht, dann hat das nicht so recht hingehauen. Die Pressedame des Klubs hat eine Stimme wie diese Frauen im Navigationssystem. "Die Verona Pooth wollte ja auch kommen", sagt die Navistimme, aber das war dann doch eher schwer vermittelbar. Wegen Franjo. Der ist gerade ein wenig raus. Selbst in Düsseldorf.

Aber ist nicht Franjo Pooth per Definition exakt die Zielgruppe? Er kann sich vermutlich ein schickes Auto nicht mehr leisten nach der Pleite. Und da wäre, so rein hochstaplerisch gesehen, der Hydeclub die perfekte Alternative. Der Schein bestimmt das Bewusstsein. 2000 Euro kostet die Mitgliedschaft im Monat. Dafür gibt's dann jährlich 300 Punkte im Klub, und je nachdem, welches Auto man an welchem Wochentag fährt, kommt man auf 60 bis 150 Tage Fahrspaß. Oder Bella-figura- Machen. Je nach Motivlage.

An der Theke lehnt jetzt Udo Wosnitza mit einem ehrlichen Glas Pils in der Hand. In seinem Rücken grillen die Jungs vom Catering Cheeseburger; und Wosnitza, dessen Visitenkarte ihn als Aufsichtsratsvorsitzenden des Hydeclubs ausweist, erzählt schon von Expansionsplänen. Nach Hamburg wolle er mit dem Konzept und nach München. Frei übersetzt könnte man sagen: dorthin, wo die Leute das Geld auch wirklich haben. Das mit den notorischen Franjo-Typen hört Herr Wosnitza nicht so gern. Er sagt, dass viele potenzielle Klubmitglieder sich solche Autos zwar leisten könnten, sie aber gar nicht selbst besitzen wollten. Aus Angst vor Sozialneid. Oder weil es die Gattin nicht erlaube.

Klub-Gedanke, Networking

Hier ist der Plan. Acht Autos haben sie schon bestellt: darunter der Bentley, zwei Aston Martin, drei Ferrari. Über Lamborghini habe er nachgedacht, sagt Wosnitza, über Maybach: "Also alles, was das Finanzamt nicht als Geschäftswagen akzeptiert." Am Ende sollen die Klubmitglieder abstimmen. Klingt jedenfalls nach einer ziemlich heftigen Investition für die Betreiber, die müssen auch noch für Steuer und Versicherung der Autos aufkommen, aber Herr Wosnitza, Brille, zurückgekämmtes Haar, ist zudem Geschäftsführer einer Treuhandgesellschaft. Das steht auf seiner anderen Visitenkarte. Er sagt: "Der Klub ist eine Aktiengesellschaft, das ist alles solide gerechnet." Und dann referiert er noch mal diesen Premium-exklusiv-Luxus-Text, erweitert um Begriffe wie Klub-Gedanke, Networking. Klingt alles sehr schlüssig. Dann sagt er, man wolle das Konzept noch weiter öffnen. Auf Privatjets zum Beispiel.

Es gibt einen Nebenraum hier in dieser Halle. Herr Wosnitza sagt: Zigarrenlounge. Sie zeichnet sich durch ein merkwürdiges Deko-Cross-over aus: ein wenig Polo- Ralph-Lauren-Flagshipstore, dazu ein paar Devotionalien, die an amerikanische Tankstellen aus den Fifties erinnern. Dicke Ledersessel, mittelgute Whisky-Auswahl. "Hier", sagt Herr Wosnitza, "sollen sich die Leute nachher zum Beratungsgespräch zurückziehen." Der Klub ist ja in der Tat keine üble Idee. Und übertrieben teuer ist er nun auch nicht. Alles eine Frage der Relation. Wosnitzas Partner beim Hydeclub kommen aus der Autobranche, was man ihnen auch ein wenig ansieht. Sie tragen Namensschilder am Sakkorevers, bereit zum Gespräch, aber irgendwie gibt es an diesem Abend kein Nachher. Jedenfalls nicht in der Zigarrenlounge.

Besser als eine Supermarkteröffnung

Auf der Bühne hat jetzt eine Frau zu singen begonnen. Sie heißt Francisca Urio und ist bei der letzten Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" irgendwann rausgeflogen. Am Keyboard sitzt Dieter Falk. Der war mal in der Jury der Konkurrenzsendung "Popstars". Die Abendkleider-Frauen lauschen. Dazu Champagner. Alles besser als eine Supermarkteröffnung. Die Männer checken die Autos ab. Neben dem Bentley steht der Düsseldorfer Modedesigner Thomas Rath. Sein Begleiter ist ein dünner, blonder Typ, Eins-a-Dandy-Outfit. Rath trägt Reitstiefel und eine sehr enge Hose. Von Bäckersohn Kamps heißt es, er habe schon einen Aufnahmeantrag unterschrieben. Rath schaut mitleidig und sagt: "Solche Autos zu leihen, das ist doch was für Leute, die Gürtelschnallen tragen, auf denen fett Prada aufgedruckt ist."

Und das Networking? "Also, für so was gibt es hier doch Karnevalsvereine, oder?" Nee, für die Style-Jungs ist das wohl nichts. Rath sagt, er habe ja eigentlich ein paar schöne Autos sehen wollen, aber jetzt steht da nur so ein tiefer gelegter Porsche. Und der Bentley. Sein blonder Mann, der Dandy, lässt gerade den Ring seines Autoschlüssels um den Zeigefinger kreisen. "Weißt du, was soll ich in so einem Klub?", sagt Rath. "Also den Bentley hier, den haben wir selber." Wenn auch nicht mit handgenähten Ledersitzen.

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