Wer als eingefleischter VW-Kunde mit einem sportlichen Geländewagen vor die heimische Eisdiele rollen wollte, musste bisher auf Fremdhersteller zurückgreifen. Die Wolfsburger Autobauer glänzten im boomenden Marktsegment der SUVs (Sport Utility Vehicles) durch Abwesenheit. Ab Herbst 2002 ist damit Schluss. Zusammen mit Porsche haben die VWler an einem Geländewagen geschraubt, der der Konkurrenz den Angstschweiß auf die Stirn treiben soll.
Intelligentes Wüstenvolk
Touareg heißt der wuchtige Krabbler, der laut VW-Pressemitteilung »neue Maßstäbe« setzen soll. Schnell das Lexikon hervorgekramt und nachgeschaut: »Tuareg, berberische Ethnie, die in der westlichen und zentralen Sahara beheimatet ist. Nach Schätzungen leben heute etwa drei Millionen Tuareg, etwa die Hälfte davon in der Republik Niger, der Rest in Algerien, Tunesien, Mali, Libyen und Burkina Faso«. Aha, ein Wüstenvolk also. Geht es nach VW, soll der neue Gelände-Krabbler nicht nur den Namen der stolzen Tourareg tragen, sondern auch ihre Eigenschaften transportieren. Gemeinhin gelten die Touareg nämlich als intelligente und würdevolle Ritter der Wüste, die sich ideal an die wechselnden Lebensbedingungen ihrer Heimat angepasst haben. Wenn das nicht Fähigkeiten sind, die ein Geländewagen brauchen kann ...
»Crossover«
In der Tat haben sich die Porsche und VW-Entwickler (bei Porsche heißt der Touareg »Cayenne«) nicht lumpen lassen. Mit 475 Zentimetern Länge, 193 Zentimetern Breite und 172 Zentimetern Höhe ist der jüngste Wolfsburger eine imposante Erscheinung. Konkurrenz aus Stuttgart und München ist zwar wesentlich kürzer, dafür aber breiter und höher. Mit den Touareg-Abmessungen versucht VW sich an der Eierlegenden Wollmilchsau. Zum einen vollwertiger Geländewagen, zum anderen aber auch Riesen-Kombi mit Oberklassen-Anspruch. Nicht nur bei VW heißt diese Idee »Crossover« und soll die besten Eigenschaften verschiedener Fahrzeugkonzepte miteinander verbinden.
Für einen echten Wühler sprechen Geländeuntersetzung, drei Sperrdifferentiale, 4-Rad-EDS für die Verteilung der Antriebskraft, eine Steigfähigkeit von 100 Prozent und eine mögliche Querneigung von bis zu 45 Grad.
Zunächst zwei Motoren
Die Fahne der Oberklasse-Reiselimousinen halten neben den Motoren auch noch das Fahrwerk und die Sicherheitsausstattung hoch. Vier Motorisierungen hält VW für den Touareg bereit. Zum Verkaufsstart müssen sich Touareg-Kunden jedoch noch mit zwei Triebwerken begnügen. Neben einem 3,2-Liter-V6-Benziner mit 220 PS, wird auch noch der stärkste PKW-Dieselmotor der Welt im Gelände-VW seine Premiere erleben. Der gewaltige V10-TDI-Selbstzünder vertraut auf die bewährte Pumpe-Düse-Technik und kommt Dank Biturbo-Aufladung auf 313 PS und ein gewaltiges Drehmoment von 750 Newtonmetern. Erst später sollen dann ein V8-Benziner und ein Fünfzylinder-TDI die Motorenpalette ergänzen.
Leistung, die ihren Preis hat. Wer mit einem Touareg und 313 Diesel-PS über die Straßen der Republik galoppieren möchte, muss mindestens 61 000 Euro an VW überweisen.
Zum Verbleib des hauseigenen Zwölfzylinders, der im VW Phaeton Dienst tut, gibt es von offizieller Seite noch keine Aussage. Derzeit sei der W12 »für den Touareg nicht im Gespräch.«
Jochen Knecht