Mit geradezu infernalischer Gnadenlosigkeit und perfider Fantasie metzelt sich der Spieler in der blassen Haut des Spartaners Kratos durch die griechische Mythologie und all ihre Bewohner. Medusen, Minotauren, Zyklopen, Sirenen und Höllenhunde werden zu Hunderten über den Styx geschickt. Mitunter wird das Meucheln gar in speziellen Sequenzen zelebriert - etwa dann, wenn Kratos versucht, einem geschwächten Minotauren in einem virtuellen Kräftemessen seine Sicheln in den Rachen zu rammen oder ein grobschlächtiges Steinwesen per eingeblendeter Tastenkombination unschön zu Feinstaub zu verarbeiten. Sony nennt das Ganze "Active Time Battles" - ein umständlicher Begriff für grandios animierte Dauer-Action mit einer erstaunlichen Monotonie-Resistenz. Als Belohnung für die Neuzugänge in der Unterwelt winken verschiedenfarbige Orbs, die sich gegen neue Fähigkeiten und stärkere Waffen eintauschen lassen.
Dicke Brocken
Göttlich spannend sind die im Vergleich zum Vorgänger deutlich aufgestockten Kämpfe gegen besonders dicke Brocken wie etwa den Koloss von Rhodos im Prolog des Games. Was anderen Titeln zum Höhepunkt gereicht hätte, ist hier nur der Anfang zu einer rund 20-stündigen Tour de force, in deren Verlauf sich das Who-is-Who der griechischen Sagenwelt die Ehre gibt. So trifft Kratos unter anderem auf eine besonders hässliche Gorgone, diverse Titanen und die Helden Theseus und Perseus. Darüber hinaus klaut der kahle Unsympath das Goldene Flies, liefert sich auf dem Rücken von Pegasus rasante Luftgefechte und entreißt Ikarus in einer hollywoodreifen Sequenz seine Flügel. Die Schwingen sehen nicht nur ziemlich schick aus, sondern erweisen sich auch beim Überqueren von Abgründen als überaus nützlich. Last but not least: Mit seinen Sicheln kann sich Kratos im Stile von "Spider-Man" an Haken entlanghangeln oder an Überhängen emporklettern. Fast schon unnötig zu erwähnen, dass er auch dabei eine verdammt gute Figur macht.
Warum er abermals zum Klingentanz bittet, sei hier nur kurz angerissen, um nicht die Freude an den erstklassigen Zwischensequenzen zu nehmen, die die Geschichte vorantreiben. Kratos, der im ersten Teil von "God of War" Kriegsgott Ares in die Knie zwang und dadurch selbst in den Olymp Einzug hielt, wird Opfer einer Verschwörung, die ihn neben seiner Göttlichkeit auch beinahe sein Leben kostet. Sein Ziel: Rache an Zeus! Um das jedoch zu bewerkstelligen, muss er sich zu den Schicksalsgöttinnen aufmachen.
Gänsehautgarantie
Begleitet wird der Kriegsgott a.D. während seiner bildgewaltigen Odyssee durch ebenso beeindruckende wie abwechslungsreiche Polygonkulissen von Orchesterklängen mit Gänsehautgarantie: wuchtig, bebend, bombastisch - Wahnsinn! Zusammen mit dem Effekt-überladenen Grafikfeuerwerk, das einer Next-Gen-Konsole würdig ist, sichert sich "God of War 2" unangefochten den Thron auf dem Genre-Olymp.
God of War 2
Hersteller/Vertrieb | Sony/Sony |
Genre | Action |
Plattform | PlayStation2 |
Preis | ca. 60 Euro |
Altersfreigabe | ab 18 Jahren |
Die Suche nach Kritikpunkten verkommt zur Sisyphus-Arbeit: Man könnte sich über kleinere Bildfehler ärgern, auch Tearing genannt. Oder über die mangelnde mythological correctness, die hier im Sinne der Unterhaltung geopfert wurde. Oder darüber, dass "God of War 2" irgendwann endet: Man giert nach dem Abspann unweigerlich nach mehr, wobei moralische Bedenken hier ebenso fehl am Platz sind wie Kinder vor dem Bildschirm.
Zugegeben, "God of War 2" ist eine blutige Schlachtplatte, gespickt mit Grausamkeiten, ohne die der Titel keinen Deut schlechter wäre. Gleichzeitig ist das Game auch der Inbegriff von Kurzweiligkeit. Die Balance zwischen Action, Schiebe- und Schalterrätsel sowie kleineren Sprung- und Balance-Einlagen stimmt einfach. Frustierende Passagen gibt es nicht, da Speicher- und Rücksetzpunkte fair verteilt sind. Kurzum: "God of War 2" muss man haben!