Scheibes Kolumne Hau dem Orc die Nase platt

stern.de-Mitarbeiter Scheibe hat die Grippe und steht kurz vor dem Ableben. Bevor es allerdings so weit ist, möchte er sich noch einmal als Held aufspielen und so viele Orcs wie möglich mit in den Tod reißen. Wie gut, dass EA das passende Spiel für den Nintendo DS anbietet.

Es geht zu Ende, ganz bestimmt. Um den Schädel spannt sich eine stählerne Manschette, die von unsichtbaren Männchen stetig enger gezogen wird. Im Magen rumort es, als würde ein verrückter Wissenschaftler versuchen, alle inkompatiblen Flüssigkeiten dieser Welt zusammenzurühren. In den Gelenken schmerzt es, als hätte hier jemand Sand eingestreut. Kurzum: Die Grippe ist da. Ich kann nicht mehr am Rechner sitzen und muss zwangsläufig einen Tag frei nehmen. Die Familie ignoriert es geflissentlich. "Dass Männer immer so übertreiben müssen", sagt meine Frau. "Du stirbst schon nicht", meint die Tochter und tätschelt mir den Kopf. Die haben ja alle keine Ahnung. Zum Glück sind sie alle bald weg in der Schule und bei der Arbeit und ich kann mich auf der Wohnzimmercouch ausbreiten. Wenigstens der Hund steht zu mir. Er hockt neben dem Sofa und jault mitfühlend. Oder habe ich nur vergessen, ihn zu füttern?

Hau' das Monster

Egal. Im Fernsehen kommt nix, zum Lesen habe ich viel zu starke Kopfschmerzen. Einfach nur daliegen und auf den Tod warten, ist langweilig. Also greife ich mir den silbernen Nintendo DS, den mein Sohn sonst immer mit Pokemon oder Harry Potter füttert. Bislang habe ich zwar gern mit dem DS gespielt, aber nie sehr lange. Ich verliere eben schnell die Geduld und kann mich schlecht auf Stunden hinaus für ein Autorennen oder eine Knobelaufgabe begeistern. Ich bin halt eher ein alter Hau-das-Monster-Fan. Und da kommt mir genau passend zu meiner Grippe das neue Spiel "Orcs & Elves" ins Haus geschneit. Electronic Arts hat das Spiel von ID-Software für den DS adaptiert.

Ich bin sofort gefesselt. Endlich kann ich mal bequem im Liegen spielen, mit dem DS auf der Brust. Ich bin ein junger Elf, der mit einem Zauberstab und einem Schwert in ein unterirdisches Reich aufbricht, um Orcs, Schleimmonster, Werratten und anderes Gesocks zu vermöbeln. Wie in den alten Klassikern à la "Eye of the Beholder" werden die unterirdischen Gänge und Räume in 3D gezeigt. Das Geschehen wird dabei aus der Sicht der Spielfigur präsentiert, was eine starke Identifikation mit dem Spiel zulässt. Dass ich mich immer nur um 90 Grad drehen und nicht frei durch den Raum laufen kann, kommt mir sehr gelegen. So kann ich mich besser umsehen und schnell einen vollständigen Eindruck von der Umgebung gewinnen.

Wo ist der Heiltrank im echten Leben?

Das Spiel läuft rundenbasiert ab. Treffe ich unterwegs auf einen Gegner, mache erst ich einen Zug, dann unternimmt er seinen. Ein wenig Taktik ist da gefragt. Den weiter entfernten Monstern brenne ich erst mit dem Zauberstab eins über, bevor ich per Tastendruck zum Schwert wechsle, um dem Gegner damit eine neue Kerbe in die Stirn zu prügeln. Der Kampf wird sehr schön im oberen DS-Bildschirm visualisiert, der unsere zeigt wie beim Herabsehen am eigenen Körper den Gürtel mit daran hängenden Beuteln, Bechern und anderen Gegenständen. Wichtig sind hier die Tränke. Bekomme ich bei einem Kampf selbst zu viele Beulen ab, gluckere ich schnell einen zuvor eingesammelten Heiltrank. Auch Stärkezauber, Immunisierungstränke gegen Gift und Schnelligkeitszauber kann ich so aktivieren. Schade, dass es so einen Heiltrank nicht im echten Leben gibt: Meine Grippe wäre sofort verschwunden.

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In seiner Freizeit geht Carsten Scheibe golfen - und arbeitet daran, dass der Golfball auf der selben Bahn ankommt, von der er abschlägt. Wenn's mit dem Spielen nicht so gut klappt, schreibt er lieber - für das eigene, kostenfrei in den Golf-Clubs ausliegende Magazin "Mein Golf-Heft". Das gibt's mit allen Artikeln auch im Internet. Natürlich ist der PC auch hier ein Thema.

Während der Grippe-Vormittag langsam vorübergeht, bin ich zwar noch nicht in echt gestorben, doch dafür schon zahllose Male in der Spielewelt. Zum Glück kann ich speichern. "Orcs & Elves" ist wunderbar geradlinig. Um in den 12 riesigen Leveln voranzukommen, müssen eben einfach alle Gänge erkundet und alle Monster erschlagen werden. Zum Glück muss ich nicht ewig knobeln. Die Geheimcodes für verriegelte Türen bekomme ich leicht von auskunftsfreudigen Zwergen, ansonsten muss ich nur ab und zu ein paar Hebel umlegen. Das kommt mir sehr zupass, denn ich kann eh kaum klar denken und hab stattdessen viel Spaß, mich einfach durch die Level zu prügeln und unterwegs viele neue Zaubertränke, Waffen und andere Gimmicks zu finden. In jedem Level kommen auch neue Monster hinzu, sodass die Herausforderung stetig ansteigt. Natürlich gibt es auch ein eigenes Entwicklungsmodell, sodass die eigene Spielfigur stetig stärker wird und auch der Zauberstab viele neue Tricks lernt.

Ich denke, dass ich bestimmt 20 Stunden brauchen werde, um mich durch das ganze Spiel zu prügeln. Das ist gut so, denn bei einem Preis von 26,95 Euro ist das ein mehr als faires Entgelt für meine Unterhaltung. Ich denke, wenn ich wieder einmal krank werde, nehme ich den Nintendo DS gleich wieder mit ins Bett.

Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania

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