Während auf RTL der Werbespot für den VW Sharan läuft, fragt der Fernseher den Zuschauer über eine kleine Einblendung: "Hallo Tom, willst du eine Probefahrt buchen?" Nun reicht es, ein paar Knöpfe auf der Fernbedienung zu drücken und eine vierstellige Pin-Nummer einzugeben. Dann ermittelt VW einen Händler in Toms Nähe und schickt ihm dessen Kontaktdaten, damit er Tom anrufen und eine Probefahrt vereinbaren kann. Tom hat sich während der ganzen Prozedur keinen Millimeter von seiner Fernsehcouch wegbewegt.
Gefunden in ...
... der Online-Ausgabe der "Financial Times Deutschland"
Die schöne neue Welt des Internetfernsehens ermöglicht es Fernsehsendern und anderen Inhalteanbietern, den Zuschauer mit Informationen und Angeboten aus dem Netz zu füttern - und damit Geld zu verdienen. Der Nutzer kann wie beim Smartphone über kleine Dienstprogramme auf Facebook oder Twitter surfen, sich aktuelle Nachrichten auf den Bildschirm holen, Musik und Videos runterladen oder Zusatzinfos zum laufenden Programm aus dem Netz ziehen. 1,2 Millionen internetfähige Fernsehgeräte gibt es nach Schätzungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Deutschland, bis zum Ende des Jahres sollen es 2.5 Millionen werden.
Wer daraus Geld machen will, muss allerdings erstmal an Kundendaten kommen. "Am Rechner ein Konto zu erstellen, wo man eine Tastatur hat, ist nicht schwer", sagt Andreas Karanas, Geschäftsführer der Firma Teveo. "Am Fernseher hat man nur die Fernbedienung. Da muss man den Anmeldeprozess so einfach wie möglich gestalten."
Teveos Idee: Das Unternehmen nimmt Anbietern das Sammeln der Kundendaten und das Managen des Bezahlvorgangs ab, wie es etwa Ebays Tochter Paypal im Internet tut. Wer einmal im Netz alle Daten angegeben hat, bekommt eine Pin-Nummer und kann sich mit dieser bei jedem Anbieter anmelden, der Teveos kostenlosen Dienst ID-TV anbietet. Auch Bernd Kundrun ist als Investor an dem Unternehmen beteiligt. Er ist ehemaliger Geschäftsführer des Verlags Gruner + Jahr, der auch die Financial Times Deutschland herausgibt.
Der Sharan-Spot ist eine Kooperation von RTL, Volkswagen und Teveo. Pünktlich zur IFA soll er demonstrieren, welche neuen Möglichkeiten Werbung im Internetfernsehen bietet. Außer mit VW kooperiert Teveo auch mit Sony Music und dem Musiksender Yavido: Wenn dort ein Clip eines Sony-Künstlers läuft, kann man demnächst über TV-ID vom Fernseher aus die CD kaufen.
Noch ist die Welt des Internet-TVs neu und spärlich besiedelt. Ab November will Teveo seine Dienste offiziell anbieten - erst einmal zu Sparpreisen, um in den Markt zu kommen. Viele große Inhalteanbieter, etwa Videoportale oder große Internet-Händler wie Amazon, dürften allerdings auch in Zukunft daran interessiert sein, dass sich der Kunde direkt bei ihnen anmeldet. So erhalten sie Kundendaten, die sie werbewirksam einsetzen können, etwa durch personalisierte Angebote. Außerdem binden sie den Kunden an eine Plattform.
Der größte Feind ist die Ahnungslosigkeit der Kunden
Bestes Beispiel ist Apple . Das Unternehmen hat sich mit iTunes ein ganzes Ökosystem von Inhalten für die verschiedensten Endgeräte geschaffen. Mit dem Internet-Angebot Apple-TV machen sie sich auch auf dem Fernseher breit - und stellen sicher, dass keine Gelder zu anderen Anbietern abfließen.
Teveo will sich ähnlich finanzieren wie die Anbieter von Internetwerbung: Für den Anwender kostet der Dienst nichts. Der Anbieter zahlt auf Provisionsbasis - für jeden Kunden, der sich für einen Dienst anmeldet, für jeden Bezahlvorgang. Noch besetzt Teveo eine Marktnische. "Bei Bezahlsystemen für Internetangebote auf dem Fernseher herrscht noch großer Handlungsbedarf am Markt", sagt Michael Schidlack, Experte für Unterhaltungselektronik beim Branchenverband Bitkom. Allerdings könnten auch erfolgreiche Internet-Lösungen wie Paypal für Internet-Fernseher angepasst werden.
Eine weitere Alternative: der elektronische Personalausweis, mit dem man sich ab November im Netz ausweisen kann. Theoretisch lässt er sich um eine Bezahlfunktion erweitern. Momentan kämpft Teveo, ebenso wie andere Anbieter, jedoch in erster Linie mit dem Unwissen der Nutzer. Selbst Karanas räumt ein: "Noch ist den Kunden nicht ganz klar, was sie alles mit ihrem Fernseher machen können." Laut einer aktuellen Bitkom-Umfrage hat die Hälfte der Bevölkerung überhaupt kein Interesse an Internetfernsehen.
Lesen Sie dazu auch bei unserem Partner in der Schweiz, 20 Minuten Online: "Trends auf der IFA 2010: 3D-Fernsehen oder Brille oder Bildschirm"