In einer ehemaligen Kaserne in Mainz wird heute Deutschlands digitale Zukunft entschieden. Dort versteigert die Bundesnetzagentur seit 10 Uhr die Frequenzen für den LTE-Nachfolger 5G. Es ist auch eine Entscheidung über Deutschlands Zukunft. Denn der neue Standard verspricht nicht nur schnelleres Surfen - er soll dabei helfen, unsere Gesellschaft komplett zu digitalisieren.
Das Potenzial von 5G ist gewaltig. Nicht mehr nur Smartphone und PC, sondern nahezu alle Geräte könnten mit dem neuen Standard ins Netz. Vor allem für Städte und die Industrie werden dadurch völlig neue Möglichkeiten geöffnet. Etwa Mülleimer, die der Stadtreinigung melden, ob sie geleert werden müssen oder nicht, automatische Verkehrsführung bei Staus oder Fertigungsanlagen, die selbstständig funken, welche Teile gewartet werden müssen. Winzige Funksender machen das alles bereits möglich, nur die 5G-Infrastruktur fehlt noch. "Die Frequenzauktion ist der bislang wichtigste Meilenstein auf Deutschlands Weg in das 5G-Zeitalter", erklärte Bitkom-Präsident Achim Berg.
Absurde Geheimhaltung bei 5G
Die Infrastruktur sollen die Netzbetreiber aufbauen, die nun um die Frequenzen bieten. Die Geheimhaltung bei der Auktion erscheint geradezu absurd hoch. Die Bieter Telekom, Vodafone, Telefónica und Drillisch, unter anderem Betreiber von 1&1, sitzen alle in eigenen Räumen mit abgeklebten Fenstern, Handys und Internet sind verboten, um Absprachen zu verhindern. Über eine Standleitung zu Teams in der Firmenzentrale - dort ebenfalls abgeschottet - wird nach außen kommuniziert, über ein lokales Netzwerk die Gebote für insgesamt 41 Blöcke neuer Funkfrequenzen abgegeben.
Wie viel die Auktionen einbringen, muss sich zeigen. Die Auktion für den 3G-Standard UMTS gilt noch heute als Katastrophe für den deutschen Mobilfunk. Damals hatten sich die Provider in einer Bieterschlacht immer weiter hochgeschaukelt. Am Ende landeten zwar 50 Milliarden Euro in der Staatskasse, den Anbietern fehlte aber das Geld zum Netzausbau. Zudem mussten sie sich das Geld von den Kunden über hohe Gebühren wieder hereinholen. Die Auktion gilt daher als wichtigster Grund dafür, dass das deutsche Netz im Vergleich zu anderen Ländern recht schlecht ausgebaut, langsam und teuer ist.
Die Katastrophe verhindern
Sollte es beim 5G-Netzwerk ähnlich kommen, dürfte Deutschland digital endgültig abgehängt werden. Schon heute sind wir längst nicht auf dem neuesten Stand. Erste Städte etwa in China sind schon viel stärker vernetzt. Zum Glück wird es aber wohl nicht soweit kommen. Insgesamt werden für die Frequenzen etwa drei bis fünf Milliarden an Einnahmen erwartet, 2015 waren für die LTE-Frequenzen gut fünf Milliarden gezahlt worden. Die erste Bietrunde wurde mit 288,3 Millionen beendet, vor allem Drillisch preschte nach vorne. Nun wird ´´
Um die Auktion hatte es im Vorfeld viel Streit gegeben. Die etablierten Netzbetreiber wollten die Teilnahme Drillischs verhindern, alle drei hatten deshalb und wegen der ihrer Ansicht nach zu hohen Auflagen beim Netzausbau geklagt. Am Freitag wurden Eilanträge der Konzerne abgelehnt und so der Weg für die Auktionen frei gemacht. Trotzdem kann sich auch nach Abschluss des in der Vergangenheit drei bis sechs Wochen langen Bietprozesses etwas ändern, die Klagen laufen nach wie vor.
Klage gegen die Auflagen
Die Auflagen der Bundesnetzagentur sind dabei schärfer, als anfänglich angekündigt. Bis 2022 sollen die erfolgreichen Bieter für 98 Prozent der Haushalte sowie die Autobahnen, die wichtigsten Bundesstraßen und Schienenwege mit einer mobilen Internetverbindung von mindestens 100 Mbit/s versorgen. Bis 2024 sollen dann die übrigen Bundesstraßen folgen, für die Landesstraßen, die Seewege und Häfen wird zumindest die halbe Geschwindigkeit verlangt. Das wichtigste Entgegenkommen gegenüber den Providern: Sie müssen dafür nicht die 5G-Frequenzen nutzen, es reicht vorerst auch schnelles LTE.
Ebenfalls umstritten sind die Auflagen der Agentur zum Nationalen Roaming und der Diensteanbieterverpflichtung. Ersteres verpflichtet die Betreiber, die jetzt schon ein eigenes Netz betreiben, dieses den Neueinsteiger mitnutzen zu lassen, während der sein eigenes Netz ausbaut. Bei Zweiterem werden die Betreiber gezwungen, ihre Netze auch den Konkurrenten anzubieten, die kein eigenes Netz aufbauen. Beides wollen die Betreiber am liebsten kippen. Sollten ihre Klagen erfolgreich sein, würde das auch die Auktion hinfällig machen. Und die Digitalisierung Deutschlands würde sich noch einmal nach hinten verschieben.
