Vergeblich sucht man im Internet eine richtige Gerhard-Schröder-Fanpage. Keiner findet den Gerd so richtig zum Anbeißen oder hat private Fotos, die nach einer Rede in einem badischen Weindorf entstanden sind. Nichts, was einen als Bild-Leser interessieren könnte, nicht einmal eine Aufnahme von Gerd und Doris oder wenigstens von Hillu. Auf der offiziellen Seite des Kanzlers gibt es gerade einmal ein einziges Foto aus der Kindheit, und das zeigt, in schwarz-weiß, ein paar Kinder beim Fußballspielen. Man kann den kleinen Gerd, den sie damals als Stürmerwunder »Acker« nannten, nicht einmal erkennen.
Die Seite wirkt eher etwas staatsmännisch-bieder. Es stehen Aufgaben, Amt und Arbeit des Bundeskanzlers im Vordergrund. Wo der Herausforderer Edmund Stoiber dem Leser praktisch sein gesamtes Innen- und Privatleben offenbart, da gibt es bei Schröder nur einen knappen Satz: »Schröder ist in vierter Ehe mit Doris Schröder-Köpf (38) verheiratet.« Also nichts neues.
Findulin, der IT-Adler
Ganz toll ist natürlich »Findulin, der IT-Adler«, der einem bei jeder Frage weiter hilft. Wenn man ihn zum Beispiel fragt, wie der Gerd den Joschka findet, bekommt man zur Antwort: »Der Bundeskanzler ist übrigens als einziges Mitglied der Bundesregierung direkt vom Bundestag gewählt.« Die Frage, was »Findulin« den Steuerzahler gekostet hat, beantwortete er mit »Ja?«. Vielleicht weiß er es ja nicht besser - oder er ist einfach ziemlich raffiniert.
Auf spd.de erfährt man als Erstes, dass es mit der Partei stetig bergauf geht, und man kann sich alle erdenklichen Wahlkampfplakate angucken, herunterladen und ausdrucken. »Wir tun was für Deutschland« heißt es da. Leider wird nicht gesagt, ob es etwas Gutes oder Schlechtes sein wird. Vielleicht wissen sie das aber auch selbst noch nicht so genau.
Alles aus dem Image-Shop
Einen Klick, den man nicht verpassen darf, ist die SPD-Card. »Da steckt viel drin«, weiß auch Generalsekräter Franz »Münti« Münterfering und legt sie allen ans Herz, da jeder damit auch »Freunde und Bekannte überzeugen kann.« Neu im »Image-Shop« sind die SPD-Taschentücher. Vielleicht in weiser Voraussicht, denn die könnten den Genossen am Wahlabend noch gute Dienste leisten
Sammlung der Peinlichkeiten
Die Websozis beschäftigt insgesamt weniger die eigene Partei als der Gegner. Allerlei Gemeinheiten muss man sich da auf der Seite der Jusos angucken. Da wird Schindluder getrieben mit den sprachlichen Schwächen des bayerisches Ministerpräsidenten oder man wird auf Seiten wie nicht-regierungsfaehig.de gelinkt, die im SPD-Design (und auf SPD-Servern) so manches Schlechte über Edmund Stoiber zu berichten hat.
Auf all diesen Seiten findet man alles rund um den Kanzlerkandidaten der Union, aber nur spärlich fließen die Informationen über den amtierenden Bundeskanzler. Die Jusos aus Bayern stellen das »Schwarzbuch Stoiber« ins Netz, wo hingegen die Jusos-NRW wenigstens etwas positiver an die Sache herangehen und unter nimm-mich.info von wem auch immer genommen werden wollen. Der Domainname hat natürlich eine gewisse Porno-Anmutung, aber vielleicht zieht das noch mehr Surfer in den virtuellen Ortsverein.
Sascha singt für Schröder
Wer prominent, ist kann natürlich auch den Kanzler unterstützen. Sascha will einen Wahlkampfsong singen, und Heidi Kabel unterstützt unter wirfuerschroeder.de ebenso den Gerd wie Schlagersänger Drafi Deutscher und Klaus Meine von den Scorpions. Bei dieser »namenhaften« Unterstützung könnte man fast denken, dass es sich um eine Seite der Unionsparteien handelt.
Brüder, zur Sonne, zur Freiheit
Allen Sozis wärmstens zu empfehlen ist am Ende noch die Seite Arbeiterlieder-online, die neben den Texten für »Die Internationale« & Co. auch MP3-Dateien und Grifftabellen für die Gitarre zur Verfügung stellt. Damit ist man dann am nächsten 1. Mai so richtig gut gerüstet. Wer hoch hinaus will, kann sich im SPD-Shop auch noch das »fast ökologische Rednerpult« bestellen, das zum Glück auch einer heißen Wahlkampfphase standhält, denn es ist »schwer entflammbar«. Wen es nach der Wahl nicht in der Partei hält, muss sich keine Sorgen machen - alle Logos sind »jederzeit austauschbar«.
Torsten Beeck