Der Schrotthaufen der Geschichte ist voll von Geräten, die einen nicht bestehenden Markt zu erkennen glaubten oder ihn gar schaffen wollten. Vor knapp einem Jahrtausend war der Palm eine Zeit lang extrem hip. Das war, Ältere erinnern sich vielleicht noch, als Telefone telefonierten und PCs computerten. Da war ein Westentaschengerät ausgesprochen praktisch, alle Termine und Kontakte im Griff. Doch dann lernten die Handy schneller dazu als Primaten bei Hochwasser, und vorbei war's mit der Herrlichkeit.
Dann kam die nächste Hybrid-Generation namens Tablet-PC. Teuer wie die Großen, handlich wie die Kleinen. Wollte nur niemand haben. Warum auch? Nicht Fisch, nicht Fleisch, von allem ein bisschen und nichts richtig. Jetzt also der nächste Versuch.
Fleischige Finger contra Knubbeltasten
Nokia versucht sich an einem Gerät, das ausdrücklich kein Telefon ist. Man kann zwar mit ihm reden, vielleicht auch fluchen, wenn fleischige Finger an den Knubbeltasten vorbei drücken. Nur telefonieren eben nicht. Ein Tablet ist der Kleine, sieht schick aus und kann per drahtlosem Netzwerk ins Internet gehen. Also überall da, wo es Wireless LAN auch gibt. Sonst nicht. Pardon, selbstredend kann das 770 auch Bluetooth. Wer also sein Handy daneben legt, kann mobil surfen, vorausgesetzt, die Kreditlinie der Hausbank gibt das her. Um die Liquidität ihrer Kunden zu schonen, wurde die Akkulaufzeit netterweise auf drei Stunden "Dauer"-Surfen begrenzt.
Guido Augustin
Kolumnist für stern.de seit 1997 - und das A der H&A medien: Redaktion, Public Relations und Online-Konzepte.
Und so wird der Gameboy der New Economy wohl erst wenige Regale der Läden und dann viele der Altlagerhallen füllen. Denn die New Economy gibt es nicht mehr, liebe Nokia-Manager. Es ist ja schön, liebe Finnen, dass ihr mit euren Handys so viel Geld verdient, um so ein Spaßteil zu entwickeln. Ehrlich, kein Neid. Ich hätte aber einen anderen Vorschlag für Investitionen.
Wie wäre es mit Qualität?
Erfindet doch mal ein Handy, das alles kann, was heute gefragt ist, also UMTS, 2-Megapixel-Kamera und ordentlicher Organizer, das Ganze in schickem Design, mit langer Akkulaufzeit und guter Tonqualität. Habt ihr schon? Na gut, dann verpackt das Wunderwerk in eine robuste Metallschale, die nicht nach ein paar Monaten knarzt oder die Tasten verliert. Ein Qualitätsteil, das nicht zum Sperrmüll des Folgejahres gehört, das sich nicht anfühlt wie das Telefon von Fisher Price. Das wäre eine echte Marktlücke.