Internet Sie bilden es sich nicht ein: Studie zeigt, wie stark sich die Google-Suche verschlechtert hat

Auch wenn sich am Design von Google in den vergangenen 25 kaum etwas geändert hat: Die Unternehmen hat sich von einer Suchmaschine zu einem der größten Konzerne der Welt entwickelt.
Auch wenn sich am Design von Google in den vergangenen 25 kaum etwas geändert hat: Die Unternehmen hat sich von einer Suchmaschine zu einem der größten Konzerne der Welt entwickelt.
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Die Google-Suche war lange die Referenz, um im Internet sinnvolle Informationen zu finden. Doch dieser Ruf leidet in den letzten Jahren. Eine Studie zeigt nun: Der Eindruck täuscht nicht. Und warnt, dass es noch deutlich schlimmer werden könnte.

Will man im Internet etwas finden, dann googelt man es eben. Und was bei Google und den anderen Suchmaschinen oben landete, das war lange Zeit auch die beste Antwort auf ihre Fragen. Doch das hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Immer öfter landen schlechte Texte ganz oben, die den Nutzern eigentlich nur etwas verkaufen wollen. Und lassen die wirklich guten Inhalte weit hinten in den Suchergebnissen verschwinden. Doch nicht nur Google leidet unter diesem Problem. Und es könnte noch deutlich schlimmer werden.

Diesen Eindruck haben nicht nur viele Internetnutzer, er lässt sich tatsächlich nachweisen, wie eine aktuelle Studie der Bauhaus-Universität Weimar belegt. Ein Jahr lang hatte eine Forschungsgruppe die Suchergebnisse von fast 7400 Suchanfragen nach konkreten Produktbewertungen ausgewertet. Das Ergebnis: Die von Google und anderen Suchmaschinen wie Bing oder Duckduckgo gelieferten Suchergebnisse bestanden zu einem großen Teil nicht aus für Nutzer sinnvollen Informationen. Sondern aus billig zusammengeschusterten Versuchen, aus den Suchergebnissen Geld zu machen. 

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Google Maps: Diese fünf Orte sind in der App zensiert – und das sind die Gründe
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Exzessiver Einsatz legitimer Tricks

Dazu bedienen sich die Betreiber zahlreicher Tricks. Obwohl niemand ganz genau weiß, wie der Google-Algorithmus Seiten bewertet, gibt es Methoden, um das eigene Ranking nach oben zu treiben. Diese SEO genannte Suchmaschinen-Optimierung ist zunächst nichts Verwerfliches: Auch seriöse Seiten wie der stern nutzen sie, um Texte besser auffindbar zu machen. Eine zunehmende Anzahl von Seiten legt dabei aber immer weniger Wert darauf, dass die Texte gut lesbar, inhaltlich verständlich oder auch nur korrekt sind – und schieben sich mit skrupellos nach SEO-Kriterien zusammengeschusterten Texten nach oben.

Der Grund dafür ist schnell erklärt: Der Großteil dieser Texte enthält sogenannte Affiliate-Links, also Verlinkungen auf Händler wie Amazon. Klickt ein Leser die an und kauft etwas, erhält der Seitenbetreiber einen Anteil. Auch das ist an sich eine legitime Praxis. In den Suchergebnissen landen aber immer häufiger Seiten oben, die keine andere Ziele als den Verkauf haben. Und deshalb die Richtigkeit und die Qualität der um die Links gelieferten Informationen vernachlässigen oder sogar ignorieren.

Die Qualität sinkt

Das lässt sich nach Angaben der Forscher konkret nachweisen. Die Sprache der Seiten ist deutlich auf die von den Suchmaschinen erwarteten Schlagwörter ausgerichtet, nicht mehr auf menschliche Leser. Oft handelt es sich schlicht um Übersetzungen von eigentlich in anderen Sprachen verfassten Texten. Und: Je weiter oben die Texte landen, desto offensichtlicher werden die Probleme. "Zusammenfassend lässt sich sagen, dass höher platzierte Seiten im Durchschnitt besser optimiert sind, mehr mit Affiliate-Marketing finanziert werden und Anzeichen einer geringeren Textqualität aufweisen", ziehen die Forscher ihr harsches Fazit. 

Und sie sehen einen klaren Zusammenhang zwischen der Qualität der Texte und dem Affiliate-Geschäft. "Wir beobachten außerdem eine umgekehrte Beziehung zwischen der Nutzung von Affiliate-Marketing und der Komplexität der Inhalte." Seiten, die exzessiv auf Affilate-Einnahmen setzen, sind also nicht nur sprachlich stärker auf Suchmaschinen optimiert, sie bieten auch deutlich weniger relevante Informationen zu den Themen. 

Dabei zeigen die Forscher klar auf, dass es sich um ein systemisches Problem handelt: Obwohl nur ein Bruchteil der Webseiten mit Produkttests Affiliate-Links verwenden, sind es unter den Top20-Treffern die deutliche Mehrheit.

Die große Welle kommmt noch

Eine einfache Lösung ist nicht in Sicht – im Gegenteil. Denn obwohl alle Suchmaschinen mit Updates versuchen, die Spam-Inhalte zu bekämpfen – und Google sich im letzten Jahr laut der Studie sogar wieder leicht verbessern konnte –, sind die Erfolge immer nur von kurzer Dauer. Die Betreiber passen ihre Strategien einfach immer wieder an. "SEO ist ein ständiger Kampf, und wir sehen immer wieder, wie Spam-Bewertungen in den Ergebnissen auftauchen und wieder verschwinden, weil Suchmaschinen und SEO-Ingenieure ihre Parameter abwechselnd anpassen", erklären die Forscher.

Google fühlt sich indes falsch verstanden. "Diese Studie befasste sich nur mit den Inhalten von Produktrezensionen und spiegelt nicht die allgemeine Qualität und Nützlichkeit von Search für die Milliarden von Suchanfragen wider, die wir jeden Tag sehen", sagte ein Sprecher des Konzerns gegenüber "Gizmodo". "Wir haben spezifische Verbesserungen eingeführt, um diese Probleme anzugehen", betonte er. 

In Zukunft könnte sich das Problem eher noch verschärfen. Denn obwohl im Studien-Zeitraum bereits Texterstellungs-KI wie ChatGPt zur Verfügung stand, explodierte deren Einsatz erst in den letzten Monaten. Es sei zu befürchten, dass ein flächendeckender Einsatz von KI die aktuellen Probleme nur noch weiter befeuert, geben sich die Wissenschafter entsprechend pessimistisch. Und fordern eine größere Aufmerksamkeit durch die Suchmaschinen-Betreiber. "Der dynamische, konkurrierende Spam in Form von minderwertigen, massenhaft produzierten kommerziellen Inhalten hat mehr Aufmerksamkeit verdient." Aber nicht die der Leser.

 

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