Huawei war auf dem besten Weg, die Technologiewelt zu erobern. Der Konzern schielte auf den Smartphone-Thron, war bereit, die Welt mit seinem fortschrittlichen 5G-Netzwerk zu umspannen. Doch dann wurde der Konzern zum Spielball im Handelskrieg zwischen den USA und China. Mit Spionagevorwürfen und Handelsembargos vermiest die Trump-Regierung dem Konzern das Geschäft, bald könnten selbst die Smartphone-Chips ausgehen. Die ZDF-Doku "Weltmacht Huawei - Hightech-Riese unter Spionageverdacht" versucht nun, der Frage nachzugehen, was an den Vorwürfen dran ist. Und zeigt dabei, dass es eigentlich um etwas ganz anderes geht.
Die Dokumentation besucht den Konzern in der Heimat Shenzhen, führt den Zuschauer über den Europa nachgebauten Campus, in die Labore und Fabriken, lässt Mitarbeiter zu Wort kommen und liefert so faszinierende Einblicke in die Entstehung der Produkte, die so sonst wenige Personen erhalten. Doch auch den Problemen um Huawei wird viel Platz eingeräumt. Schließlich befindet sich der Hightech-Riese im Zentrum einer hitzigen Debatte mit der Frage: Wie sehr kann man dem Konzern überhaupt trauen?
Vielschichtiges Misstrauen
Die Gründe für das Misstrauen sind vielfältig. So heißt es immer wieder, dass ein chinesisches Unternehmen sich nicht gegen Anfragen der dortigen Regierung oder der Geheimdienste wehren könnte, wenn diese Daten anfragen. Das Unternehmen wäre damit quasi immer ein verlängerter Arm der Regierung. Die Überwachungssysteme des Konzerns für chinesische Großstädte sind ebenso Thema wie die Vergangenheit des Gründers Ren Zhengfei als Ingenieur in den chinesischen Streitkräften und die unklaren Besitzverhältnisse des Konzerns.
Alle diese Faktoren schüren in der US-Politik Angst. Schließlich sei denkbar, dass die Nähe des Gründers zur Regierung von der genutzt werden könnte, um Spionagesoftware zu installieren oder Hintertüren einzubauen, erklären gleich mehrere Experten mit unterschiedlichsten Hintergründen im Bericht. Beweise dafür bleiben allerdings in der Regel aus. Hinzu kommen zahlreiche Vorwürfe, das Unternehmen würde seinen technischen Vorsprung auch durch den Diebstahl von Technologien ausbauen. Huawei dreht den Spieß indes um: Die eigenen Smartphones seien vielleicht zu sicher, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens. "Die USA können dann nicht mehr die eigene Bevölkerung und die anderer Länder ausspionieren."

5G als Schlachtfeld der Moderne
Das Bedrohungsgefühl basiert vor allem auf den Geschäftsfeldern Huaweis. Smartphones und Laptops enthalten unsere persönlichsten Daten, eine Hintertür wäre für fremde Geheimdienste eine direkte Tür in unser Leben. Noch viel schwerer wiegt aber das Thema der 5G-Technologie. Huawei ist hier so weit wie niemand anders, macht die Doku klar.
Aillan Juilett, der ehemalige französische Geheimdienstchef macht klar, warum dieser Vorsprung so wichtig ist. "Der Unterschied zwischen 4G und 5G ist so groß wie der zwischen einer Ente und einem Ferrari", ist er sich sicher. "4G ist die Weiterentwicklung von 2G und 3G, eine Verbesserung. 5G ist aus meiner Sicht eine völlig neue Technologie." Daher würde auch die Verunsicherung der USA rühren: Während die Amerikaner die Vorgänger-Technologien mit entwickelt und dabei die Chinesen abgehängt hätten, wäre es bei 5G genau andersherum.
Hinzu kommt das enorme Potenzial der Technologie: 5G werde ganze Wirtschaftszweige verändern, ist sich der Wirtschaftsexperte Stéphane Dubreuil sicher. "Deshalb ist es von so großem geopolitischem Interesse. Wer es beherrscht, wird einen großen Teil der Wirtschaft von Morgen beherrschen."
Huawei als Stellvertreter
Am Ende geht es also letztlich um mehr, zeigt die Dokumentation. Huawei steht wie kein Unternehmen für die neue Stärke Chinas und zeigt, wie es dem fernöstlichen Giganten langsam aber sicher gelingt, die Vorherrschaft der USA anzufechten. "Wäre Huawei ein Unternehmen aus Brasilien, aus Indien oder Europa – es würde niemanden interessieren", ist sich der Technologie-Experte des Strategie-Thinktanks CSIS sicher. "Aber Huawei ist Teil dieser aggressiven chinesischen Handelspolitik, die auch vor Spionage nicht zurückschreckt." Darum habe es Washington auf sie abgesehen.
"Bei Freunden neigt man dazu, die Augen zu verschließen", erklärt Geheimdienstler Juillet etwas schmunzelnd. "Aber bei Gegnern schimpft man umso lauter."
Die Dokumentation "Weltmacht Huawei - Hightech-Riese unter Spionageverdacht" läuft heute Abend um 20:15 auf ZDF Info.