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Handelskrieg Gravierende Folge des Trump-Banns: Stößt Huawei seine Sparte für Premium-Smartphones ab?

Handelskrieg: Das Huawei Mate 40 könnte das letzte Premium-Smartphone des Konzerns sein
Das Huawei Mate 40 könnte das letzte Premium-Smartphone des Konzerns sein
© Long Wei/ / Picture Alliance
Seit fast zwei Jahren leidet Huawei unter dem von Donald Trump beschlossenen Handelsembargo. Nun soll der Konzern über einen unerwarteten Schritt verhandeln.

Es traf Huawei zur denkbar schlechtesten Zeit: Der Shootingstar der chinesischen Technologie-Branche war kurz davor, Samsung als größten Smartphone-Konzern der Welt zu überholen, als Donald Trump ihm einen Stock zwischen die Beine warf. Das Handelsembargo und seine Folgen haben das internationale Geschäft des Konzerns stark beschädigt, seit September wurde die Lage noch komplizierter. Nun scheint Huawei sogar den Verkauf seiner P- und Mate-Serie zu erwägen.

Der Konzern befinde sich bereits in Verkaufsverhandlungen, berichteten zwei Insider gegenüber der Nachrichten-Agentur "Reuters". Demnach sei der in der chinesischen Sonderhandelszone Shenzhen beheimatete Konzern in Gesprächen mit einem Konsortium von Investment-Firmen aus Shanghai. Die auch durch die chinesische Regierung finanzierten Investoren sollen demnach eine Übernahme des Premium-Segments, also der Smartphones der P- und der Mate-Serie, erwägen. Das Führungsteam der beiden Smartphone-Reihen solle dabei erhalten bleiben. Erste Überlegungen zum Verkauf gebe es demnach seit September.

Vom Regen in die Traufe

Zu genau diesem Zeitpunkt hatte sich die Situation Huaweis in der Tat noch einmal verschärft. Zwar entschied sich die Trump-Administration bereits im Mai 2019 zum ersten Mal, den chinesischen Konzern gemeinsam mit dem deutlich unbekannteren Konkurrenten ZTE auf eine schwarze Liste zu setzen. Damals betraf das Embargo aber vor allem die Zusammenarbeit mit Google. Der Verlust der Google- Dienste auf dem System Android brachte dem Konzern deutliche Verkaufseinbußen auf dem europäischen Markt ein, der Erfolg in der Heimat China, wo Huawei seine Smartphones ohnehin ohne Google-Unterstützung anbot, konnte das aber ausgleichen.

Seit dem Sommer hat sich die Situation allerdings drastisch verschärft. Der einfache Grund: Die USA erweiterten das Handelsembargo auf Güter, die mit Hilfe von US-Technologie produziert wurden - und das betrifft nahezu alle Hersteller von Prozessoren, Speicherchips und weiteren Bauteilen. Die Teilevorräte, die Huawei in weiser Voraussicht aufgebaut hatte, neigten sich gleichzeitig langsam dem Ende zu. Sogar die selbst entwickelten Chips der Kirin-Reihe konnte man nicht mehr fertigen, weil sie zwar von Huawei entwickelt, aber im Auftrag von Drittfirmen produziert wurden. So verkündete der Chef der Consumer-Sparte Richard Yu düster, dass der im Sommer vorgestellte Kirin 980 vermutlich der letzte sein dürfte.

Aufstieg und Fall einer Weltmarke

Der Verkauf könnte nun der Versuch sein, die beiden Smartphone-Reihen und ihren hervorragenden Ruf zu retten. Im Herbst war Huawei bei der auf Budget-Geräte spezialisierten Tochterfirma Honor denselben Schritt gegangen, das Unternehmen hatte Anfang des Jahres das erste Smartphone vorgestellt, dass nicht unter der Herrschaft von Huawei auf den Markt kommt. 

Der Verkauf der P- und Mate-Serie wäre aber ein deutlich drastischerer Schritt. Mit den beiden Marken konnte sich der einst als Lidl-Auftragsfertiger bekannt gewordene Konzern in nur wenigen Jahren als Premiumhersteller etablieren. Die Serien sind weltweit für ein markantes Design, starke Verarbeitung und viele Innovationen wie die erste Doppelkamera, einen echten optischen Zoom und zuletzt das erste Faltdisplay bekannt gewesen.

Sollte Huawei die Serien abstoßen, blieb dem Konzern in Bezug auf Smartphones nur das Geschäft mit den eher unbekannten Mittelklassereihen. Das wäre ein dramatischer Rückschritt. Hatte man sich mit den Top-Geräten seinen Platz zwischen den wenigen echten Premium-Marken erkämpft, wäre man dann wieder nur einer von vielen. Und: Auch Huaweis Mittelklasse profitierte vom Glanz der Spitzenmodelle. Ohne ihn wären sie nur weitere Geräte aus der Flut aus Mittelklasse- und Einsteiger-Smartphones, die sich aus den Hunderten Fabriken in der Heimat China ergießt.

Düstere Aussichten

Auf der anderen Seite könnte der Schritt aber eben die Marken retten. Mit einem Verkauf könnten die P- und die Mate-Serie außerhalb des Embargos gebaut und angeboten werden. Bei Huawei selbst ist das kaum denkbar. Nachdem Huawei im zweiten Quartal 2020 wegen der sinkenden Nachfrage durch die Coronapandemie überraschend Samsung als größten Smartphone-Hersteller überholt hatte, sehen die Prognosen für das laufende Jahr düster aus. Nach Einschätzung der Analysten von Trendforce könnte der Konzern im laufenden Jahr womöglich lediglich 45 Millionen Smartphones absetzen. 2020 waren es trotz der Krise 220 Millionen. Damit würde Huawei mit einem Schlag vom dritten auf den siebten Rang der größten Smartphone-Hersteller abstürzen.

Huawei selbst leugnet die Verhandlungen, nannte die Informationen gegenüber "Reuters" "haltlose Gerüchte". "Es gibt keine solchen Pläne", erklärte demnach ein Unternehmens-Sprecher. Allerdings hatte der Konzern auch die ersten Gerüchte zum Verkauf von Honor zunächst als falsch zurückgewiesen.

Keine Hoffnung auf Biden

Für einen Verkauf spricht, dass sich Huawei auch von Trumps Nachfolger Joe Biden keine allzu großen Hoffnungen auf eine Verbesserung der Situation ausrechnen kann. Die Ablehnung des Konzerns ist in der US-Politik parteiübergreifender Konsens, Huawei wird eine zu große Nähe zur chinesischen Regierung und dem Militär nachgesagt, um dem Konzern nachhaltig vertrauen zu wollen. Hinzu kommt, dass Trump und die konservativen US-Medien Biden im Wahlkampf als zu China-freundlich zu zeichnen versucht hatten. Der frischgebackene Präsident dürfte also wenig Interesse haben, diesen Ruf zu bestätigen.

Alle Probleme Huaweis könnte aber auch der Verkauf der Premium-Sparte nicht beheben. Der Verkauf von Netzwerk-Technik für Mobilfunkanbieter ist immer noch ein wichtiges Standbein des Konzerns, durch das Misstrauen in der westlichen Welt sind aber große potenzielle Märkte für den 5G-Ausbau ins Wanken geraten. Eines hat Huawei so mit der US-Politik gemeinsam: Die Folgen der Trump-Regierung werden beide noch eine Weile beschäftigen.

Quellen:Reuters, South China Morning Post, The Verge

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