Neue iPhone-Funktion Der Spion in meiner Hosentasche

Verfolgt auf Schritt und Tritt: Mit einer neuen Funktion zeigt Apple, wann sich iPhone-Besitzer an welchem Ort wie lange aufgehalten haben. Gruselig? Der Autor hat es ausprobiert.

Mein Smartphone ist die Schaltzentrale meines Lebens: Es weckt mich morgens, berieselt mich in der U-Bahn mit Musik und hält mich dank Facebook und Whatsapp jederzeit auf dem Laufenden. Es verwaltet meinen Kalender und archiviert mehr als 2000 Fotos. Das ist praktisch, doch das Gerät sammelt im Laufe der Jahre mehr Informationen, als mir lieb ist. Und ich weiß: Alles, was mein Telefon sammelt, kann theoretisch auch woanders mitgelesen werden. Trotzdem haben die meisten Menschen ihr Smartphone jederzeit in der Hosentasche, sodass im Laufe der Jahre ein riesiger Berg an Daten entsteht. Wie viele Bewegungsdaten gesammelt werden und was sich daraus ablesen lässt, zeigt Apple im kommenden Betriebssystem iOS 7 mit einer neuen Funktion namens "Häufige Orte".

Darin ist zu sehen, wie das iPhone minutengenau protokolliert, wann man sich wie oft an welchem Ort aufgehalten hat. Prinzipiell ist die Ortungsfunktion eine praktische Sache, so können Wetter-Apps genauere Vorhersagen für meinen Aufenthaltsort heraussuchen oder Restaurantfinder empfehlenswerte Lokale in der Nähe anzeigen. "Doch es ist eine unmissverständliche Erinnerung daran, dass der kleine GPS-Chip in deinem iPhone jede Bewegung verfolgt", schreibt der Tech-Blog "Gizmodo".

25 mal ins Büro und zurück

Ich habe die Funktion auf meinem iPhone ausprobiert. Seit dem 20.06.2013 hat das Handy meine Bewegungsdaten mitgeschnitten. So zeigt mir Apple, dass ich in anderthalb Monaten insgesamt 25 Mal ins Büro gefahren bin. Die Aufzählung ist minutengenau: Am 8. Juli etwa habe ich laut iPhone das Büro um 9.00 Uhr betreten und um 18.38 Uhr verlassen. Einen Klick weiter sehe ich, dass ich an jenem Montag um 19.05 Uhr zu Hause angekommen bin. Der Nachhauseweg hat also 27 Minuten gedauert. Ich kann sehen, wann ich wie lange an einem Wochenende bei Freunden zu Besuch war (knapp vier Stunden) und zu welchem Zeitpunkt ich die letzte Party verlassen habe (00.31 Uhr).

Die permanente Ortung

Bereits im Sommer 2010 sorgte Apple für Schlagzeilen, als mit einer App detaillierte Bewegungsprofile des Nutzers erstellt werden konnten. Auch Mobilfunkprovider sammeln Ortungsdaten. Innerhalb einer Berliner Funkzelle kann ein Handybesitzer etwa auf bis zu 50 Zentimeter genau geortet werden. So kann die Polizei überprüfen, ob ein Handy an mehreren Tatorten aufgetaucht ist.

Durch Tools wie "Häufige Orte" oder Googles "Standortverlauf" können Nutzer aber mit wenigen Klicks sehen, was über sie gespeichert wird und wie viel die sogenannten Metadaten über sie preisgeben. Auf iPhone und iPad können im "Datenschutz"-Menü für jede einzelne App die Zugriffsrechte geklärt werden.

Es ist ein erschreckend detaillierter Einblick in mein Privatleben. Allerdings sind die Angaben nur teilweise korrekt: So irrt sich das Handy seit anderthalb Monaten ausgerechnet bei der Hausnummer meiner Wohnung. Neben dem Büro (leider) ist das der Platz, an dem ich die meiste Zeit verbringe. Ganz ungelegen kommt es mir nicht, dass mein Handy glaubt, ich wohne zwei Häuser weiter.

Die Funktion ist beeindruckend und schockierend zugleich: Würde mein Handy geklaut werden oder in die falschen Hände geraten, könnten Kriminelle in nur wenigen Minuten erfahren, wann ich arbeite - und währenddessen in aller Ruhe meine Wohnung ausräumen. Andersherum könnten Ermittler so mühelos Alibis überprüfen. Für lokale Werbung dürfen die ortsbezogenen Daten des Handys nicht verwendet werden, dafür hat Apple bereits im Jahr 2010 gesorgt. Das Café um die Ecke kann mich so nicht mit nerviger Werbung bombardieren.

So finden Sie die Funktion "Häufige Orte"

Derzeit bin ich noch einer der wenigen, der die Funktion ausprobieren kann. Um sie zu testen, benötigt man die aktuelle Testversion von iOS 7. Die steht momentan nur bei Apple registrierten Entwicklern zur Verfügung, im Herbst wird sie vermutlich im Zuge eines neuen iPhones für alle Nutzer zum Download bereitstehen. Die Funktion ist tief im Menü versteckt. Um sie zu finden, muss ich mich tief durch die Einstellungen wühlen. Zuerst wähle ich den Punkt "Datenschutz", dann "Ortungsdienste, anschließend scrolle ich bis zu "Systemdienste". Dort gibt es den Reiter "Häufige Orte", wo die Funktion auch bei Bedarf deaktiviert werden oder die Daten zur Verbesserung der Apple-Karten beitragen können.

Ich habe die Funktion ausgeschaltet - und zusätzlich noch einmal das Datenschutz-Menü durchgelesen. Sicher ist sicher.

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