Die Zusammenarbeit zwischen Russland und dem Westen ist fast überall beim Nullpunkt angekommen. Nur im All lief es bislang besser, nach wie vor arbeiten Russen und Amerikaner bei der Internationalen Raumstation ISS eng zusammen. Aber auch das geht dem Ende zu. Russland ist bereit, mit dem Bau einer eigenen Raumstation zu beginnen, die bis 2030 in den Orbit gebracht werde, so Dmitri Rogosin, Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roscosmos. Erste Bausteine sollen schon früher ins All. "Am ersten Grundmodul der neuen russischen Orbital-Station wird bereits gearbeitet" sagte Rogosin zu "Interfax". Es soll 2025 in die Umlaufbau gelangen.
"Wenn wir sie im Jahr 2030 gemäß unseren Plänen in die Umlaufbahn bringen, wäre das ein kolossaler Durchbruch", sagte Rogosin weiter. "Der Wille ist da, einen neuen Schritt in der weltweiten bemannten Raumfahrt zu machen."
Ende einer Ära
Damit wäre die mehr als zwei Jahrzehnte andauernde enge Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten auf der Internationalen Raumstation (ISS) am Ende. Seit 1998 arbeiten russische Kosmonauten mit Kollegen aus den USA und 16 weiteren Ländern an der ISS. Wenige Tage zuvor kündigte der stellvertretende russische Premierminister Juri Borissow an, dass Moskau das ISS-Projekt 2025 verlassen werde. Der Ausstieg Russlands bedeute nicht zwangsläufig das Ende der Station. "Das heißt, nicht, dass die Station nach 2025 sofort zerstört und vernichtet wird", sagte Rogosin am Mittwoch. "Es ist nur so, dass wir die Verantwortung für unser Segment an unsere Partner übertragen werden." Doch letztlich geht die Lebensdauer der Module dem Ende zu, die bisherigen Partner müssten dann den Weiterbetrieb selbst sichern.
ISS vor dem Aus
Überraschend sind die Ankündigungen nicht. Die ISS altert vor sich hin und im frostigen Klima zwischen USA und Russland wäre es eher unwahrscheinlich, dass sich die beiden Partner für eine neue Station zusammenraufen werden. Etwa 80 Prozent der Ausrüstung im russischen Segment sei bereits veraltet, sagte der Roskosmos-Chef.
Vladimir Solovyev hat an der Entwicklung des russischen Moduls der ISS gearbeitet. Er sagte zu der Russischen Akademie der Wissenschaften: "Nach 2025 prognostizieren wir ein Lawinenversagen zahlreicher Elemente an Bord der ISS."
Die neue Russia Orbital Space Station (ROSS), wird aus drei bis sieben Modulen bestehen, so Solovyev. Sie besteht aus einem Kernmodul, einem Produktionsmodul, einer Logistikkabine, einer Plattformkabine zum Zusammenbauen, Starten und Reparieren sowie einer kommerziellen Kabine für vier Weltraumtouristen.
Zusammenarbeit mit China
Mit einem neuen Programm könnte Moskau technisch und propagandistisch an die glorreichen Zeiten der UdSSR anknüpfen. Zu erwarten ist auch, dass Russland einen anderen Partner für das Raumfahrtprogramm finden wird. Denn auch im All fordert die aufstrebende Großmacht China die USA offen heraus. Im Jahr 2022 soll die chinesische Station ihren Betrieb aufnehmen. Chinesische Experten nehmen an, dass Russland diese Station zumindest für den Übergang nutzen wird. Wird die ISS außer Betrieb genommen, dürfte Peking einige Jahre lang die einzige Orbitalstation besitzen. Für den Bau einer Station auf dem Mond gibt es bereits ein Abkommen zwischen Peking und Moskau.

Der Roskosmos-Chef sagte weiter, dass die russische Station, anders als die ISS, höchstwahrscheinlich nicht permanent bemannt sein werde. Ihre geplante Umlaufbahn würde sie einer höheren Strahlung aussetzen. Kosmonauten könnten sie besuchen, aber der tägliche Betrieb werde im hohen Maße von künstlicher Intelligenz und Robotern durchgeführt. "Die Station muss national sein ... Wenn es gut werden soll, machen Sie es selbst". Interfax gab an, dass Russland bis zu 6 Milliarden Euro für das Projekt aufbringen werde.