Ukraine-Krieg "Ins Cockpit getapet": Abgeschossene russische Kampfjets setzten offenbar auf herkömmliche Navis

Ukraine-Krieg: Eine SU-34, die von den ukrainischen Streitkräften abgeschossen wurde
Eine SU-34, die von den ukrainischen Streitkräften abgeschossen wurde
© Picture Alliance
Die russische Militärtechnik galt lange als eine der besten der Welt. Im Ukraine-Krieg zeigen sich aber immer mehr eklatante Schwächen. In einer Rede zeigte der britische Verteidigungsminister einige der krassesten Rückstände auf.

Eigentlich hatte Russland erwartet, die Ukraine in wenigen Tagen besiegt zu haben. Jetzt dauert der aus dem Angriff entstandene Krieg bereits zweieinhalb Monate an. Und legt immer weiter offen, dass ein großer Teil der Wahrnehmung von Russland als große Militärmacht auf Fehleinschätzungen beruhte. In einer Rede hat der britische Verteidigungsminister diese Woche analysiert, warum die russische Invasion alles andere als rund lief. Und überraschende Beispiele für die russischen Missstände geliefert.

Die russischen Truppen hätten einen eklatanten Mangel an Ausrüstung und Unterstützung, erklärte Minister Ben Wallace bei einer Rede im Londoner Armee-Museum. Besonders schwergewichtig bewertet er die Tatsache, dass Russlands Truppen kaum über moderne Mittel verfügten, die eine Situationsbewertung und taktische Analyse erlauben. Während die USA ihre Panzer mit Hightech vollstopfen, sei das bei den russischen Truppen so gut wie gar nicht zu beobachten. "Wir finden regelmäßig Papierkarten aus den Achtziger Jahren in den Panzern", so der Minister.

Taktische Nachteile im Ukraine-Krieg

"Aber es sind nicht nur die Bodentruppen", fügt er hinzu. "Wir haben herkömmliche GPS-Empfänger entdeckt, die mit Klebeband ins Cockpit abgeschossener SU-34 getapet worden waren. Damit die Piloten wussten wo sie sind, statt sich auf die armseligen eigenen Systeme verlassen zu müssen." Mit "Glonass" betreibt Russland eigentlich ein eigenes Satelliten-System zur Ortung. Doch dem misstrauen die Piloten dem Anschein nach.

Die Folge dieser Modernisierungs-Mängel seien schwerwiegend, erklärt der Minister. "Trotz seiner großen Mengen an Artillerie und Panzern, die sie bei Paraden zeigen, sind sie nicht in der Lage, diese in kombinierten Manövern gemeinsam einzusetzen. Und müssen daher auf ungezielte Massen-Beschüsse setzen."

Auch in anderer Hinsicht ist Russland den modernen Zeiten hinterher, glaubt Wallace. "Die schiere Anzahl ukrainischer Drohnen-Aufnahmen zeigt, dass es keine modernen Abwehrvorrichtungen und effektive Systeme zum Abschuss von Drohnen gibt", erläutert er. Der geschickte Einsatz ziviler Drohnen gilt als einer der geschicktesten Züge der ukrainischen Seite. Hätte Russland effektive Mittel gegen diese Drohnen, stünden die Chancen vermutlich erheblich schlechter.

Teil eines größeren Problems

Letztlich ist der Mangel an wirklich moderner Kampftechnik aber nur die Spitze des Eisbergs der russischen Probleme beim Angriff auf die Ukraine, erklärt Wallace. Das Land habe den Angriff schlicht zu schlecht geplant, selbst die Truppen an der Grenze hätten bis kurz vor Beginn der Invasion nicht gewusst, was auf sie zukommt. Ein weiteres großes Problem sei gewesen, dass viele der Kampf- und Versorgungsmittel nicht ordentlich gewartet worden wären. Weil sie wegen billiger Reifen oder gebrochener Achsen ausfielen, fehlten sie dann im Kampf. Von den nicht ausreichend geschützten Panzern gar nicht zu reden.

Für Wallace gibt es keinen Zweifel: Die russischen Generäle "unter ihren Goldbändern und glitzernden Medaillen" hätten versagt – und zudem aus Angst vor den Folgen das wahre Ausmaß des desaströsen Zustandes ihrer Streitkräfte verschwiegen. "Für sie und für Putin wird es keinen Siegestag geben", glaubt er entsprechend. "Nur Schande und eine sichere Niederlage in der Ukraine."

Quelle:  Rede des Ministers

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