Eines muss man Spacex-Chef Elon Musk lassen: Zu keinem Zeitpunkt hat der US-Milliardär einen Hehl daraus gemacht, dass Starlink sich nicht für militärische Zwecke eignet. Die digitale Lebensader der Ukrainer, die inzwischen aus mehreren Zehntausend Bodenstationen besteht, sollte stets der Bevölkerung dabei helfen, am Netz bleiben zu können – und damit vor allem humanitäre Hilfe zu organisieren und in Kontakt zu bleiben.
Schnell entdeckte die ukrainische Armee jedoch, dass sich Starlink prinzipiell auch hervorragend für den Einsatz an der Front eignet. Fortan setzten die Soldaten die Weltraum-Verbindung auch für die Koordination von Angriffen ein und lenkte ihre Drohnen damit. Zumindest bis Spacex, das Unternehmen hinter Starlink, die Nutzung an der Front eigenmächtig einschränkte (Starlink legt Internet für Drohnen in der Ukraine lahm).
Offiziell lautete der Grund, dass Starlink "nie dazu gedacht war, als Waffe eingesetzt zu werden". Gemeint waren die Angriffe, die ukrainische Soldaten mithilfe von Starlink ausführten. Ein Bericht von "Defense One" zeigt jedoch, dass es vielleicht noch einen guten Grund für die Front-Sperre gibt: Starlink lässt sich vom Feind inzwischen sehr leicht orten und stören.
Starlink entpuppt sich als zweischneidiges Schwert
Ein Soldat mit dem Rufzeichen "Boris" sagte den Militärexperten, dass die Nutzung der Bodenterminals mittlerweile ein zweischneidiges Schwert sei: Einerseits sei die Verbindung sehr mobil und gleichzeitig schnell, andererseits hätten die Russen gelernt, die Empfangsstationen in Windeseile zu lokalisieren, sobald sie funken.
"Du musst deinen Job schnell erledigen und sofort verschwinden", zitiert "Defense One" den Soldaten, "denn die Russen werden dich finden." Offenbar hat Russland also hart daran gearbeitet, der Technik den Garaus zu machen. Bereits im Herbst vergangenen Jahres erklärte eine russische Delegation im Rahmen eines Meetings der Vereinten Nationen (UNODA), dass man die "quasi-zivilen Infrastrukturen" als Ziel für Vergeltungsmaßnahmen einstufe.
Damals hieß es in der Erklärung: "Wir möchten auf einen äußerst gefährlichen Trend hinweisen, der über die harmlose Nutzung von Weltraumtechnologien hinausgeht und durch die Ereignisse in der Ukraine deutlich wird. Gemeint ist die Nutzung von Elementen der zivilen, auch kommerziellen Infrastruktur im Weltraum durch die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten für militärische Zwecke." Es folgten Taten. Nur wenige Monate später präsentierte die Waffenfabrik Sestroretsk das Peilsystem "Borschtschewik", welches Terminals entlang der Front aufspüren sollte.
Abseits der Gefahr, feindlichen Truppen die eigene Stellung zu verraten, scheint Starlink aufgrund russischer Gegenmaßnahmen auch an Effektivität einzubüßen. Ein Drohnenpilot mit dem Decknamen "Professor" habe erklärt, dass er immer wieder feststellen könne, dass Russland seit etwa zwei Monaten die Übertragung mit Störsendern beeinträchtige. "An manchen Positionen funktioniert es noch, anderswo nicht", verrät der Ukrainer, "die Störsender sind sehr effektiv."
Es soll helfen, die Terminals in ein Loch zu setzen
Einen Trick aber gebe es, sagt der Pilot. Manchmal helfe es, das Starlink-Terminal in ein Loch zu setzen. Dann hätte es plötzlich wieder eine Verbindung. Das liege an der Art der Störsender, sagen Experten. Denn Russland setze oft auf GPS-Störer, die es Starlink-Bodenstationen unmöglich machen, die ihre Position zu ermitteln. Das wiederum sorge dafür, dass sie nicht wüssten, mit welchem Satelliten sie sich verbinden sollen. Eine Barriere zwischen den vergleichsweise schwachen GPS-Störsendern und dem Terminal, wie ein Loch, könne das Problem bereits lösen, heißt es.
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Eine weitere Möglichkeit, die russischen Gegenmaßnahmen zu umgehen, sei die manuelle Eingabe der GPS-Koordinaten. In Gebieten, in denen Russland ausgereiftere Störer einsetzt, helfe das aber nicht. Dort mutiere die Entwicklung von Starlink und russischer Blockaden zum Katz-und-Maus-Spiel. Es ist mindestens ein Fall bekannt, in dem Starlink mit einem kleinen Software-Update für die Wiederherstellung der Verbindung sorgen konnte.
Für den Moment, heißt es, müsse die Ukraine mit dieser Situation leben. Es gebe schlicht keine vergleichbare Technik, die sich als Alternative zu Starlink nutzen ließe. Das zeigen auch die Zahlen der Satelliten, die Anbieter von Weltraum-Internet vorzuweisen haben. Starlink dominiert im Low Earth Orbit (LEO) um ein Vielfaches.
Trotz alledem müssen sich Soldaten der Ukraine beim Einsatz von Starlink vorsehen. Einmal entdeckt, könnten die russischen Invasoren das mögliche Gebiet einer Bodenstation auch einfach unter Beschuss nehmen – dann spielt die Effektivität von Störsendern auch keine Rolle mehr. Bereits auf Wetterkarten sind Starlink-Terminals relativ deutlich sichtbar (Wetterforscher sind von Starlink genervt) – das wird auch Russland wissen.
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