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Umweltfreundliche Proteinquelle Nachhaltiger Fleischersatz: Essen wir bald alle Insekten?

Mehlwürmer
Mehlwürmer enthalten viele Proteine und sollen leicht nussig schmecken
© egal / Getty Images
Insekten gelten als Nahrungsmittel der Zukunft: Sie verbrauchen wenig Ressourcen, geben viel Protein und könnten so die wachsende Weltbevölkerung ernähren. Die Verbraucher im Westen sind jedoch skeptisch.

Insekten essen? Der Vertrieb ist in der Euopäischen Union zwar seit einiger Zeit erlaubt, doch allein der Gedanke an den Verzehr ruft in westlichen Kulturen bei den meisten Menschen Ekelgefühle hervor. Das ändert aber nichts daran, dass Insekten unter Experten als Nahrungsmittel der Zukunft gehandelt werden. Sie sollen dazu beitragen, drängende Probleme der Menschheit zu lösen.

Immer deutlicher zeigt sich, dass vor allem der reiche Westen sich nicht mehr lange so ernähren kann wie in den vergangenen Jahrzehnten. Massentierhaltung schadet Tieren und Umwelt, und auch die Ressourcen der Landwirtschaft werden knapper. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung. Alle Menschen auf dem Planeten zu ernähren und den Welthunger so weit wie möglich abzuschaffen, gehört zu den großen Aufgaben des 21. Jahrhunderts. 

Weltbevölkerung wächst, der Planet leidet

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO prognostiziert, dass die Weltbevölkerung bis 2050 um zwei Milliarden auf mehr als neun Milliarden Menschen wachsen wird. Um diese Menschen zu ernähren, müssten die Ernteerträge in dieser Zeit um 70 Prozent gesteigert werden. Daraus entsteht jedoch ein Dilemma: Oft ist die Landwirtschaft dafür verantwortlich, dass Wälder zerstört werden, Arten aussterben oder das Klima unter Treibhausgasen leidet. 

Insekten könnten eine nachhaltige, umweltschonende Alternative zu Fleisch von Nutztieren und Landwirtschaftsprodukten sein. Zwar unterscheiden sich die Arten stark in ihren Nährstoffgehalten, doch beispielsweise Grillen, Mehlwürmer oder Grashüpfer verfügen über einen hohen Proteinanteil – etwa 60 Prozent des Trockengewichts. Sie brauchen deutlich weniger Platz und Ressourcen als klassische Nutztiere und produzieren weniger Abfall. 

Anja Sieghartsleitner

Insekten bei Verbrauchern im Westen nicht akzeptiert

"Warum sollten wir das nicht nutzen?", fragt Agnes Kalibata, UN-Sondergesandte für den Welternährungsgipfel, der im Juli in Rom stattfindet. Doch sie kennt auch das Problem: "Wir müssen in der Lage sein, sie in eine Form zu bringen, die in verschiedenen Kulturen und Gesellschaften akzeptiert wird." Diese kulturelle Barriere zu überwinden sei der wichtigste Teil, wenn es darum gehe, Insekten als Teil der Ernährung zu etablieren, sagte sie im Interview mit dem "Time Magazine".

Insgesamt gibt es auf der Welt bereits zwei Milliarden Menschen, die regelmäßig Insekten essen. Im Westen gelten Grillen oder Mehlwürmer jedoch als abstoßend. 2019 konnten sich in einer Umfrage in Deutschland, Österreich und der Schweiz nur 17 Prozent der Befragten vorstellen, Insekten zu essen. 51 Prozent antworteten mit "Nein, definitiv nicht". 2016 zeigten sich in einer Umfrage des Bundesinstituts für Risikobewertung sogar nur zehn Prozent aufgeschlossen. Hauptgründe für die Skepsis sind der unbekannte Geschmack und das unappetitliche Äußere. Zu tief sitzt die jahrhundertealte kulturelle Vorstellung, nach der Insekten ausschließlich als Schädlinge zu betrachten sind.

Der Paradigmenwechsel in der Ernährung wird also noch auf sich warten lassen. Den Menschen das Fleisch zu verbieten, werde nicht funktionieren – man müsse ihnen vielmehr leckere Alternativen anbieten, sagt Cortni Borgerson, eine Anthropologin aus New Jersey, die diesen Prozess in Madagaskar beobachtet hat. Dort erfreut sich mittlerweile ein Insekt namens Sakondry großer Beliebtheit. Wenn man sich einmal überwunden habe, schmecke es wie Bacon, sagte Borgerson dem "Time Magazine". 

Quellen: FAO / "Time Magazine" (1) / "Time Magazine" (2) / Statista / Bundesinstitut für Risikobewertung / Verbraucherzentrale Sachsen

epp

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