Die Auszeichnung mit einem der begehrten Michelin-Sterne gilt in der Welt der Kulinarik nach wie vor als Ritterschlag. Wer sich einen solchen Stern erkocht, ist auf dem Gastro-Olymp angekommen – zumindest bis zur nächsten Prüfung. Nun steht fest, wer die Tester in den vergangenen Monaten überzeugte und wer nicht (mehr). In diesem Jahr können sich 51 Restaurants über einen oder mehrere neue Sterne freuen. Die meisten davon im Ein-Sterne-Segment. 31 Restaurants konnten sich einen begehrten Michelin-Stern holen.
Einer der Aufsteiger des Jahres ist Alexander Wulf. Er schnappt sich mit seinem Restaurant "Troyka" den ersten Michelin-Stern. Und das nur drei Monate nach der Eröffnung. Der Stern ist der Lohn für viele Jahre harte Arbeit. Gleichzeitig kommt die Auszeichnung für ihn zur Unzeit. Wulf, Sternekoch mit russischen Wurzeln, sieht sich seit dem Krieg in der Ukraine täglich Anfeindungen ausgesetzt, wie er im stern-Interview erzählte. "Wenn es so weitergeht, weiß ich nicht, wie ich das seelisch aushalten soll", sagte er. Vor zwei Wochen hätte ihm persönlich der Michelin-Stern noch alles bedeutet, heute sei er nur Nebensache. "Ich versuche mich natürlich trotzdem darüber zu freuen, weil mein Team viel zu hart dafür gearbeitet hat. Aber gerade zerreißt es mir einfach nur das Herz."
Neues Drei-Sterne-Restaurant
Acht weitere Restaurants dürfen sich über zwei Michelin-Sterne freuen und auch der illustre Kreis der deutschen Drei-Sterner ist um eine Adresse reicher. Thomas Schanz steigt mit seinem Restaurant "schanz" in die absolute Top-Liga auf. Zwei Sterne hatte er schon, jetzt hat er denn dritten noch dazu bekommen. "Für den Moment ist das unfassbar", sagte Schanz sichtlich bewegt bei der Verleihung. "Das ist ein ganz großer Traum, der in Erfüllung geht. Das ist ganz groß."
Seit 1966 verleiht der Restaurantführer in Deutschland Sterne, seit 2020 auch die sogenannten Grünen Sterne. Mit diesen sollen Gastronomen ausgezeichnet werden, die besonders nachhaltig arbeiten. Zu den ersten, die das grüne Blatt erhielten, gehörte das Berliner Restaurant "Nobelhart&Schmutzig". Der Gastronom warf dem Restaurantführer vor, einen Hype auszuzeichnen, weil dieser in den Zeitgeist passe, aber eben nicht wirklich hinter die Kulissen zu schauen. Stichwort: Greenwashing. Von der Kritik unbeeindruckt, setzte der Michelin seine Arbeit fort. In diesem Jahr kamen 11 neue Restaurants dazu. Damit gibt es in Deutschland nun mehr als 60 Restaurants, die den Grünen Stern tragen.
Matthias Hahn und Felix Eichbauer bekommen für das Restaurant-Ensemble "Tantris" und "Tantris DNA" in München den Sonderpreis "New Opening Award". Neu ist das Restaurant nicht. "Das als echte Kultadresse bekannt gewordene Restaurant vereint nach seiner Wiedereröffnung nun das Tantris, das gleich mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet wird, und das Tantris DNA, das ebenfalls einen neuen Stern trägt", heißt es vonseiten des Guides. Ebenfalls mit einem Sonderpreis wurde Johannes King ausgezeichnet. King erhält den "Chef Mentor Award", mit dem ein besonderes Engagement für den Nachwuchs gewürdigt werden soll. Er sei, sagte er, mit dem Michelin seit 30 Jahren ein bisschen verheiratet. Dass er nun gewürdigt wurde, habe ihn allerdings etwas gewundert, schließlich sei er gar nicht mehr richtig aktiv dabei. King, auch als "König von Sylt" bekannt, war lange Chef des Söl'ring Hofs. Anfang des Jahres übergab er das Zepter an seinen langjährigen Küchenchef Jan-Philipp Berner.
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23 Restaurants verlieren Sterne
"Die deutschen Restaurants stellen sich nun seit knapp zwei Jahren der Herausforderung der Pandemie mit beeindruckendem Einsatz, der unseren größten Respekt und Anerkennung verdient", sagte Gwendal Poullennec, internationaler Direktor des "Guide Michelin". Es sei ein besonders Anliegen, genau dieser Leistung gerecht zu werden. "Daher haben unsere Inspektoren auch in diesem Jahr eine sorgfältig recherchierte Auswahl an Restaurants zusammengestellt, deren gastronomisches Können sie sehr beeindruckte."
Aber es gibt auch Verlierer. Insgesamt 23 Restaurants müssen den Verlust von Michelin-Sternen wegstecken. So gibt es trotz des Aufstiegs von Schanz 2022 nur noch neun Drei-Sterne-Restaurants im Land. Das "Vendôme" in Bergisch-Gladbach und das "Atelier" in München wurden von drei auf zwei Sterne herabgestuft. Die Restaurants "Sosein." in Heroldsberg und das "Olivo" in Stuttgart fallen jeweils von zwei auf null Sterne, das eine ist dauerhaft, das andere vorübergehend geschlossen. Das "Les Deux" in München kann immerhin noch einen Stern halten.
Auf der Suche nach den besten Adressen fürs Essen sind erfahrene, internationale Tester anonym im Einsatz. Der Vergabe der begehrten Sterne liegt ein einheitliches Bewertungssystem zugrunde. Als Kriterien gelten unter anderem die Qualität der Produkte, eine persönliche Note, das Preis-Leistungs-Verhältnis sowie eine auf Dauer gleichbleibende Qualität. Neben dem "Guide Michelin" erscheint auch der Restaurantführer "Gault&Millau" regelmäßig als wichtiger internationaler Gourmet-Ratgeber. Er vergibt 0 bis 20 Punkte für die Restaurants. Auffällig bleibt, dass Frauen bei der Vergabe unterrepräsentiert sind. Sie gingen bei den neu verliehenen ein, zwei oder drei Sternen leer aus.