Low-Budget-Küche Jamie Oliver will mit Billiggerichten durch die Krise helfen – und erntet Shitstorm

Starkoch Jamie Oliver
Jamie Oliver ist mit seiner neuen Kochshow "£1 Wonders" zurück im TV – und die Freude der Zuschauer hält sich in Grenzen.
© Dominic Lipinski / Picture Alliance
Jamie Oliver ist gerade erst zurück im britischen TV und muss schon wieder Prügel einstecken. Dabei hatte es der britische Starkoch mit seiner neuen Show voller Low-Budget-Gerichte doch nur gut gemeint. 

Großbritannien zerreißt sich mal wieder das Maul über Starkoch Jamie Oliver. Stein des Anstoßes diesmal ist das neueste "Baby" Olivers im TV, die Kochshow "£1 Wonders". Darin präsentiert er Gerichte, die nicht mehr als einen Pfund pro Portion kosten sollen, also rund einen Euro. In der aktuellen Krisenzeit ist das ein Konzept, das eigentlich alle gut gebrauchen können. Doch statt Jubelrufe gab es zur ersten Sendung am Montagabend einen Shitstorm.

Jamie Oliver ist keiner, der in der Küche mit Pinzette arbeitet, er ist ein bodenständiger Koch. Er versteht es, mit einfachen Zutaten zu kochen. Die ersten Kniffe in der Küche lernte er im elterlichen Pub. Bekannt wurde er, nachdem er im "River Café", wo er später arbeitete, von der BBC entdeckt und vor die Kamera geholt wurde. Seine TV-Shows und Kochbücher machten ihn zum Kulinarik-Superstar und reich. Die "DailyMail" schätzt das Vermögen Olivers, der nicht mit dem goldenen Löffel geboren wurde, inzwischen auf 240 Millionen Pfund. Und genau darin sehen viele Zuschauer ein Problem. Ein Vorwurf: Oliver, dessen eigenes Konto prall gefüllt ist, verstehe Armut nicht wirklich. Hat er den Kontakt zum normalen Volk verloren?

Jamie Olivers neue Show – zynisches Sparmarketing?

Wie geht gesundes Kochen mit geringem Budget? Jamie Oliver wollte genau das zeigen, "so viel Inspiration und Zuversicht wie möglich geben, um die Kosten niedrig und den Geschmack hoch zu halten". Ob nun Hackbraten, das Curry oder die Gemüselasagne – jedes in der Sendung vorgestellte Gericht sei mit Salz, Pfeffer und Öl für weniger als einen Pfund pro Portion auf die Teller zu bringen. Um die Kosten zu ermitteln, habe er die Preise der Zutaten in den vier großen Supermarktketten des Königreichs ermittelt und einen Durchschnittspreis errechnet. Dieser sei dann auf die Portionen umgerechnet worden. Zudem seien die Rezepte so angelegt, dass sie "gestreckt" werden könnten und somit für eine ganze Woche reichen könnten.

Daran, dass dies im Alltag so umzusetzen ist, hatten etliche Zuschauer aber so ihre Zweifel. Was Oliver als Ein-Pfund-Mahlzeiten anpreise, sei "Unsinn", kommentierte einer der Zuschauer auf Twitter: "Was sie vergessen haben zu sagen, ist, dass man im Supermarkt erstmal etwa 50 Pfund ausgeben muss." Oder wie es ein anderer ausdrückte: "Sie kosten sozusagen einen Pfund pro Portion, abgesehen von dem Zeug, das Mittelklasse-Leute in ihren Speisekammern haben." Die neue Show sei nichts weiter, als Jamie Oliver, der sein übliches Repertoire an Kneipengerichten auftische – nur diesmal garniert mit "einem zynischen Sparmarketing".

Oliver gab unter anderem den Tipp, beim Kochen mit der Pfanne einen Deckel zu verwenden. Das spare Energie. Und bei der Verwendung der vermeintlich volksnahen Mikrowelle wurde offenbar, dass er eine solche, wenn die Kameras aus sind, nicht nutzt. So koche er normalerweise nicht, gab er zu. Oliver dabei zu sehen, wie er Ein-Pfund-Gerichte in der Mikrowelle zubereite, sei "das Deprimierendste, was ich seit langer Zeit gesehen habe", urteilte eine Kommentatorin. Außerdem wunderten sich manche über die Qualität der Zutaten. "Wo kommt das Fleisch her? Was ist das für eine Qualität?", fragte einer. Angaben hierzu machte Oliver in der Show nicht. 

Gute Absichten, schlechte Umsetzung

Tatsächlich hinterließ das, was Oliver vorführte, bei etlichen einen faden Nachgeschmack. Oliver performte in seiner gewohnt gut gelaunten quirligen Art, ob das allerdings bei der präsentierten "Armenküche" angemessen ist, kritisierte beispielsweise "The Guardian". Er habe diese dargestellt wie "einen Anreiz, ein Vergnügen". Oliver selbst bekannte offen, dass das Kochen für unter einem Pfund ihn kreativ herausgefordert habe und zeigte damit auch, wie weit seine Lebensrealität inzwischen von der anderer entfernt ist, die jede Münze zweimal umdrehen müssen. Ein Ungleichgewicht, das die guten Absichten des Koches überlagert.

Jamie Oliver ist das, was man ein Stehaufmännchen nennt. Es ist gerade einmal drei Jahre her, dass es plötzlich ganz düster um den einstigen Strahlemann wurde. Der britische Starkoch und Gastronom hatte sich verzockt, seine Geschäfte weitgehend an die Wand gefahren – Endstation Insolvenz. Das war das Aus für die meisten seiner Restaurants, mehr als 1000 Mitarbeiter mussten gehen. Ein gefundenes Fressen für die wenig zimperlichen britischen Medien, die den Publikumsliebling endgültig zur Persona non grata erklärten. Beeindrucken ließ der sich davon aber nicht. Er machte immer weiter und weiter. Gerade erst ist sein neuestes Kochbuch "One" voller One-Pot-Rezepte erschienen. Außerdem wurde jüngst bekannt, dass der Koch angeblich an einem Deal mit Netflix arbeitet. 

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