Das weltweite Bienensterben ist eine Entwicklung, die schon lange für Sorgenfalten auf den Stirnen von Landwirten sorgt. Die einen sprühen mit riesigen Geräten Pollen auf die Pflanzen, andere legen mit dem Pinsel selbst Hand an. Die künstlichen Bestäubungsprozesse aber sind aufwändig und die benötigten Pollen teuer. Welche Alternative bleibt, wenn die Biene nicht mehr ist? Mit Pollen bestickte Seifenblasen könnten die Rettung sein. Das zumindest ist der Plan einer Forschungsgruppe in Japan um den Wissenschaftler Elijiro Miyako.
Miyako ist Professor am Japan Advanced Institute of Science and Technology in Nomi. Schon länger sucht er nach Wegen, die Art der Bestäubung zu revolutionieren und damit die Landwirte zu entlasten. Eine Studie, die in dieser Woche in der Fachzeitschrift "iScience" veröffentlicht wurde, zeigt, dass seine Arbeit erste Früchte trägt.
Seifenblasen als Transportmittel für Pollen
Wie der berühmte Fall des Apfels vom Baum die Wissenschaft Isaac Newtons inspirierte, taten es Seifenblasen für Miyako. Denn wie so oft spielte der Zufall eine nicht unerhebliche Rolle. Die Art, wie die Blasen auf dem Kopf seines dreijährigen Sohnes beim Spielen zerplatzten, inspirierte den Forscher dazu, die fragilen Gebilde für die Bestäubung einzusetzen.
Es ist nicht der erste Ansatz Miyakos in diesem Forschungsfeld. 2017 entwarf er mit seinem Team eine vier Zentimeter große Drohne, die die Arbeit der Bienen übernehmen sollte. Die Unterseite war gespickt mit Haaren und einem klebrigen Gel. Beides sollte dafür sorgen, dass die Pollen haften bleiben, wie sie es am Bienenbein tun, und so von Blüte zu Blüte transportiert werden. Die Miniaturdrohne aber war zu ungeschickt und, so Miyako gegenüber der "New York Times", "manchmal zerbrach sie die Blumen". Seifenblasen hingegen sind als Transportmittel sanfter und vor allem günstiger in der Herstellung.
Nach dem Geistesblitz im Park machten sich Miyako und Co-Autorin Xi Yang an die Arbeit und tüftelten an einer Mixtur der Seifenlauge, deren pH-Wert die Pollen nicht beeinträchtigt, aber dennoch für eine ausreichende Festigkeit der Blasen sorgt. Entstanden ist eine Mischung, die man, wie Miyako dem gleichen Blatt sagte, sogar trinken könne, welche die Umwelt nur gering belaste und die zudem äußerst effektiv sei.
Große Effektivität bei geringerer Pollenmenge
Bei ersten Versuchen auf einer Plantage für Nashi Birnen trugen danach 95 Prozent der Blüten Früchte. Das sind ähnliche Erfolgsraten, wie sie bei der Handbestäubung erzielt werden - bei geringeren Pollenmengen. Nur 1/30.000 an Pollen müsse laut Miyako bei der Blasen-Methode eingesetzt werden.
Werden Seifenblasen in Zukunft den Job der Bienen übernehmen? Nicht alle Wissenschaftler sind von der Methode überzeugt. So gab Dave Goulson, Biologieprofessor an der University of Sussex in England und Experte für Bestäubung, laut "New York Times" zwar an, dass der Ansatz aus Japan "durchaus Potenzial" habe, es ihn aber beunruhige, "dass unsere Antwort auf die Bestäubungskrise darin besteht, Wege zu finden, auf Bestäuber zu verzichten". Abgesehen davon, dass die Seifenblasen eine wesentliche Aufgabe der Biene nicht übernehmen könnten, das Sammeln von Pollen, sorge er sich darum, dass der Einsatz von Pestiziden zunehme, wenn die Biene als Bestäuber obsolet wird.
Und auch Simon Potts, Agrarökologe an der Universität Reading, äußert gegenüber "Science Mag" bedenken. Der Einsatz der Seifenblasen erhöhe das Risiko einer chemischen Beeinträchtigung der Bestäubung und der Verschmutzung des Bodens: "Dies ist ein weiteres Stück intelligenter Technik, mit dem ein Problem gelöst wird, das auf viel effektivere und nachhaltigere Weise gelöst werden kann."

Wirkliche Alternative oder Spielerei?
Ob die Seifenblasen-Methodik tatsächlich zur Alternative werden könnte, steht in den Sternen. Zumal die Praktikabilität ausbaufähig ist, denn noch fehlt es an Präzision. Der Wind allein ist eine Herausforderung, da dieser die Blasen von ihrem Ziel ablenkt. So landen viele noch nicht dort, wo sie sollen und wertvolle Pollen werden verschwendet.
"Besseres Targeting - zum Beispiel mit einer Drohne, die Blumen identifizieren könnte - könnte die Ergebnisse verbessern", zitiert "Science Mag" Miyako. Auch die Konsequenzen, die der Einsatz der pollengefüllten Seifenblasen auf die Umwelt hat, sind noch nicht vollends geklärt. Derzeit arbeitet Miyako daran, die Verträglichkeit der Seifenlösung weiter zu verbessern. "Ich war wahrscheinlich der einzige Mensch auf der Welt, der daran glaubte, als ich mit der 'spielerischen' Arbeit begann", meinte Miyoko zu "BBC News", "vielleicht bin ich es noch".
Quellen: iScience, New York Times, Science Mag, BBC News