Die rheinland-pfälzische Ampel muss für ihre Zwischenbilanz wenige Monate vor der Landtagswahl harte Kritik von Gewerkschaften und der Opposition einstecken. Als Koalition der verpassten Chancen und politischen Offenbarungseid bezeichneten CDU und AfD die Arbeit der Landesregierung. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warf dem Bündnis aus SPD, Grünen und FDP vor, wichtige Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag nicht umgesetzt zu haben.
"Die Gewerkschaften warten immer noch auf eine Novellierung des Landestariftreuegesetzes", kritisierte die Landesvorsitzende des DGB, Susanne Wingertszahn. "Öffentliche Bekenntnisse des Ministerpräsidenten Schweitzer, wie wichtig die Stärkung der Tarifbindung ist, sind schön und gut, passiert ist aber nichts. Eine vertane Chance."
DGB vermisst echten Aufbruch
Gestärkt werden müsse auch das duale Ausbildungssystem. Auch dabei gebe es Hebel für die Landesregierung, die aber nicht eingesetzt worden seien, erklärte Wingertszahn. "Die Einführung eines Azubi-Tickets für den Nahverkehr steht im aktuellen Koalitionsvertrag. Auch darauf warteten wir vergeblich." Als ein weiteres Beispiel nannte die Gewerkschafterin die Novellierung des Personalvertretungsgesetzes.
"Auch wenn die Ampel in Mainz im Vergleich zur gescheiterten Ampel in Berlin eine gute ist, vermissen die Gewerkschaften bei einigen Themen einen echten Aufbruch, den man sich 2021 auf die Fahnen geschrieben hatte", mahnte die DGB-Chefin.
Opposition wittert Morgenluft
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CDU-Generalsekretär Johannes Steiniger warf der Landesregierung vor, es fehle ihr an Mut zu echtem Fortschritt. Rheinland-Pfalz sei stattdessen in vielen Bereichen immer weiter zurückgefallen. "Statt die Dinge wirklich anzugehen, wird seit Jahren alles gesund gebetet." Es gebe jedoch ein Kliniksterben, dramatische Zustände an den Schulen sowie Probleme bei der Wirtschaft im Land.
AfD-Partei- und Fraktionschef Jan Bollinger warf der Ampel vor, falsche Prioritäten zum Schaden der Bürger zu setzen. "Diese Politik überfordert Steuerzahler und gefährdet Arbeitsplätze im ganzen Land." Die Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz ständen vor Rekorddefiziten, die Wirtschaft rutsche in die Stagnation und wichtige Infrastruktur würde verfallen.
Mehr Lehrkräfte und neue Stellen bei Polizei sowie Justiz
Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) hob in seiner Zwischenbilanz der Landesregierung dagegen unter anderem den Ausbau von Rheinland-Pfalz als bedeutenden Biotechnologie-Standort und die Ansiedlung des Pharmakonzerns Eli Lilly hervor. Zudem nannte er als positive Beispiele für die Arbeit der Ampel den Zuwachs von Stellen bei der Polizei, in der Justiz sowie bei den Lehrkräften in der Schule.
Den Kommunen im Land sei zudem in der Legislaturperiode so viel Geld zur Verfügung gestellt worden wie noch nie zuvor. Es habe neue Frauenhäuser gegeben und ein Pakt gegen sexualisierte Gewalt von Kindern und Jugendlichen sei ins Leben gerufen worden.
Die Landesregierung habe außerdem den Ausbau der Klima- und Naturschutzziele vorangetrieben, berichtete Schweitzer zusammen mit Vize-Regierungschefin Katharina Binz (Grüne) und Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP).
Eingespieltes Team als Erfolgsrezept
Die eingespielte Zusammenarbeit zwischen SPD, Grünen und FDP bezeichnete der Ministerpräsident als das Erfolgsrezept der rheinland-pfälzischen Landesregierung. "Wir sind die erfolgreiche Ampel. Wir sind die noch bestehende Ampel."
Die seit fast zehn Jahren bestehende Koalition sei geprägt von gutem Vertrauen, Sachorientierung und auch einem guten persönlichen Miteinander, erklärte Schweitzer und sprach sich für eine Fortsetzung des Bündnisses aus.
Die meisten Themen, die im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP vereinbart wurden, seien gut durchgearbeitet worden. Falls am Ende der Wahlperiode noch Punkte offen sein, werde sich die nächste Ampelregierung damit befassen, sagte der Ministerpräsident.
Am 22. März 2026 wird gewählt
Am 22. März 2026 wird ein neuer Landtag in Rheinland-Pfalz gewählt. Umfragen zufolge ist es jedoch mehr als fraglich, ob die Ampel, die das Land seit 2016 regiert, noch einmal eine Mehrheit bekommt. Die FDP muss gar um den Wiedereinzug ins Parlament in Mainz bangen. In jüngsten Umfragen lag die CDU vor den seit 34 Jahren in Rheinland-Pfalz regierenden Sozialdemokraten.