Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat sich vorgenommen, das Strafgesetzbuch auszumisten. Dabei nimmt er neben der Frage, ob Schwarzfahren künftig vom Vergehen zur Ordnungswidrigkeit heruntergestuft werden sollte, nun auch die Fahrerflucht ohne Personenschaden in den Blick.
In einem Brief, den eine Mitarbeiterin seines Ministeriums kurz nach Ostern an Verbände und die Justizministerien der Länder verschickt hat, wird im Zusammenhang mit dem Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort die Frage aufgeworfen, "ob der Gesetzgeber es immer noch für angemessen hält, dass ein Kriminalstrafverfahren bei Vorgängen mit reinen und unbeabsichtigten Sachschäden einzuleiten ist". Oder ob Fälle, bei denen kein Mensch zu Schaden gekommen ist, womöglich in Zukunft von der Straftat zur Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden sollten.
Buschmann will Stellungnahmen zu Unfallflucht
Ziel des Schreibens aus dem Bundesjustizministerium ist es offensichtlich, mit Experten und Verantwortlichen zu möglichen Reformvorschlägen frühzeitig ins Gespräch zu kommen. Die Angeschriebenen wurden bis zum 23. Mai um Stellungnahme gebeten. Eine Sprecherin des Ministeriums betont jedoch am Dienstag, die Überlegungen seien noch in einem frühen Stadium. Sie sagt: "Dem Bundesministerium der Justiz ist es wichtig, auch die Argumente relevanter Verbände in seine Erwägungen einzubeziehen. Eine Entscheidung, ob und wie eine mögliche Anpassung erfolgt, ist noch nicht getroffen worden."
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Dennoch ist die Aufregung schon jetzt groß. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat sich kritisch zu den Überlegungen des Bundesjustizministeriums geäußert. "Ich sehe die Gefahr, dass nun der Eindruck erweckt wird, die Unfallflucht sei bloß ein Kavaliersdelikt", sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Michael Mertens dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Auswirkungen für Geschädigte könnten gravierend sein – "gerade für Autobesitzer ohne Vollkaskoversicherung". Den "Westfälischen Nachrichten" sagte Mertens, eine Neuregelung würde Staatsanwaltschaften entlasten, aber "Bußgeldstellen belasten, weil sie Ordnungswidrigkeiten bearbeiten".
Kritik aus Justiz an Buschmann-Vorstoß
Auch Vertreter der Justiz sind skeptisch. "Aus Sicht der Justizpraxis besteht kein Anlass, das unerlaubte Entfernen vom Unfallort in Fällen ohne Personenschaden zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen", sagte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds (DRB), Sven Rebehn, der "Augsburger Allgemeinen". "Die Strafvorschrift hat sich bewährt und gibt den Gerichten ausreichend Spielräume, um Rechtsverstöße jeweils tat- und schuldangemessen zu bestrafen", betonte Rebehn.
Aktuell werden Unfallbeteiligte, die sich unerlaubt von einem Unfallort entfernen, mit einer Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft bestraft. Das könnte, wenn die Überlegungen aus dem Justizministerium tatsächlich umgesetzt werden sollten, so künftig nur noch bei Unfällen mit Personenschaden gelten.