Die ostdeutschen Bundesländer können nach Auffassung von Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt einen Beitrag zur Verbesserung der Verteidigungssicherheit Deutschlands leisten. "Die geografische Lage macht die Infrastruktur in Ostdeutschland zum Schlüssel auch für Deutschlands Sicherheit", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Es gehe dabei auch um die Frage, wie eine sichere Verkehrs- und Energieinfrastruktur aussehen kann.
Voigt sieht auch Potenzial für die Wirtschaft. "Klar ist doch, dass die Wirtschaft im dritten Jahr der Rezession unter Druck ist", sagte er. Sein Ziel sei es, Arbeitsplätze in Thüringen zu erhalten und weiter auszubauen. "Wirtschaftlich kann das auch eine Möglichkeit sein, bestimmte Dinge, die weggefallen sind, zu kompensieren", sagte Voigt. Er nannte als Beispiel die teils unter Druck geratene Auto-Zulieferbranche. Seiner Meinung nach könnte auch sogenannte Dual Use Forschung - das heißt sowohl für zivile als auch militärische Zwecke - in den ostdeutschen Ländern stattfinden. "Auch die Wertschöpfung unserer Industrie spielt eine Rolle."
Die Verteidigungsstrukturen in den ostdeutschen Bundesländern sollen auch Thema bei Konferenz der ostdeutschen Regierungschefs am Donnerstag bei Weimar sein. Die Ministerpräsidenten von Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg sowie die Regierungschefin von Mecklenburg-Vorpommern treffen sich auf Schloss Ettersburg, erwartet werden auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).
Voigt warb wie schon zuvor Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) für die Region: Die ostdeutschen Länder hätten in dem Bereich immense Potenziale. Es gebe etliche innovative Unternehmen – etwa in den Bereichen Robotik, Optik oder den Materialwissenschaften, sagte Voigt. "Es geht aber auch darum, dass wir im Zivil- und Bevölkerungsschutz besser werden." Voigt führt in Thüringen eine Koalition aus CDU, BSW und SPD an.
In der Bevölkerung gebe es seiner Einschätzung nach "die Einsicht, dass wir verteidigungsfähiger sein müssen und dass wir damit auch gleichzeitig wirtschaftliche Impulse auslösen können", sagte er.
Auch Sachsen dringt darauf, von den Verteidigungs-Milliarden zu profitieren. Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) sagte, die Bundesregierung müsse sicherstellen, dass ein auskömmlicher Teil in Ostdeutschland ankommt. Der höhere Wehretat dürfe nicht nur in etablierte Strukturen fließen, es müssten damit Zukunftsinvestitionen getätigt werden. Das werde die Akzeptanz für die stark steigenden Rüstungsausgaben in Ostdeutschland erhöhen, sagte Panter.
Landes-Wirtschaftsminister bringt Ost-Quote ins Spiel
Der SPD-Politiker forderte sichere Zusagen des Bundes – notfalls über eine feste Quote für die ostdeutschen Länder. "Ich gehe davon aus, dass die ostdeutschen Ministerpräsidenten bei ihrem Treffen in Weimar diesen Punkt auch im Gespräch mit Verteidigungsminister Boris Pistorius setzen werden."

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Zuvor hatte bereits Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer dafür geworben, die Rüstungsindustrie in seinem Bundesland zur Stärkung der Wirtschaft im Freistaat auszubauen. Der CDU-Politiker forderte eine gezielte Unterstützung vom Bund für den Osten und schlug eine Ostdeutschlandkomponente bei der Vergabe von Aufträgen vor.
Thüringen erwartet Investitionen im Osten
Voigt sagte dazu: "Ich glaube, das ist ein Punkt, den man ganz offensichtlich diskutieren muss, weil wir über Jahre benachteiligt waren." Es seien in Ost- und Westdeutschland historisch verschiedene Strukturen entstanden. Es sei möglich, etwa Ausschreibungen entsprechend auszurichten oder die Vergabeverfahren mit einer Standortförderung zu verknüpfen.
Neben dem Thema Verteidigung soll es in Ettersburg im Gespräch mit dem Kanzler auch um Gesundheitspolitik, Renten sowie um Wirtschafts- und Innovationsförderung gehen, wie Thüringens Staatskanzleichef Stefan Gruhner ankündigte. Auch Gruhner sprach von der Erwartung, dass Investitionen in Infrastruktur und Aufträge in den Osten gehen. Es gebe etwa im Bereich Optik in Thüringen nicht nur Potenzial, sondern auch Exzellenz.