Auch für unter 60-Jährige Berlin, Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern geben Astrazeneca frei: Kann jetzt jeder für die Impfung dorthin fahren?

Priorisierung aufgehoben: Diese drei Bundesländer impfen ab sofort alle, die wollen, mit Astrazeneca
Sehen Sie im Video: In diesen drei Bundesländer impfen Arztpraxen ab sofort alle, die wollen, mit Astrazeneca.




Lange galt eine strikte Reihenfolge beim Impfen gegen das Coronavirus, nur besonders stark Gefährdete konnten eine Dosis erhalten. Zumindest für einen Impfstoff ist diese Einschränkung in drei Bundesländern nun aufgehoben. In Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern ist das Vakzin von Astrazenecea in Arztpraxen für alle Altersgruppen verfügbar. Wegen sehr seltener Fälle von Blutgerinnseln soll der Astrazeneca-Impfstoff in Deutschland seit dem 31. März in der Regel nur noch bei Menschen ab 60 Jahren eingesetzt werden. Unter 60-Jährige können sich nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung weiterhin damit impfen lassen.
Astrazeneca für alle! So oder ähnlich lassen sich die Entscheidungen von Berlin, Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern zur Freigabe des Impfstoffs für alle Erwachsenen zusammenfassen. Aber können sich nun auch Menschen aus anderen Bundesländern dort impfen lassen? Der stern hat nachgefragt.

Nach Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern hebt nun auch das Land Berlin die Priorisierungen für den Coronavirus-Impfstoff von Astrazeneca auf und geben ihn für alle Altersgruppen frei. Damit können sich in diesen vier Bundesländern auch Menschen unter 60 Jahren mit dem Mittel immunisieren lassen.

Wegen eines geringen Risikos von Blutgerinnseln bei Jüngeren ist der Impfstoff eigentlich in erster Linie für über 60-Jährige vorgesehen. Davon wollen die vier Bundesländer nun abweichen. Das Ziel, so sagt es beispielsweise Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU): "Jede Dosis Impfstoff muss möglichst rasch verimpft werden." Nichts soll liegenbleiben.

Beratung ist Pflicht vor Coronavirus-Impfung mit Astrazeneca

Bedingung ist jeweils, dass sich die volljährigen Kandidatinnen und -kandidaten vor der Impfung ausführlich zu den möglichen Nebenwirkungen des Astrazeneca-Wirkstoffs beraten lassen. "Die Freigabe ist ein Angebot, dass diejenigen, die keine oder wenige Vorbehalte gegen den Impfstoff haben, die Möglichkeit nutzen können, sich gegen das Coronavirus auch impfen zu lassen", sagt Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU).

Der oder die eine oder andere Impfwillige aus anderen Bundesländern könnte nun neidisch auf Berlin, Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern blicken – und sich eine Frage stellen: Kann ich mich ins Auto oder in die Bahn sitzen und einfach dorthin fahren, um mich impfen zu lassen? Der stern hat sich bei den Verantwortlichen erkundigt:

  • Bayern will den Astrazeneca-Impfstoff über niedergelassene Haus- und Fachärzte bzw. -ärztinnnen und die Impfzentren im Land an unter 60-Jährige verabreichen lassen. Hier besteht einer Ministeriumssprecherin zufolge ein Unterschied: "Die örtliche Zuordnung der Bürger zu den Impfzentren erfolgt in Bayern anhand der Postleitzahl des Wohnorts des Impfwilligen", teilt sie dem stern mit. Sie stehen also nur den Einwohnerinnen und Einwohnern Bayerns zur Verfügung. "Hinsichtlich der Impfungen bei niedergelassenen Ärzten besteht keine solche Zuordnung. Jedem Impfwilligen steht die Wahl seines Arztes frei." Im Klartext: Wer in einem anderen Bundesland lebt und einen Arzt bzw. eine Ärztin im Freistaat hat oder findet, der oder die dazu bereit ist, kann sich auch dort impfen lassen.
  • In Sachsen soll das Mittel von Astrazeneca in den Arztpraxen verimpft werden. "Dies bedeutet konkret, dass sich auch Menschen unter 60 Jahre nach Aufklärung durch den Arzt für eine Impfung mit diesem Impfstoff entscheiden können – auch wenn sie keiner Priorisierungsgruppe angehören", schreibt das Sozialministerium von Petra Köpping (SPD). Auf stern-Nachfrage erklärt es: "Hausärzte impfen in eigener Verantwortung – sie entscheiden selbst, ob sie nur ihre eigenen Patienten impfen oder auch andere Menschen." Es gilt also für die Praxen dasselbe wie in Bayern.
  • In Mecklenburg-Vorpommern soll der Astrazeneca-Impfstoff nicht nur über Hausärzte, sondern auch über Impfzentren und mobile Impfteams an den Mann oder die Frau gebracht werden. Allerdings gelte das Wohnortprinzip, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums mitteilt: "Es können sich Bürgerinnen und Bürger mit gemeldeten Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern impfen lassen."
  • Zuletzt hatte Berlin am Donnerstagnachmittag ebenfalls angekündigt, sich bei der Verimpfung des Astrazeneca-Wirkstoffs von der bundesweiten Reihenfolge zu lösen. Ob nun in den Arztpraxen der Hauptstadt auch Nicht-Berlinerinnen und -Berliner geimpft werden können, ist noch nicht bekannt. Die Antwort der Senatsverwaltung für Gesundheit steht noch aus.

Wer sich nicht am "Impftourismus" nach Bayern oder Sachsen beteiligen will, muss sich noch in Geduld üben, bis er oder sie den erlösenden Piks bekommt. Allerdings gibt es auch für diese Menschen womöglich eine gute Nachricht: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat an diesem Donnerstag angekündigt, dass wohl im Juni keine offiziell festgelegte Impfreihenfolge mehr nötig sein könnte. Dann könnten sich alle erwachsenen Bürgerinnen und Bürger gegen das Coronavirus impfen lassen. Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung darüber berichtet.

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos

Mehr zum Thema