China hat einen neuen sprunghaften Anstieg der SARS-Fälle enthüllt. Bis Montagabend sei die Zahl der am Schweren Akuten Atemwegssyndrom (SARS) Erkankten um 157 auf 2158 gestiegen. Die Zahl der Toten habe um 5 auf 97 zugenommen, berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua mit Verweis auf Angaben des Gesundheitsministeriums.
Peking besonders schwer betroffen
Für die Hauptstadt Peking wurde ein weiterer Anstieg um 106 Patienten auf jetzt 488 berichtet. Auch wurden 3 weitere Tote gemeldet, womit die Zahl der Todesopfer in Peking auf 28 stieg. Neben der Südprovinz Guangdong ist die Hauptstadt besonders schwer betroffen. Experten rechnen damit, dass viele der einigen hundert Verdachtsfälle sich auch noch bestätigen werden.
Mehr als ein Drittel aller Provinzen, Regionen und Metropolen sind jetzt betroffen. Neben der Südprovinz Guangdong hat Peking die meisten Fälle. Der starke Zuwachs in der Hauptstadt, dessen Bürgermeister Meng Xuenong wie der Gesundheitsminister Zhang Wenkang am Vortag wegen Missmanagements der Krankheit entlassen worden war, wurde durch "verbesserte Überwachungsmechanismen" begründet.
Inspektionsteams für die ländlichen Regionen
Die Zentralregierung entsandte Inspektionsteams nach Peking, Shanxi, die Innere Mongolei, Henan, Guangdong und Ningxia. Besondere Aufmerksamkeit soll den ländlichen Regionen geschenkt werden, die medizinisch so rückständig sind, dass SARS-Fälle kaum als solche erkannt werden. Zwei Drittel der 1,3 Milliarden Chinesen leben auf dem Lande. Ministerpräsident Wen Jiabao nannte die Situation bei einem Treffen der Mitglieder der Untersuchungsteams "Besorgnis erregend". Er räumte Schwächen im öffentlichen Gesundheitssystem ein.
Die neuen Enthüllungen folgten auf das Zugeständnis, dass Hunderte von Fällen vor allem in Peking bislang verheimlicht worden waren. Als Zeichen, wie ernst die Regierung die Lage einschätzt, wurde die "Goldene Woche" genannten Ferien über die Maifeiertage gestrichen, damit Millionen von Reisenden die Krankheit nicht weiter verbreiten. Aus Angst vor Ansteckungen schlossen zwei Provinzen vorübergehend ihre Schulen.
Regierung stellt Gelder zur Verfügung
Staats- und Parteichef Hu Jintao unterstrich die Sorge der Regierung. Bei einem Besuch von zwei medizinischen Instituten sagte der Präsident, die Identifikation des Erregers und schnelle Diagnose seien wichtig für Vorbeugung und Behandlung der Krankheit. Die Regierung stellte 100 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung, um die Verbreitung der Krankheit im rückständigen zentralen und westlichen China zu bremsen. Damit stiegen die gesamten Mittel auf 320 Millionen Euro.
Passagiere auf inländischen Flügen müssen seit Montag eine Gesundheitserklärung ausfüllen. Darin muss aufgeklärt werden, wo sie in den vergangenen zwei Wochen gewesen seien, berichtete die Luftfahrtbehörde. In Peking wurden sechs Krankenhäuser speziell für die Krankheit designiert. Nach offiziell unbestätigten Berichten aus Ulan Bator gibt es in der Mongolei auch einen ersten SARS-Toten. Es handelt sich um einen Taxifahrer, der alle Anzeichen der Lungenkrankheit gehabt habe, hieß es.
Kanada weiterhin betroffen
In der kanadischen Provinz Ontario befinden sich wegen der gefährlichen Lungenkrankheit unterdessen inzwischen rund 7000 Menschen unter Quarantäne. Die Provinz ist am schwersten von der Ausweitung des Schweren Akuten Atemwegssyndroms in Kanada betroffen. Von den 300 landesweit gemeldeten Infektionsfällen entfallen bisher 259 allein auf die bevölkerungsreichste Provinz des Landes. Auch die 14 Todesfälle haben sich alle in Ontario ereignet.
Besonders von den Folgen von SARS betroffen ist die Tourismus-Branche. Hotelbedienstete in der Metropole Toronto sagten, die Auswirkung auf die Besucherzahlen sei schlimmer als nach den Terror-Anschlägen vom 11. September in den USA.
Nach WHO-Zahlen hat sich SARS ausgehend von China auf inzwischen 25 Länder ausgeweitet. Mindestens 209 Personen sind danach an den Folgen von SARS gestorben. Kanada ist bisher das einzige Land außerhalb Asiens mit Todesfällen durch SARS.