Corona-Variante Omikron ist auf dem Vormarsch: Das müssen Sie jetzt wissen

Omikron: Ein Schnelltest auf das Coronavirus
Schnelltest auf das Coronavirus: Omikron dürfte in den ersten beiden Monaten 2022 zur dominierenden Variante in Europa werden
© Marijan Murat / DPA
Omikron dürfte in den kommenden Wochen zur dominierenden Variante auch in Deutschland werden. Was bedeutet das für die Impfungen? Und wie schwer verlaufen Omikron-Infektionen? Ein Überblick.

In Deutschland hat sich die Corona-Lage zuletzt leicht stabilisiert: Die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt seit wenigen Tagen, ebenso wie die Zahl der Covid-19-Intensivpatienten. Allerdings bleiben beide Werte weiterhin auf hohem Niveau. Experten bereitet das mit Blick auf die drohende Ausbreitung der Corona-Variante Omikron Sorge: Die Mutante, die zunächst in Südafrika nachgewiesen worden war, gilt als hochansteckend und kann den Immunschutz besser als bisherige Varianten umgehen.

Zwar geht die große Mehrheit der Corona-Fälle in Deutschland aktuell noch auf das Konto der Delta-Variante. Doch der Blick in Länder wie Dänemark zeigt, mit welcher Geschwindigkeit sich Omikron ausbreiten kann. Auch in Großbritannien setzt sich die Mutante derzeit mit extrem hohem Tempo durch: Experten gehen dort von einer Verdopplung der Fallzahlen binnen zwei Tagen aus. 

Was kommt mit Omikron in den kommenden Wochen auf uns zu? Ein Überblick.

Was unterscheidet Omikron von bisherigen Varianten?

Bei der Variante fällt vor allem die hohe Anzahl an Mutationen auf, die das Spike-Protein des Virus betreffen: Allein in diesem Teil des Genoms finden sich 30 Abweichungen. Das Protein spielt eine Schlüsselrolle bei der Übertragung von Sars-CoV-2: Mit ihm dockt das Virus an menschliche Zellen an, um sie anschließend zu infizieren. 

Nun sind Mutationen zunächst nicht per se besorgniserregend - auch die schiere Anzahl sagt zunächst nichts darüber aus, ob das Virus unter Umständen ansteckender oder "gefährlicher" geworden ist.

Das Problem ist aber, dass die aktuellen Impfstoffe auf das Spike-Protein des Coronavirus vom Pandemie-Beginn ausgerichtet sind – nicht auf die veränderte Omikron-Variante. Es gibt bereits Hinweise aus Labordaten, dass die Antikörper von zweifach Geimpften Omikron schlechter als bisherige Varianten neutralisieren können. Experten gehen deshalb davon aus, dass Omikron zu mehr Durchbruchsinfektionen – also Ansteckungen trotz vollständiger Impfung – und Re-Infektionen führt. Es ist deshalb zu erwarten, dass die Inzidenz mit Omikron erneut stark ansteigen wird. 

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht angesichts von Omikron von einer "massiven fünften Welle" aus, wie er am Freitag in Hannover erklärte.

Sind die aktuellen Impfstoffe damit nutzlos?

Nein, keineswegs. Denn die Immunantwort des Körpers basiert nicht auf Antikörpern allein, sondern auch auf sogenannten T-Zellen. Experten gehen deshalb davon aus, dass Geimpfte trotz schwächelndem Ansteckungsschutzes auch weiterhin gut vor schweren Covid-19-Verläufen geschützt sind.

Der schwächelnde Ansteckungsschutz unterstreicht jedoch die Notwendigkeit einer Booster-Impfung. Eine Auffrischimpfung kann die Schutzwirkung wieder deutlich erhöhen, wie Daten aus Großbritannien zuletzt zeigten. 

Die Auswertung ergab demnach, dass der Schutz vor symptomatischer Infektion mit Omikron 15 Wochen nach der zweiten Dosis Biontech auf 34 Prozent sinkt. Menschen, die mit zwei Dosen des Astrazeneca-Präparats geimpft worden waren, hatten keinen Schutz mehr vor symptomatischer Infektion. Zwei Wochen nach einer Booster-Impfung stieg die Schutzwirkung bei beiden Präparaten auf über 70 Prozent. Die Zahlen müssen aufgrund der geringen Anzahl der untersuchten Omikron-Fälle allerdings noch mit Vorsicht interpretiert werden.

Impfstoffhersteller arbeiten derzeit an aktualisierten Impfstoffen gegen Omikron. Bis diese flächendeckend zur Verfügung stehen, wird es allerdings noch einige Monate dauern. Auch aus diesem Grund raten Experten, für den Booster nicht auf aktualisierte Impfstoffe zu warten, sondern die aktuellen Impfstoffe zu nutzen. 

Es gibt Hinweise, dass Omikron zu milderen Krankheitsverläufen führt. Ist da was dran?

Das ist noch nicht sicher zu beantworten. Aus Südafrika gibt es zwar erste Hinweise über vergleichsweise milde Krankheitsverläufe mit Omikron. Allerdings ist unklar, ob sich diese Erkenntnisse auch auf andere Länder wie Deutschland mit einem viel höheren Durchschnittsalter übertragen lassen. Ein höheres oder hohes Lebensalter gilt als Risikofaktor für schwere Covid-19-Verläufe.

Die Berichte aus Südafrika stützen sich bislang auf eher geringe Fallzahlen bei überwiegend jüngeren Betroffenen. Zudem gelten viele Menschen in Südafrika als bereits genesen: Stecken sich diese Personen erneut an, sind ohnehin eher mildere Verläufe zu erwarten. Auch das könnte das Bild aktuell noch verzerren. 

Wie viele Omikron-Fälle gibt es bislang in Deutschland?

Das Robert Koch-Institut hat bis zum 14. Dezember 112 bestätigte Omikron-Fälle gezählt. Hinzu kommen 213 Verdachtsfälle, bei denen sich im PCR-Test gewisse Auffälligkeiten zeigten, die den Schluss nahelegen, dass es sich um Omikron handeln könnte. Diese Proben müssen aber noch einmal via Genomsequenzierung untersucht werden, um den Anfangsverdacht zu bestätigen.

Wann könnte Omikron in Deutschland zur dominanten Variante werden?

Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC rechnet damit, dass die Variante in den ersten zwei Monaten 2022 in Gesamt-Europa zur dominierenden Variante wird. Nach Auffassung von Experten könnte sich Omikron in Deutschland bereits im Januar zur dominanten Variante entwickeln. 

Was raten Experten?

Fachleute wie der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, Bernd Salzberger, drängen auf eine Verkürzung des Abstands zwischen zweiter und dritter Impfung. Die Ständige Impfkommission empfiehlt im Regelfall bisher sechs Monate, je nach Bundesland ist es auch schon früher möglich. Eine raschere Auffrischimpfung könne die Ausbreitung sowohl der Delta- wie auch der Omikron-Variante beeinflussen, "das zeigen die Erfahrungen aus Israel sehr eindrücklich", sagte Salzberger kürzlich den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Um die Ausbreitung der Variante zu verlangsamen, hatte der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, am Donnerstag dazu aufgerufen, Weihnachten nur im kleinsten Kreis zu feiern. "Wir alle möchten ja die Feiertage mit Familie und Freunden verbringen, aber wir alle müssen auch gemeinsam dafür sorgen, dass Weihnachten nicht zu einem Kickstart für Omikron wird", sagte er in Berlin. Er bat die Bürger "eindringlich", die Feiertage so zu verbringen, dass sie "nicht für das Virus ein Fest" würden.

Mit Blick auf die Weihnachtstage appellierte auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach an alle Bürgerinnen und Bürger, bei Reisen nach dem Grundsatz vorzugehen: "Wir schützen uns gegenseitig." Jeder sollte sich vorher testen lassen oder zumindest selbst testen – bevorzugt mehrfach. Der Minister machte deutlich, dass vor allem für Menschen ohne Booster-Impfung besondere Vorsicht geboten sei.

Um auch die Kliniken vor der erwarteten Omikron-Welle zu entlasten, sei außer der Intensivierung der kontaktbeschränkenden Maßnahmen eine rasche Erhöhung der Impfquote dringend erforderlich, heißt es in einem aktuellen RKI-Bericht. 24 Prozent der 18- bis 59-Jährigen und 12 Prozent der über 60-Jährigen seien nach wie vor ungeimpft.

ikr, mit Agentur

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