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Politische Debatte Kippt das Stammzellengesetz?

Die deutschen Vorschriften für die Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen sind sehr streng. Nun hat sich der Nationale Ethikrat für eine Lockerung des Stammzellengesetzes ausgesprochen - und damit eine neue Debatte angestoßen.

Der Nationale Ethikrat hat eine fraktionsübergreifende Debatte über eine mögliche Neuregelung des Stammzellengesetzes ausgelöst. Die von der SPD angeregte Verschiebung des Stichtags für die Einfuhr älterer embryonaler Stammzellen aus dem Ausland sei nicht tragbar, sagte der behindertenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hubert Hüppe (CDU), der "Berliner Zeitung". "Damit würden wir die Tötung von Embryonen veranlassen. Denn die Produzenten der Stammzellen und die Forscher würden sich darauf verlassen, dass wir den Stichtag immer wieder ändern."

Vorwurf der "ethischen Bankrotterklärung"

Der Nationale Ethikrat hatte sich am Montag mit knapper Mehrheit für eine Lockerung des strengen Stammzellgesetzes ausgesprochen. Statt wie bisher nur den Import älterer embryonaler Stammzelllinien für die Forschung zu erlauben, sollte künftig jeder Einzelfall geprüft werden. Konkret würde das den Wegfall der von Wissenschaftlern kritisierten Stichtagsregelung bedeuten. Danach dürfen nur Zellen verwendet werden, die vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden. Die Initiative "Christdemokraten für das Leben" sprach von einer "ethischen Bankrotterklärung" des Rates.

Das deutsche Stammzellengesetz

Am 1. Juli 2002 trat das "Gesetz zur Sicherstellung des Embryonenschutzes im Zusammenhang mit Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen (Stammzellgesetz)" in Kraft. Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen für hochrangige Forschungsziele sind nur erlaubt, wenn Stammzellen verwendet werden, die vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden. Forscher, die sich nicht an diese Auflagen halten, machen sich strafbar - auch im Ausland. Heikel, denn viele deutsche Stammzellforscher gehen gerade aufgrund der strengen Regelungen ins Ausland, um dort forschen zu können.

Die forschungspolitische Sprecherin der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Ilse Aigner (CSU), nannte die Empfehlung in der "Berliner Zeitung" eine "Kompromisslinie". Dem "Handelsblatt" sagte Aigner: "Das uneinheitliche Votum des Ethikrates spiegelt die Zerrissenheit wider, die in dieser Frage auch das deutsche Parlament prägt". Die Unionsfraktion werde nach der Sommerpause "fraktionsoffen" über eine Reform diskutieren.

SPD will Verschiebung des Stichtags

Die SPD will im Herbst versuchen, im Bundestag über die Fraktionsgrenzen hinweg eine Mehrheit für eine Gesetzesänderung zu organisieren. Laut dem SPD-Forschungsexperten René Röspel soll der Stichtag auf den 1. Mai 2007 verschoben werden.

"Die Einzelfallprüfung wäre eine Gefährdung des Kompromisses, dass für deutsche Forschung kein Embryo zerstört werden solle", sagte Röspel der "Thüringer Allgemeinen". Der CDU-Politiker Michael Kretschmer sprach sich in der "Frankfurter Rundschau" hingegen dafür aus, dem Ethikrat zu folgen und den Stichtag generell abzuschaffen.

DPA DPA

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