Liebe PETA,
wisst ihr, was irgendwie witzig ist: Ihr und euer Zugpferd Pamela Anderson habt euch erstaunlich ähnlich entwickelt. Verdammt heiß in den Neunzigern, seid ihr heute ein bisschen abgerockt - und euch für keinen billigen PR-Stunt zu blöde.
Letzter Geniestreich: Ihr verklagt einen Fotografen, dessen Foto eines grinsenden Makaken um die Welt ging. Schließlich habe der Affe den Auslöser selbst betätigt und sei somit Urheber des Bildes. Was ein Glück, dass ihr euch als gesetzlicher Vertreter in die Bresche - und natürlich in den Fokus medialen Interesses - geschmissen habt.
"Affe verklagt Fotografen" kommt ja irgendwie auch spektakulärer, als permanent nur irgendwelchen C-Promis ihre Nacktbilder zu finanzieren, oder?
Wann macht ihr den Schimpansen wegen Kannibalismus den Prozess?
Ich bin kein Rechtsphilosoph, und da draußen warten zu viele WhatsApps und Buzzfeed- Listen auf mich, als dass ich dieses Fach in diesem Leben noch werde studieren können, aber: Würde eure Argumentation nicht voraussetzen, dass der Affe wusste, was er da tat? Müsste er nicht in der Lage sein zur reflexiven Selbstbeobachtung? Hatte er das Selfie also geplant, um es auf seinem Snapchat-Account zu posten? Und wenn ihr in eurer Argumentation Affen schon ein menschengleiches Bewusstsein attestiert: Wann macht ihr dem ersten Schimpansen wegen Kannibalismus den Prozess?
Wie steht es eigentlich um die unzähligen Fotos toter Tiere, deren Leichen ihr ohne ihr Einverständnis für Eure Kampagnen zur Schau stellt und ihnen die letzte Würde raubt? Oder ganz anders: Hätte man das ganze Geld, das ihr in diesen öffentlichkeitswirksamen Prozess geballert habt nicht in so etwas Sinnvolles investieren können wie zum Beispiel... Tierschutz?
Verrückte Idee, oder?
Ist das schon offener Antisemitismus?
Den Fotografen habt ihr durch jahrelanges Prozessieren finanziell komplett ruiniert - er kann sich nicht einmal mehr ein Flugticket nach San Francisco zur Anhörung leisten und hat auch sonst nicht mehr allzu viel Spaß an Tieren. Nicht, dass euch das interessieren würde.
Man stellt ohnehin eine überraschend große Schnittmenge fest zwischen denen, die wütend für mehr Tierschutz posten, nur, um wenige Minuten später heftigst zum Beispiel gegen Flüchtlinge zu hetzen. Es braucht keine Brigitte Bardot, um festzustellen, dass Tierschutz und Menschenverachtung sich zu oft zu gerne heimlich treffen.
Ist euch aber bestimmt noch gar nicht aufgefallen.
Als das Benetton der Zoophilie seid ihr vermutlich viel zu beschäftigt, an dem nächsten krassen Schocker zu werkeln. Wie verschmurgelt müssen die Synapsen eigentlich sein, um in einer Kampagne eine unmissverständliche Nähe zwischen Viehtransporten und den Deportationen der Juden herzustellen. Ohnehin: Mit den Juden habt ihr's, oder?
"Der Holocaust auf ihrem Teller?"?
Ihr seid der schwarze Block des Tierschutzes!
Man muss schon reichlich verstrahlt sein, um Bilder von toten und abgemagerten Opfern des Holocaust auf einem Plakat neben ein - zugegebenermaßen bemitleidenswertes -"Nutztier" (schlimmes Wort, ich weiß) zu montieren. Ist das nur mediengeile Effekthascherei - oder schon offener Antisemitismus?
Ich bin immer wieder erstaunt von solch fast schon faschistoidem Furor. Wen glaubt ihr eigentlich zu erreichen, wenn ihr Nintendo angreift, weil Pokemon Go angeblich Tierquälerei sei? Habt ihr damals in Pommesbuden auch Spielkonsolen geknackt, um Donkey Kong zu befreien? Wenn man als eine Bande Gestörter wahrgenommen werden will - nur weiter so!
Und wie ist das eigentlich mit den rund 30.000 Tieren, die ihr in den letzten zehn Jahren umgebracht habt? Gut, die wurden euch zwar anvertraut in dem Glauben, ihr würdet ihnen ein würdevolleres Dasein bescheren, aber hey: Wer sich selbst für eine Art gottgleiche Innung hält, der darf natürlich auch entscheiden, welcher Tod gut und richtig ist, oder? Da könntet ihr doch auch mal ein Plakat draus machen. Ihr müsstet nicht mal groß die Motive ändern.
Ich trag jetzt Pelz - auf dem abgelaufenen Joghurt
Das wirklich Ärgerliche ist, dass ihr so gnadenlos überzieht in eurer PR-Geilheit, dass man sich schon reflexartig auf die andere Seite stellen möchte. Dabei ist, oder besser war, euer Ansinnen im Kern gut und richtig. Niemand kann ernsthaft etwas gegen Tierschutz haben - es sei denn, man ist zum Beispiel Fleischgroßhändler aus Rheda-Wiedenbrück - und es ist wichtig, aufzuklären über teils skandalöse Verstöße gegen diesen oder Artenschutz generell.
Keiner, der mal Bilder von Massentierhaltung gesehen hat und deren Folgen kennt, kann danach normal weiter Fleisch konsumieren. Blöd nur, wenn man den Eindruck gewinnt, man müsse sich zum Verbessern der Welt auf die Seite eines Haufens von Soziopathen stellen. Ein wenig schade ist das schon.
Ganz ehrlich: Ihr seid der schwarze Block des Tierschutzes. Ich warte darauf, dass die ersten Faunafreunde auf die Straße gehen, um sich von euch zu distanzieren. Aber seid nicht traurig: Gut anfangen und als Verein irgendwann dem Größenwahn anheim fallen, das ist schon ganz anderen passiert: Kirche, FIFA, AKP - sucht euch was aus.
Nur um euch zu ärgern, müsste man eigentlich Pelz tragen - und wenn es nur oben auf dem abgelaufenen Joghurt ist.
Helft mir, euch zu mögen!
Cheers,
euer Selfieäffchen
Nachtrag: Inzwischen hat Peta auf die Kolumne reagiert und einen Brief an Micky Beisenherz verfasst.