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Konzert in München Rammstein boykottieren oder Vorwürfe ignorieren? Auf Twitter tobt die Glaubensschlacht

Demonstranten zeigen vor dem Olympiastadion, was sie von Rammstein halten
Demonstranten zeigen vor dem Olympiastadion, was sie von Rammstein halten
© Sven Hoppe / DPA
Rammstein haben in München das Auftakt-Konzert ihrer Europa-Tournee gespielt. In sozialen Medien wie Twitter heizte das die Debatte um den Vorwurf der sexuellen Gewalt gegen Sänger Till Lindemann erneut an. Ein Blick auf die unversöhnlichen Lager.

Rammstein haben am Mittwochabend das erste Deutschland-Konzert ihrer Europa-Tournee im Münchner Olympiastadion gespielt. Es war ausverkauft genau wie die drei weiteren Shows, die die Berliner Band in München spielt. Insgesamt wurden 240.000 Tickets verkauft. Frontmann Till Lindemann ging während der Show nicht auf die Vorwürfe der sexuellen Gewalt ein, im Gegenteil: Der Sänger gab sich zwischen den Songs wie gewohnt wortkarg. Das Publikum verabschiedete er mit den Worten: "München, danke, dass ihr hier seid. Danke, dass ihr bei uns seid." Anders als bei anderen Konzerten verzichtete die Band auf das Lied "Pussy", zu dem Lindemann sonst das Publikum seit Jahren mit einer riesigen, penis-förmigen Schaumkanone bespritzte.

Normalerweise lieben die Fans solche Showelemente. Rammstein sind globale Superstars und haben eine treue Fangemeinde in Deutschland wie weltweit. Aktuell sieht sich die Gruppe schweren Anschuldigungen ausgesetzt. Die Band und insbesondere Sänger Till Lindemann sollen junge Frauen gezielt für Sex ausgewählt haben. Dabei sollen Frauen auch unfreiwillig unter Drogen gesetzt worden sein. Die Band bestreitet die Anschuldigungen und hat angekündigt, sie durch eine Anwaltskanzlei untersuchen zu lassen. Von strafrechtlichen Ermittlungen ist bislang nichts bekannt.

Dennoch tobt in der Öffentlichkeit eine Debatte über sexuelle Gewalt und die Frage, wann die behauptete Freiwilligkeit aufhört und männlicher Machtmissbrauch beginnt. Folgt man den Schilderungen der Frauen, gab es ein ausgeklügeltes System, das genau die Machtstellung und die Naivität junger Frauen skrupellos ausgenutzt hat.

Selbstverständlich stehen nun die Konzerte der Band im Mittelpunkt: Wie gehen die Fans mit den Vorwürfen um? Auf Twitter überhäufen sich seit Bekanntwerden der Vorwürfe Verteidiger und Kritiker mit Anschuldigungen und Beschimpfungen. Die einen tun die Aussagen als harmlos ab oder disqualifizieren die Frauen als profilierungssüchtig, die anderen erklären Rammstein-Anhänger zu Mittätern.

Was Kritikerinnen den Rammstein-Verteidigern besonders vorwerfen, ist die Täter-Opfer-Umkehr oder das Victim-Blaming: Viele Fans sind der Meinung, dass die Frauen, die mit ihren Aussagen die Vorwürfe öffentlich gemacht haben, selber Schuld an ihrem Unglück zu seien. Ganz nach dem Motto: Wer sich mit Rockstars einlässt, muss wissen, was passiert. Umgekehrt gehören Beschimpfungen gegen Rammstein-Anhänger dazu. Demnach sei schon der Besuch eines Konzertes von Rammstein "ekelhaft".

Die Aussagen in den Tweets machen deutlich, wie groß die Unterschiede sind in der Beurteilung des Falls Rammstein. Und wie schwer es immer noch für Frauen ist, Gehör zu finden, wenn es um männliche Machtausübung geht. Wir haben die Tweets abwechselnd in Pro und Kontra über den Artikel verteilt.

tis

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