Anzeige
Anzeige

"Hart aber fair" "Wenn wir genug Talkshows haben, dann gehen die wieder" - so lief Plasbergs umstrittener Flüchtlingstalk

Bei hart aber fair ging es um das Thema "Flüchtlinge und Kriminalität"
Frank Plasberg diskutierte am Abend zum Thema "Flüchtlinge und Kriminalität". Seine Gäste bei "Hart aber fair" (v.l.): Markus Blume (CSU), Ruud Koopmans, Holger Münch, Isabel Schayani und Annalena Baerbock (B‘90/Grüne).
© WDR/Oliver Ziebe
Bei "Hart aber fair" ging es mal wieder um Geflüchtete. Zwei Gäste kritisierten Moderator Plasberg dafür, nur defizitär zu berichten. Die Kritik wurde, genau wie die hitzigen Diskussionen im Vorfeld, nicht groß kommentiert.
Von Andrea Zschocher

Bereits im Vorfeld sorgte "Hart aber fair" für einen Sturm der Entrüstung in den sozialen Netzwerken. Denn das Thema "Flüchtlinge und Kriminalität - Die Diskussion!" bewegt die Gemüter. Und es wird, aus Sicht vieler Zuschauerinnen und Zuschauer, zu oft über Geflüchtete und vor allem über Kriminalität in Zusammenhang mit Geflüchteten gesprochen. Ein Blick in die Statistik zeigt zwar, dass auch das Thema Pflege in 2018 schon mehrfach besprochen wurde, allerdings ist der Tenor dort ein vollkommen anderer. Und so lässt sich auch an dieser Ausgabe von "Hart aber fair" vor allem eins kritisieren: Wieder einmal wurde über Geflüchtete gesprochen, statt mit ihnen. 

Zu Gast bei "Hart aber fair" waren:

  • Grünen-Chefin Annalena Baerbock
  • CSU-Generalsekretär Markus Blume
  • Isabel Schayani, Moderatorin "Weltspiegel" und Leiterin der Redaktion "WDRforyou"
  • Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA)
  • Ruud Koopmans, Professor für Soziologie und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin
  • Asmen Illhan, Gruppenleiter beim Projekt "Heroes - gegen Unterdrückung im Namen der Ehre"

Auch Moderator Frank Plasberg schien die Diskussion um sein umstrittenes Thema nicht entgangen zu sein. Und dennoch erklärte er zu Beginn der Sendung nur kurz, dass das "Thema Flüchtlinge leidenschaftlich diskutiert wird" und die im Vorfeld gelaufene Dokumentation "Das Mädchen und der Flüchtling" so sehenswert und wichtig sei, dass das Thema im Anschluss noch mal aufgerollt werden müsse.

Fraglich ist nur, warum mal wieder dann kein Geflüchteter in die Sendung eingeladen wurde, um auch mal eine andere Perspektive auf viele Aussagen zu werfen.

Über Geflüchtete sprechen, statt mit ihnen - der Tenor der Politiktalkshows

Wie in fast allen Talksendungen diskutierten auch am Montagabend wieder Politikerinnen, Politiker und Medienschaffende über DIE Flüchtlinge. Es gab zwar den Einwand von Annalena Baerbock, dass es nicht den einen stereotypen Geflüchteten gibt, aber diese Diskussion verlief schnell im Sande. Das lag vermutlich auch an Plasberg selbst, an dem jegliche Kritik dieser Art, egal wie verpackt oder direkt sie auch vorgetragen sein mag, abperlte.

Asmen Illhan, ein Gruppenleiter des Projektes "Heroes", der vor allem mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund arbeitet, wies Plasberg sehr ruhig und klug daraufhin, dass auch "Hart aber fair" immer wieder "defizitär" auf Geflüchtete schauen würde. Seiner Meinung nach sollte man eben nicht immer nur über Geflüchtete reden, sondern mit ihnen. Ins gleiche Horn blies, angestachelt durch Illhan, dann auch Isabel Schayani. Die Moderatorin musste zunächst auf Wunsch Plasbergs noch mal deutlich machen, dass ihr Vater Iraner sei, ein Hinweis, der so gar keinen Erkenntnisgewinn für das Gespräch brachte. Schayani jedenfalls griff Plasberg ebenfalls an. "Wir reden über die und wir - hier sitzt ja auch kein Flüchtling."

Und genau das, dieses Diskutieren müsse aufhören. Sie hätte das Gefühl, führte sie ironisch aus, "wenn wir genug Talkshows haben, dann gehen die wieder", eine Annahme, die natürlich vollkommener Quatsch ist.

Integration - auch nur ein Schlagwort

Was allen Eingeladenen wichtig war: Integration. Das ist so ein schönes Wort, mit dem am Abend wirklich um sich geworfen wurde. Integration wurde von den Geflüchteten gefordert, Integration müsse vom Staat ermöglicht werden. Wie genau diese Integration aber konkret aussehen kann, wie Geflüchtete, die noch im Asylverfahren stecken, sich integrieren können, das wurde nicht angesprochen.

Stattdessen droschen alle wieder Phrasen "Integration fällt nicht vom Himmel", erklärte Annalena Baerbock. Es gäbe kein "Entweder-oder, man muss auf Integration setzen", sonst müsse eben konsequent abgeschoben werden, sagte Holger Münch, der Präsident des Bundeskriminalamtes. Und Markus Blume von der CSU erläuterte, dass Integration nicht heißt, "dass man sich in der Mitte trifft", sondern, dass sich die Geflüchteten in Richtung "unserer rechtsstaatlichen Gesellschaft" entwickeln müssen.

Es gibt, das zeigte auch die im Vorfeld gezeigte Dokumentation, aus der Plasberg immer wieder Sequenzen aufgriff, viele junge Geflüchtete, die sich sehr gut integrieren, auch unbegleitete Minderjährige, die in Deutschland mit einem freien Weltbild konfrontiert werden und erst lernen müssten, dies zu akzeptieren. Migrationsforscher Ruud Koopmans warf die These in dem Raum, dass die Jugendlichen nur bis zu einem Alter von Mitte 20 in der Lage seien, dieses Weltbild zu akzeptieren, für ältere Geflüchtete wäre die frauen- und homofeindlichen Einstellungen aus den Herkunftsstaaten bindender. Er machte auch den Vorschlag die "Flüchtlingsstruktur" zu verändern und statt junger Männer vor allem geflüchteten Familien eine Bleibeperspektive zu ermöglichen.

Bleibeperspektive senkt Kriminalitätsrate

Dass mit einer Bleibeperspektive auch die Kriminalitätsrate sinkt, sah BKA-Präsident Münch als erwiesen an. Er sprach auch über die "Testosteronkurve", bei der Männer bis 30 Jahre, die signifikant größte Tätergruppe ausmachen würden. Dabei, so stelle die Statistik auch heraus, würden Geflüchtete aus den sogenannten Maghreb-Staaten sehr viel häufiger zu Tätern als Geflüchtete aus Syrien oder Afghanistan.

Aufgrund dieser Aussage entspann sich sofort wieder eine Diskussion um die sicheren Herkunftsländer, bei denen Moderator Plasberg mal wieder ins Feld führte, dass ja die Länder, in denen auch Deutsche Urlaub machen, dann auch als sicher gelten müssten. Die Grünen-Politikerin Baerbock wies Plasberg darauf hin, dass nicht nur das Herkunftsland ein Fluchtgrund sei, sondern es durchaus auch andere Gründe für Menschen gäbe, ihre Heimat zu verlassen.

Am Punkt "sichere Herkunftsländer" rieben sich dann auch die eingeladenen Gäste von den Grünen und der CSU. Baerbock und Blume waren sich nicht zu fein, nochmal über die Sondierungsgespräche der geplatzten Jamaika-Koalition zu reden und sich gegenseitig Vorwürfe zu machen. Ein beinahe irrwitziges Verhalten, was auch zeigte, wie sehr das Thema Geflüchtete eben die Gemüter bewegt, aber auch dafür herhalten muss, Quote oder Wahlergebnisse zu machen. Nächste Woche, so kündigte die Redaktion von "Hart aber fair" an, solle es dann wieder um den Pflegenotstand gehen.   

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel