Peter Hartz hat den Pferden auf der Koppel lange zugesehen, dann wendet sich der 70-Jährige zum Gehen. "So ist es gut", sagt er. Der letzte Satz der Dokumentation "Auf der Suche nach Peter Hartz" ist so überraschend unaufgeregt wie der Protagonist selber. Einer wie Hartz rechnet nicht ab. "Das ist ein harmoniesüchtiger Saarländer", schildern ihn seine Weggefährten in dem 45-minütigen Film von Lutz Hachmeister, der an diesem Montagabend in der ARD läuft. Dabei hätte Hartz allen Anlass, bissiger zu sein, bitterer auf seinen tiefen Fall zurückzublicken - vom Arbeitsmarktreformer und VW-Personalvorstand zum Buhmann der Nation.
Für die Dokumentation, produziert von SWR und WDR, hat Hartz sein jahrelanges Schweigen vor der Kamera gebrochen. Doch daraus wird keine tiefschürfende Analyse der Ränke und Intrigen im Umfeld der Mächtigen, daraus wird über weite Strecken eher eine sozialpolitische Geschichtsstunde: Der Saarländer, der auszog, der Arbeitslosigkeit das Fürchten zu lehren. So, als er mithalf, die Belegschaft der Stahlindustrie im Saarland von 39 000 (1975) auf 11 000 (1993) zu senken - ohne eine einzige Entlassung. So, als er 1993 zum krisengeschüttelten VW-Konzern kam und mit geschmeidiger Hand eine Vier-Tage-Woche schuf, die die Kosten beim Wolfsburger Autobauer ohne milliardenschwere Abfindungen drückte.
Kanzler Gerhard Schröder (SPD) machte 2002 angesichts von 4,5 Millionen Arbeitslosen den Vertrauten zum Kommissionsvorsitzenden. Hartz lieferte, auch wenn er über die konkreten Folgen nicht immer glücklich war. "Unser Vorschlag zur Grundvergütung beim Arbeitslosengeld II lag bei 511 Euro", vergleicht er den Wunsch mit der Wirklichkeit von 364 Euro.
Fahrt nimmt der Film in der VW-Affäre um Schmiergelder und Sexpartys auf. 2005 versucht der neue niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) den Skandal zum Anlass zu nehmen, das "System VW" mit seinen wechselseitigen Abhängigkeiten von Management und Arbeitnehmervertretung auszuhebeln. Hartz, der später im Prozess einräumt, den Betriebsrat mit Geld auf Linie gehalten zu haben, wird von Interviewten eher als "Sündenbock" eingestuft. Niemand außer ihm habe die Verantwortung übernommen. Als er 2007 beim Landgericht Braunschweig seinen Prozess hat, ist alles für eine diskrete Zufahrt zum Nebeneingang vorbreitet. Doch Hartz wählt bewusst den Haupteingang, lässt sich wüst beschimpfen. Heute hilft Hartz immer noch. Er schult im Saarland Menschen, die sich selbstständig machen wollen.