Am Ende seines halbstündigen Beitrages über Georg Friedrich Prinz von Preußen sitzt ein Mann an Jan Böhmermanns Moderationspult, den die deutschen Fernsehzuschauer nie zuvor gesehen haben dürften. Es ist der Herero-Aktivist Israel Kaunatjike. Der 72-Jährige setzt sich dafür ein, dass die deutsche Regierung den Völkermord an dem afrikanischen Stamm anerkennt, sich entschuldigt und die Nachkommen entschädigt. Was die deutsche Regierung bislang weigert.
Erst jetzt wird klar, weshalb Böhmermann im "Neo Magazin Royale" den Bemühungen des Hohenzollern-Sprößlings um eine Rückgabe tausender Kunstwerke sowie dem dauerhaften Wohnrecht im Potsdamer Schloss Cecilienhof so viel Zeit gewidmet hat.
Jan Böhmermann und der Prinz
"Eier aus Stahl" heißt die Rubrik, in der er regelmäßig auf Menschen hinweist, die im Hintergrund großen Einfluss ausüben. Adidas-Chef Herbert Hainer, Musiker Max Giesinger sowie Youtube-Manager Tom Beck mussten bereits dran glauben. Diesmal war Georg Friedrich Prinz von Preußen, das Oberhaupt des Hauses Hohenzollern.
Der 43-Jährige verhandelt seit Längerem diskret mit dem Bund um seine Rückgabe- und Entschädigungsforderungen, die erst in diesem Jahr publik wurden. Böhmermann erläutert zunächst die Rechtslage. Das Entschädigungsgesetz von 1994 regelt die Rückgabe von im Sozialismus enteigneten Gütern. Das gilt allerdings nicht, wenn Angehörige der Familie durch ihr Handeln dem Nationalsozialismus “erheblichen Vorschub” geleistet haben.
Es gibt vier - bislang geheime - Gutachten, die sich mit den Hohenzollern beschäftigen. Mindestens drei sind nicht gerade zum Wohlgefallen des Prinzen ausgefallen. Böhmermann hat nun diese vier Dokumente auf der von ihm errichteten Website hohenzollern.lol zum Download bereitgestellt. Dafür nimmt der Satiriker sogar in Kauf, verklagt zu werden. Böhmermann macht das nichts aus. Im Gegenteil, er scheint genau darauf zu hoffen. In Anspielung an seine Erfahrungen mit Lukas Podolski und dem türkischen Präsidenten Erdogan sagt er: "Ich wurde zwar schon von einem Fußballnationalspieler verklagt und einem Staatspräsidenten - aber eine königliche Hoheit hatte ich noch nie!"
Völkermord an den Herero und Nama
Doch was gehen uns Zuschauer die Verhandlungen und Interessen des Hauses Hohenzollern an? Erst am Ende wird klar, worauf Jan Böhmermann eigentlich hinaus will. Er erinnert an den Völkermord an den Herero: 1904 hatte Generalleutnant Lothar von Trotha in Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, ein Massaker unter den Herero angerichtet. Es gilt als der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts. 40.000 bis 60.000 Herero verloren damals ihr Leben. Das Vorgehen wurde von Kaiser Wilhelm II. gestützt.
Doch während die Regierung seit einiger Zeit mit dem Preußen verhandelt, dessen Vorfahren den Völkermord zu verantworten haben, weigert sich die Politik bislang, mit den Herero-Vertretern über eine Entschädigung zu sprechen. Das ist es letztlich, worum es Böhmermann mit seinem Beitrag geht. Und so kam es, dass er seinen Platz im "Neo Magazin Royale" kurzzeitig räumte, um dem Herero-Aktivisten Israel Kaunatjike das Wort zu überlassen.
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